IHK-NRW-Studie: Engpassfaktor Wasserstoff
Die Transformation des nordrhein-westfälischen Industrie- und Wirtschaftsstandortes in Richtung Klimaneutralität kann ohne eine rasche und gleichzeitig ausreichende und flächendeckende Versorgung mit grünem Wasserstoff nicht gelingen. Eine Studie im Auftrag von IHK NRW zeigt jetzt, dass der Ausbau der H2-Leitungsinfrastruktur schneller und flächendeckender angegangen werden muss.
Hintergrund
Die Studie „Engpassfaktor Wasserstoff“ wurde durch die NEA GREEN GmbH & Co. KG
für IHK NRW angefertigt. Ziel der Studie sind die Identifizierung von regulatorischen Hemmnissen sowie die Herleitung von Handlungsempfehlungen und politischen Rahmenbedingungen zur Anbindung des industriellen Mittelstands, insbesondere im ländlichen Raum, an die Wasserstoffwirtschaft.
Exemplarisch wurden stellvertretend für ihre jeweiligen Branchen sieben Unternehmen aus NRW als Querschnitt über Standorte und Industriezweige ausgewählt und interviewt, um greifbare und am realen Bedarf ausgerichtete Ergebnisse zu erzielen. Folgende Branchen wurden dabei berücksichtigt: Ziegelei, Lebensmittel, Halbleiter, Chemie, Zement und Baustoffe, Metallverarbeitung, Papier.
Ergebnisse
Aus den individuellen Interviews zeigt sich, dass Wasserstoff für die Unternehmen in vielen Bereichen als Mittel der Wahl gilt. Für Prozesse im Niedertemperatur-Bereich ist zwar eine direkte Elektrifizierung möglich, jedoch wird in manchen Anwendungen die technische Reife angezweifelt.
Für die Beschaffung des Wasserstoffs wurden drei Szenarien untersucht: die direkte Anbindung über das Wasserstoffkern- und Verteilnetz, die Belieferung mittels Trailer und der Aufbau einer dezentralen Elektrolyse am Standort. In der Grenzkostenanalyse zeigt sich, dass unabhängig von der Lage und dem Bedarf der Bezug von Wasserstoff via Pipeline favorisiert wird.
Die dezentrale Elektrolyse stellt bei stabilen (günstigen) Strompreisen eine Alternative dar. In Betrachtung zur Beschaffung per Pipeline ist die dezentrale Elektrolyse voraussichtlich teurer, jedoch früher verfügbar. Weiterhin existieren aber ein First-Mover-Risiko und aktuell noch Unsicherheiten in der Strombeschaffung.
Die Mehrkosten gegenüber dem aktuellen Erdgasbezug müssen mit Förderinstrumenten überbrückt werden.
Policy Paper von IHK NRW
Abgeleitet aus den Ergebnissen der Studie hat IHK NRW in einem Policy Paper Forderungen erarbeitet, um Unternehmen in ganz Nordrhein-Westfalen den Zugang zur Wasserstoffwirtschaft zu ermöglichen. Eine Übersicht der Forderungen finden Sie nachfolgend. Eine detaillierte Erläuterung finden Sie im Policy Paper im Download-Bereich.
- Keine Zeit verlieren: Verteilnetzplanung parallel zur Kernnetzplanung vornehmen.
- Wettbewerbsfähigkeit sichern: Wirtschaftlichkeit in den Fokus rücken.
- Wirtschaft in ihrer Breite berücksichtigen: Infrastrukturplanung funktioniert nur mit dem Mittelstand.
- Wasserstoffhochlauf beschleunigen: Erleichterungen für „First Mover“ durch mittelstandsfreundliche Klimaschutzverträge (KSV) und Experimentierklauseln
- Regionale Initiativen stärken: Wasserstoffbedarfe dezentral decken und Stromerzeugungspotenziale als Chance für die Regionen nutzen.
- An Bedarfen ausrichten: Technologieoffenheit bei der Defossilisierung von Produktionsprozessen
- Alternativen berücksichtigen: Biomethan als Sofortmaßnahme und Brückentechnologie einsetzen.
- Infrastruktur sichern: Keine vorschnelle Stilllegung von Gasverteilnetzen