"Vitale Innenstädte": Ergebnisse für Krefeld

"Vitale Innenstädte": Ergebnisse für Krefeld
© IHK Mittlerer Niederrhein

Die Krefelder Innenstadt hat von den Besucherinnen und Besuchern ein Zeugnis bekommen. Unter dem Strich steht ein „Ausreichend" (Schulnote: 3,9). Gegenüber der vorherigen Befragung vor zwei Jahren ist das eine Verschlechterung um eine halbe Note. Die Innenstadtakteure werden die Ergebnisse eingehend analysieren, um gemeinsam weitere Maßnahmen zur Stärkung der City ergreifen zu können. „Wir kämpfen weiter", lautet der klare Tenor der Reaktionen.

Im Rahmen der bundesweiten Studie „Vitale Innenstädte" waren in Krefeld im Oktober und November 2024 rund 800 Passanten zu ihren Haltungen, Wünschen und Anforderungen bezüglich der Innenstadt befragt worden. 91,2 Prozent der Befragten kamen aus Krefeld, ihr Durchschnittsalter lag bei rund 43 Jahren – vier Jahre jünger als bei der letzten Studie im Jahr 2022. Die meisten Befragten kamen in die Innenstadt für einen Besuch in der Gastronomie, einen Einkaufsbummel oder ein Dienstleistungsangebot wie Friseur oder Bank. Der überwiegende Teil (49 Prozent) war mit öffentlichen Verkehrsmitteln angereist. Fast zwei Drittel der Besucher gaben an, die Innenstadt einmal pro Woche zu besuchen, knapp ein Fünftel kommt sogar täglich in die City.

Wunsch nach einer grüneren Innenstadt

Während die Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln als „Gut" bewertet wurde, erhielt die Innenstadt in Bezug auf Veranstaltungen, Kultur, Freizeitmöglichkeiten, Gastronomie und Dienstleistungsangebote deutlich schlechtere Noten. Auch Aspekte wie Grünflächen, Sauberkeit, Sicherheit, Wege, Plätze, Fassaden und touristische Attraktivität wurden nur mit „Ausreichend" bewertet. Als befriedigend schätzen die Befragten die Fußgänger-, Fahrrad- und Autofreundlichkeit der Innenstadt ein. Das Angebot des Einzelhandels erhält über alle Branchen hinweg ordentliche Noten, im Bereich Lebensmittel sogar ein „Gut". Insgesamt ergibt sich daraus der Notenschnitt von 3,9 (2022: 3,4; 2020: 3,8).

Hinsichtlich der Anforderungen für die Zukunft wünschen sich die Besucherinnen und Besucher vor allem eine Aufwertung von Fußgängerzonen und Plätzen, eine Umgestaltung zu einer grüneren Innenstadt und mehr Veranstaltungen und verkaufsoffene Sonntage. Auch für den Umbau des Zentrums in eine verkehrsärmere Zone gibt es eine deutliche Zustimmung. Auf der Wunschliste vieler Befragter stehen weiterhin ein verbessertes Toilettenangebot, Maßnahmen gegen Leerstände und Brachflächen sowie ein Ausbau des Radverkehrs.

„Erreichbarkeit aus Umfeld verbessern”

Für Markus Ottersbach, Geschäftsführer des Handelsverbands NRW Krefeld-Kempen-Viersen, ist die Studie eine Aufforderung zum Handeln: „Das Ergebnis fordert uns heraus, zwei Dinge zu tun. Erstens, die Menschen, die in die Innenstadt kommen, mit guten, überraschenden Ideen wieder zu Multiplikatoren zu machen. Und zweitens, auswärtige Besucher wiederzugewinnen, unter anderem, indem die Erreichbarkeit der Innenstadt auch aus dem Umland wieder verbessert wird."

Christoph Borgmann, Vorsitzender der Werbegemeinschaft Krefeld und der ISG Lebendige Innenstadt sagt: „Als Lokalpatriot und engagierter Krefelder hat mich das Ergebnis betroffen gemacht. Aber als Sportler weiß ich, dass wir nicht lockerlassen dürfen, um wieder erfolgreich zu werden. Dazu gehört, dass wir aufs Tempo drücken. Einmal beschlossene Dinge müssen umgesetzt werden und dürfen nicht immer wieder verschoben oder infrage gestellt werden. Das betrifft insbesondere Projekte mit Strahlkraft, wie den Abriss des Seidenweberhauses oder die endgültige Fertigstellung der Haltestelle Rheinstraße. Wenn das Herz einer Stadt nicht mehr richtig schlägt, wirkt sich das auf den gesamten Organismus aus."

Eckart Preen, Leiter von Krefeld Business, zeigt sich zuversichtlich, dass eine Kehrtwende gelingen kann: „Man merkt der Studie deutlich den Zeitpunkt der Befragung an: wenige Monate nach den Schließungen von Kaufhof und Primark und noch vor der Konkretisierung der ersten Nachnutzungsperspektiven. Gleichzeitig gab es mehrere als störend empfundene größere Baustellen auf der Hochstraße und der Friedrichstraße. Summa summarum befanden wir uns also auf einem völlig nachvollziehbaren psychologischen Tiefpunkt im Empfinden der Passantinnen und Passanten. Wenn aus den Baustellen in wenigen Monaten attraktive Geschäfte wie H&M oder New Yorker werden, das LogIn endlich mit sämtlichen Mietern an den Start geht und hoffentlich der jetzige Eigentümer der Kaufhof-Immobilie den Weg frei macht für die Neuentwicklung am Neumarkt, dann dürften künftige Befragungen wieder deutlich bessere Ergebnisse erbringen."

„Ausdauer und Behaglichkeit sind gefragt”

Innenstadtkoordinator Thomas Brocker erklärt: „Eigentümer und Einzelhändler haben im Jahr 2024 zahlreiche Modernisierungen vorgenommen und erheblich in den Standort Innenstadt investiert, weil sie an dessen Zukunft glauben. Es bedarf aber weiterhin einer großen Kraftanstrengung aller innerstädtischen Akteure, um die Aufenthaltsqualität insgesamt zu steigern und die Innenstadt wieder für mehr Menschen attraktiv zu machen. Das Stärkungspaket war in diesem Sinne ein wichtiger Schritt. Der Kommunale Ordnungsdienst ist spürbar präsent, die Reinigungsintervalle sind so hoch wie nie. Doch das ist noch zu wenig, wie die Ergebnisse jetzt deutlich aufzeigen. Deshalb ist es richtig, die Anstrengungen mit dem Stärkungspaket 2.0 weiter zu forcieren. Der Weg hin zu einer attraktiveren Innenstadt ist leider nicht im Sprint zurückzulegen, Ausdauer und Beharrlichkeit sind gefragt."

Claire Neidhardt, Leiterin des Stadtmarketings, sagt: „Es ist Fakt, dass die Besucherinnen und Besucher der Innenstadt momentan kein gutes Zeugnis ausstellen. Das muss allen Akteuren zu denken geben und ein Ansporn sein, der aktuellen Tendenz entgegenzuwirken. Das Stadtjubiläum liefert dafür gute Ansätze: Wir hatten 2023 mehr als 550 Veranstaltungen, viele davon in der Innenstadt. An manchen Wochenenden liefen mehrere Events gleichzeitig. Vom ‚Festi-Wall' bis ‚Eäte Dränke Danze' entfaltet die Innenstadt eine große Lebensqualität, von der wir positiv erzählen müssen, auch im Umland. Die Studie zeigt, dass es in diesem Punkt noch Nachholbedarf gibt. Wir werden uns genau anschauen, wie wir die Strahlkraft unserer Innenstadt weiter ausbauen können. Dazu zählen auch Umgestaltungen, die neue Baustellen verursachen, aber langfristig das Erscheinungsbild positiv verändern werden."

„Mix aus Handel, Gastronomie, Arbeiten und Wohnen” 

Valerie de Groot, Beraterin für Handel, Gastronomie und Tourismus der IHK Mittlerer Niederrhein, resümiert die Ergebnisse: „Die Studie hält uns den Spiegel vor und zeigt: Die Besucher der Krefelder Innenstadt erwarten mehr. Mehr Aufenthaltsqualität, mehr spannende Erlebnisse und mehr Begrünung. Diese Wünsche werden wir gemeinsam mit allen Innenstadtakteuren vorantreiben, um die Innenstadt (wieder) zu einem Ort zu machen, den die Menschen gerne besuchen. Entscheidend ist, dass die verschiedenen Akteure bei der Maßnahmenumsetzung gemeinsam an einem Strang ziehen, um sowohl Bürger als auch externe Besucher zurück in die Innenstadt zu holen."

Bastian Imig, Vorstand der Wohnstätte Krefeld, erklärt: „Wie in vielen anderen Städten auch, befindet sich unsere Innenstadt im Wandel. Wir als Wohnstätte Krefeld bekennen uns klar zum Standort Innenstadt. Wir werden uns daher auch weiterhin im Rahmen unserer Möglichkeiten engagieren, um die Innenstadt im Bereich Wohnen zu stärken, wie zum Beispiel derzeit mit der Modernisierungsmaßnahme am Westwall 37-39."

Michael Heß, Geschäftsführer von Haus & Grund Krefeld Niederrhein, betont: „Die Studie bekräftigt, was sich spätestens seit dem ersten Einzelhandelsgutachten von Junker & Kruse aus dem Jahr 2011 abzeichnete. Für eine lebendige Innenstadt kommt es auf einen Mix aus Handel, Gastronomie, Arbeiten und in immer stärkerem Maße auch Wohnen an. Es wird darauf ankommen, dass alle relevanten Akteure dieses Ziel fokussiert und gemeinsam verfolgen."