IHK-ibi-Handelsstudie: Der deutsche Einzelhandel 2024

Der deutsche Einzelhandel befindet sich an einem entscheidenden Wendepunkt. Die dritte IHK-ibi-Handelsstudie liefert wertvolle Einblicke in die aktuellen Entwicklungen, Herausforderungen und Perspektiven dieser Branche – auch in unserer Region. Auf Basis einer umfangreichen Befragung beleuchtet die Studie, wie sich der Einzelhandel in einer sich rasant verändernden Umwelt behauptet und welche Trends die Zukunft prägen werden.
Sie zeigt deutlich: Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Fachkräftemangel sind die bestimmenden Themen, während gleichzeitig bürokratische Hürden und der globale Wettbewerb den Handlungsspielraum vieler Händlerinnen und Händler einengen. Die folgenden Ergebnisse beziehen sich auf die Einzelhandelsunternehmen am Niederrhein.
Digitalisierung und hybride Vertriebskanäle prägen die Branche
Ein zentrales Ergebnis der Studie: Hybride Vertriebskanäle gewinnen stark an Bedeutung. Neben dem stationären Verkauf betreiben 43 Prozent der Unternehmen einen eigenen Online-Shop und 25 Prozent nutzen soziale Medien als Vertriebskanal.
Multikanal-Strategien dominieren: Der Anteil rein stationärer Einzelhandelsunternehmen sank auf 38 Prozent, während Multikanal-Händler nun 60 Prozent ausmachen. Doch die Digitalisierung stellt auch eine Herausforderung dar. Nur 22 Prozent der Befragten verfügt über eine Digitalisierungsstrategie, und mehr als die Hälfte nennt fehlende zeitliche Ressourcen als Hindernis.
Nachhaltigkeit: Potenziale und Hürden
Das Thema Nachhaltigkeit ist für viele Unternehmen relevant: 68 Prozent engagieren sich aus eigener Motivation für umweltfreundlichere Geschäftsprozesse. Dabei stehen Maßnahmen wie die Reduzierung von Verpackungsmaterial und Energieeffizienz im Vordergrund. Dennoch berichten Händlerinnen und Händler von Hürden, insbesondere durch höhere Kosten und bürokratische Anforderungen.
Fachkräftemangel und hohe Energiekosten belasten den Handel
Neben der Digitalisierung bleibt der Fachkräftemangel eine zentrale Herausforderung: 38 Prozent der Unternehmen beklagen fehlende Fachkräfte, wobei große Handelsunternehmen besonders betroffen sind (79 Prozent).
Auch hohe Energiekosten beeinflussen die Geschäftslage: Die Hälfte der befragten Unternehmen sieht sich durch steigende Kosten unter Druck gesetzt.
Bürokratische Belastungen und globale Konkurrenz
76 Prozent der Händler empfinden die zunehmende Bürokratie als großes Hindernis. Insbesondere kleinere Unternehmen kämpfen mit steuerrechtlichen und buchhalterischen Vorgaben. Gleichzeitig erschweren globale Marktplätze und Drittstaatenhändler wie SHEIN oder Temu den Wettbewerb. 77 Prozent der Befragten sehen in deren Marktmacht eine Bedrohung für das eigene Geschäftsmodell.
Unternehmensnachfolge: Ein drängendes Thema
Für inhabergeführte Unternehmen wird die Nachfolge zu einer immer größeren Herausforderung. Fast die Hälfte dieser Betriebe steht in den nächsten zehn Jahren vor einem Generationswechsel. Dabei ist die Nachfolge oft noch ungeklärt, was das Risiko von Betriebsschließungen erhöht.
Forderungen und Unterstützung
Um den Einzelhandel zukunftsfähig aufzustellen, fordert die IHK konkrete politische Maßnahmen. Dazu gehören der Abbau von Bürokratie, um Unternehmen mehr Handlungsspielraum zu verschaffen, sowie eine einheitliche Umsetzung europäischer Standards, die auch für außereuropäische Anbieter gelten.
Die IHK bietet dabei praxisnahe Unterstützung in Form von Schulungen, individuellen Beratungen und Informationsangeboten an, um insbesondere bei Themen wie Digitalisierung und Nachhaltigkeit konkrete Fortschritte zu ermöglichen. Gleichzeitig setzt sich die Organisation dafür ein, Rahmenbedingungen für nachhaltiges Wirtschaften und eine erfolgreiche Unternehmensnachfolge zu verbessern.
Fazit
Die Ergebnisse der IHK-ibi-Handelsstudie 2024 zeigen, dass der deutsche Einzelhandel vor vielschichtigen Herausforderungen steht, aber auch große Chancen birgt. Die erfolgreiche Bewältigung der Aufgaben erfordert nicht nur unternehmerisches Engagement, sondern auch gezielte politische Maßnahmen. Es gilt, den Abbau bürokratischer Hürden voranzutreiben, Investitionen in digitale Technologien zu fördern und nachhaltige Geschäftsmodelle zu stärken. Nur durch eine gemeinsame Anstrengung aus Politik und Unternehmertum können die Weichen für eine zukunftsfähige Branche gestellt werden, die sowohl wirtschaftliche Stabilität als auch gesellschaftliche Verantwortung vereint.