Bauen ohne Müll: Das „Cradle-to-Cradle“ Prinzip
Das Thema Rohstoffknappheit macht auch vor der Baustoffwirtschaft nicht halt. Die Verfügbarkeit der für Bauvorhaben notwendigen Rohstoffe sinkt, die Kosten für Baustoffe steigen entsprechend. Gleichzeitig sorgen die Wohnraumknappheit, die aktuelle Zinslage und die Prosperität der Wirtschaft insgesamt für eine Zunahme der Bautätigkeiten allgemein.
Um die Verfügbarkeit notwendiger Rohstoffe dauerhaft gewährleisten zu können, ist ein sparsamer und nachhaltiger Ressourceneinsatz unerlässlich. In diesem Zusammenhang spielt das „Cradle-to-Cradle“ Prinzip eine wesentliche Rolle.
Was ist das „Cradle-to-Cradle“ Prinzip?
Das Prinzip „Cradle-to-Cradle“, kurz C-2-C, bedeutet übersetzt „von der Wiege zur Wiege“ und umschreibt damit eine Methode des Materialkreislaufs. Ziel dieser Methode ist es, die Abfälle, die nach Beendigung der Nutzungsdauer von z. B. Produkten entstehen, wiederzuverwerten und in den Materialkreislauf zurückzugeben.
Unterschieden wird zwischen einem biologischen Kreislauf und einem technischen Kreislauf (siehe Abbildung). Unter die Rubrik des biologischen Kreislaufs fallen Rohstoffe, die kompostierbar sind, wie z. B. Holz. Der technische Kreislauf umschreibt Rohstoffe, die nur begrenzt zur Verfügung stehen und durch Recycling als Sekundärrohstoff, möglichst ohne Qualitätsverluste, erneut zur Verfügung gestellt werden können. Hierunter fallen beispielsweise Metalle.
Funktioniert das „Cradle-to-Cradle“ Prinzip im Bauwesen?
Beim Abriss von Gebäuden fallen Abfälle in großen Mengen an. Hierzu zählen beispielsweise der Aushub verunreinigter Böden, Bauschutt, Sperrmüll oder Glas. Das Baugewerbe stellt dabei mit circa 4 Millionen Tonnen pro Jahr den Hauptverursacher von mineralischen Abfällen (im Regierungsbezirk Düsseldorf) dar. Somit kommt dem Baugewerbe eine tragende Rolle beim Thema Abfallvermeidung und Ressourcenschonung zu.
Ziel des C-2-C Prinzips im Bauwesen ist es, Abfälle zu vermeiden und ein kreislauffähiges Gebäude zu errichten. Das bedeutet, dass die verbauten und verwendeten Materialien nach Aufgabe des Gebäudes voneinander trennbar sind und anschließend recycelt werden können. Die recycelten Rohstoffe stehen so wieder für neue Bauvorhaben oder auch bei der Sanierung von Bestandsimmobilien zur Verfügung und können wieder genutzt werden. Durch diesen Materialkreislauf werden Gebäude quasi zu einem Rohstofflager für künftige Generationen.
Unternehmen können Bauprodukte nach dem C-2-C Prinzip zertifizieren lassen. Für diese Produkte wird mit der Zertifizierung der Nachweis geliefert, dass sie weder gesundheits- noch umweltschädlich sind. C-2-C zertifizierte Produkte werden beispielsweise im Rahmen des „Cradle to Cradle Certified Programm“ anhand bestimmter Kriterien bewertet. Dabei spielt unter anderem die Wiederverwertbarkeit der Materialien eine Rolle. Darüber hinaus werden die Inhaltsstoffe der Materialien, der Energiebedarf und -verbrauch, die Wassernutzung und das Thema soziale Verantwortung berücksichtigt. Je nach Produkt lässt sich so eine der Zertifizierungsstufen Basic, Bronze, Silber, Gold oder Platin erreichen. Die Palette der Produkte, die nach dem C-2-C Prinzip zertifiziert sind, ist breit gefächert. Sie beginnt bei den eigentlichen Baumaterialien (z. B. Recyclingbeton) bis hin zu Produkten für die Raumausstattung (z. B. Büromöbel).
Nach dem C-2-C Prinzip besteht zudem die Möglichkeit, dass Produkte geleast werden können. Das bedeutet, dass die Hersteller den Bauherren bestimmte Produkte nur für den Zeitraum der Nutzung als Dienstleistung anbieten. Nach Ablauf der Nutzungsdauer verpflichtet sich der Hersteller dazu, diese zurückzunehmen und zu recyceln. Ein großer niederländischer Teppichboden-Hersteller bietet Geschäftskunden beispielsweise seine Teppichfliesen zum Mieten mit garantierter Rücknahme an.
Was sind die Mehrwerte für Bauherren und Investoren?
Für Bauherren und Investoren stellt sich die Frage, welche Vorteile die Anwendung des C-2-C Prinzips bietet, die über die naheliegenden Ziele der Umwelt- und Ressourcenschonung hinausgehen. In diesem Zusammenhang sind zu nennen:
-
Immobilienwertsteigerung und Reduktion der Abriss- und Entsorgungskosten: Durch die Verwendung von C-2-C zertifizierten Produkten besteht die Möglichkeit, diese nach Beendigung der Nutzungsdauer zu recyceln. Die aus dem Recycling entstehenden Rohstoffe können dabei gewinnbringend veräußert werden. Dies ermöglicht es, den Wert der Immobilie insgesamt zu steigern und die Kosten für Abriss und Abfallbeseitigung zu minimieren.
-
Gesunde Gebäude: C-2-C zertifizierte Produkte zeichnen sich durch ihre Gesundheits- und Umweltfreundlichkeit aus. Dies wirkt sich insgesamt positiv auf die Gebäudequalität aus. Studien haben in diesem Zusammenhang bewiesen, dass sich das Arbeitsumfeld auf das Wohlbefinden und die Produktivität der Mitarbeiter auswirkt und auch einen positiven Einfluss auf den Krankenstand haben kann. Hierdurch können Personalkosten gesenkt werden (hierzu auch der Beitrag „Das Healthy Building Network - Netzwerk für „gesundes Bauen“).
Wie finde ich Produkte nach dem „Cradle-to-Cradle“ Prinzip?
Einen ersten Überblick über Produkte, die nach dem C-2-C Prinzip zertifiziert sind, bieten Ihnen verschiedene Register und Plattformen. So finden Unternehmen „Cradle-to-Cradle“ zertifizierte Produkte beispielsweise unter anderem in dem Register „Cradle to Cradle Certified Products Registry“ oder auf der Plattform „Building Material Scout“.
Sollten auch Sie C-2-C fähige Produkte anbieten, empfehlen wir Ihnen, Ihr Produkt zertifizieren und sich in das Register aufnehmen zu lassen.
Best-Practices für Bauvorhaben nach dem „Cradle-to-Cradle“ Prinzip
Neubau der Stadtverwaltung in Venlo
Als Beispiel für ein Bauvorhaben, das nach dem C-2-C Prinzip errichtet wurde, kann der Neubau der Stadtverwaltung in Venlo genannt werden. Dieser wurde bereits in unserem #-Beitrag zum „Healthy Building Network“ vorgestellt. HIER finden Sie weitere Informationen zu den C-2-C zertifizierten Materialien und Produkten, die Anwendung beim Neubau in Venlo gefunden haben.
Das Bürogebäude „The Cradle“ in Düsseldorf
Auch im Medienhafen Düsseldorf entstand mit dem Projekt „The Cradle“ ein Bürogebäude ganz nach den Vorgaben des C-2-C Prinzip. Informationen zu diesem Projekt finden Sie HIER.
Haben auch Sie beim Bau Ihres Unternehmensstandortes die Vorgaben des C-2-C Prinzips beachtet? Wenn ja, dann melden Sie sich bei uns. Gerne nehmen wir Sie in die Liste der Beispiele auf.