Willich 2023
In der vorliegenden Untersuchung werden die Eigenschaften der Stadt Willich als Wirtschaftsstandort detailliert untersucht. Dabei werden sowohl die Branchenstrukturen als auch ihre Entwicklung betrachtet. Zusätzlich werden verschiedene volkswirtschaftliche Indikatoren herangezogen, bei denen Willich mit anderen Kommunen einer ähnlichen Größe und Struktur vom Mittleren Niederrhein und aus Nordrhein-Westfalen verglichen wird. So kann überprüft werden, wie Willich als Wirtschaftsstandort hinsichtlich verschiedener Kennzahlen im Standortwettbewerb positioniert ist. Den Kern der Analyse bilden die Ergebnisse der Standortbefragung von Unternehmen aus Willich. Dabei haben rund 150 Unternehmen verschiedene Standortfaktoren hinsichtlich ihrer Bedeutung und Qualität bewertet.
Ziel der Analyse ist es, Verbesserungsmöglichkeiten für die Stadt Willich als Wirtschaftsstandort zu identifizieren und sie dabei zu unterstützen, den Wirtschaftsstandort zukunftsgerecht aufzustellen. Die Industrie- und Handelskammer Mittlerer Niederrhein zieht aus den Ergebnissen wirtschaftspolitische Handlungsempfehlungen, die den Abschluss dieser Analyse bilden.
1. Wirtschaft in Willich
1.1 Branchenstrukturen und Beschäftigungsentwicklung
In Willich arbeiteten zum 30.06.2022 insgesamt rund 17.500 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Von allen kreisangehörigen Kommunen am Mittleren Niederrhein hat Willich damit nach den Kreisstädten Neuss und Viersen sowie dem ebenfalls wirtschaftsstarken Standort Kempen das beste Verhältnis zwischen Beschäftigten am jeweiligen Arbeitsort und Einwohnern. Das zeigt: Willich ist ein echter Wirtschaftsstandort.
Seit 1999 ist die Beschäftigung sehr deutlich gewachsen (36,7 Prozent). Im Land NRW und im Kreis Viersen hingegen gab es im gleichen Zeitraum „nur“ ein Wachstum von 24,9 beziehungsweise 17,7 Prozent. Das überdurchschnittliche Wachstum in Willich liegt an der exzellenten Lage, die sich durch den Bau der Flughafenbrücke an der A44 weiter verbessert hat, und der Verfügbarkeit von freien Gewerbeflächen – insbesondere durch die Entwicklung der Gewerbegebiete Münchheide und Stahlwerk Becker. Zwar gab es im letzten Vierteljahrhundert auch immer ein paar kleinere Einbrüche (zum Beispiel 2013 und 2014) bei der Beschäftigtenzahl aufgrund von Fortzügen, die Tendenz war aber aufwärtsgerichtet. Frei gewordene Flächen in den Gewerbegebieten konnten schnell wieder belegt werden.
Betrachtet man, wie sich die Beschäftigten in Willich auf die verschiedenen Wirtschaftszweige verteilen, fällt als Erstes ins Auge, dass die distributiven Dienstleistungen (Handel, Verkehr) in Willich überdurchschnittlich stark präsent sind. Der Anteil ist mit 38,5 Prozent deutlich größer als in Nordrhein-Westfalen oder dem Kreis Viersen. Doch Willich ist auch Industriestandort. Das Produzierende Gewerbe ist zwar anteilig etwas schwächer vertreten als im Kreis, jedoch stärker als im Land, hier arbeiten in Willich rund 27 Prozent aller Beschäftigten. Weniger stark sind in Willich die sonstigen Dienstleistungen vertreten. Hierzu gehören insbesondere unternehmensnahe Dienstleistungen, die häufig in Oberzentren überdurchschnittlich stark vertreten sind. Die Land- und Forstwirtschaft ist in Willich mit 2,1 Prozent Beschäftigtenanteil von größerer Bedeutung als in NRW und liegt auf gleichem Niveau wie im Kreis Viersen.
In den letzten zehn Jahren hat es im Produzierenden Gewerbe einen überdurchschnittlichen Beschäftigungsaufbau gegeben. Die Beschäftigtenzahl ist um 22 Prozent gestiegen, während das Plus im Kreis Viersen (5 Prozent) und in NRW (3,3 Prozent) deutlich darunter lag. Dagegen war der Beschäftigungsaufbau im Dienstleistungsgewerbe mit einem Anstieg von 15,2 Prozent ebenfalls spürbar – im Vergleich zu Land und Kreis (je 24 Prozent) jedoch nur unterdurchschnittlich stark. Der überdurchschnittliche Beschäftigungsanstieg der vergangenen zehn Jahren in Willich ist also vor allem auf das Produzierende Gewerbe zurückzuführen.
1.2 Detailstrukturen
Die Analyse der Detailstrukturen wird durch die Datenverfügbarkeit erschwert. Für einige Branchen liegen aus Geheimhaltungsgründen keine konkreten Beschäftigtendaten vor. Dennoch lassen sich anhand der Daten einige Merkmale des Standorts Willich herausarbeiten.
Landwirtschaft in Willich überdurchschnittlich vertreten
Schaut man zunächst in den Bereich Land- und Forstwirtschaft, zeigt sich, dass dieser Wirtschaftsbereich in Willich überdurchschnittlich stark vertreten ist. Dies ist am sogenannten Lokalisationsquotienten ablesbar. Der Lokalisationsquotient setzt den Beschäftigtenanteil einer Branche in der Stadt Willich ins Verhältnis zu dem Beschäftigungsanteil dieser Branche in Nordrhein-Westfalen. Ein Wert unter 1 spiegelt dabei einen Anteil, der unter dem in Nordrhein-Westfalen liegt. Ein Wert über 1 zeigt einen höheren Beschäftigungsanteil als im Land an. Für die Land- und Forstwirtschaft in Willich zeigt der Wert von 4,2 also an, dass der Beschäftigtenanteil in Willich um mehr als das Vierfache höher ist als im Land. Der Anteil an der Gesamtbeschäftigung aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Willich liegt dabei in der Land- und Forstwirtschaft bei 2,1 Prozent, die Gesamtbeschäftigtenzahl ist in den letzten zehn Jahren jedoch um 3,2 Prozent gesunken.
Mehr als 3500 Beschäftigte im Verarbeitenden Gewerbe
Im Verarbeitenden Gewerbe sind in Willich 21,6 Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten tätig. Zum 30.06.2022 waren das 3781 Beschäftigte. Dies sind anteilig etwas mehr als im Land Nordrhein-Westfalen, wie der Lokalisationsquotient von 1,2 zeigt. Die Beschäftigung ist in diesem Bereich in Willich seit 2012 deutlich gestiegen (+19 Prozent). Im Kreis Viersen war die Beschäftigung im Verarbeitenden Gewerbe rückläufig (-4,5 Prozent), im Land blieb sie unverändert.
Aus Gründen der Geheimhaltung liegen nur für einen Teil der Branchen des Verarbeitenden Gewerbes genauere amtliche Beschäftigungsdaten vor, sodass an dieser Stelle nicht über alle Branchen Auskunft gegeben werden kann. Besonders beschäftigungsstark sind in Willich die Hersteller von Metallerzeugnissen und der Maschinenbau. In beiden Branchen arbeiten mehr als 650 Beschäftigte. Der Lokalisationsquotient von 1,3 zeigt, dass beide Branchen im Vergleich zum Land überdurchschnittlich stark vertreten sind. Die höchsten Lokalisationsquotienten in der Industrie haben die Druckindustrie (3,8), die Hersteller von Datenverarbeitungsgeräten, elektronischen und optischen Erzeugnissen (2,9) sowie die Branche Reparatur und Installation von Maschinen (2,6). Diese drei Branchen sind alle in den vergangenen zehn Jahren gewachsen und gehören mit 200 bis 400 Beschäftigten ebenfalls zu den beschäftigungsintensiven Branchen.
Baugewerbe stark gewachsen
Betrachtet man das Baugewerbe, in dem 5,3 Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten am Arbeitsort Willich tätig sind, sieht man, dass es einen ähnlichen Anteil an der Gesamtbeschäftigung wie in NRW hat. Der Lokalisationsquotient liegt bei 1. Dabei konnte die Branche in Willich in den letzten zehn Jahren mit 38,7 Prozent stärker wachsen als die Branche in NRW (21,6 Prozent) oder im Kreis Viersen (36,6 Prozent). Herauszuheben ist der Bereich der vorbereitenden Baustellenarbeiten. Allein in diesem Segment sind 4,6 Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Willich tätig. Das sind gut 800 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Der Bereich ist in den letzten zehn Jahren um 42,8 Prozent gewachsen, das ist stärker als im Land (24,3 Prozent) und im Kreis Viersen (36,6 Prozent).
25 Prozent der Beschäftigten arbeiten im Handel
Der Handel insgesamt hat eine überdurchschnittliche Bedeutung in Willich. Hier arbeiten gut 4350 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Das sind ein Viertel aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Der Lokalisationsquotient liegt bei 1,8. Die Branche ist in Willich jedoch in den vergangenen zehn Jahren leicht – um 3,5 Prozent – geschrumpft. Dagegen ist der Handel in NRW und im Kreis Viersen gewachsen. Im Land legte er um 10,6 Prozent zu, im Kreis um 15,5 Prozent.
Der Handel lässt sich in drei Teilbereiche untergliedern. Während der Beschäftigungsanteil im Einzelhandel im Vergleich zum Land NRW sogar leicht unterdurchschnittlich hoch ist (Lokalisationsquotient: 0,8), ist der Handel mit Kraftfahrzeugen stärker vertreten (Lokalisationsquotient: 1,8). Insbesondere an der Jakob-Kaiser-Straße wie auch am Siemensring sind mehrere Unternehmen dieser Branche vertreten. Sowohl im Kfz-Handel (+20 Prozent) als auch im Einzelhandel (+24 Prozent) ist die Beschäftigtenzahl in den vergangenen zehn Jahren spürbar und im Vergleich zum Land überdurchschnittlich stark gewachsen. Besonders der Großhandel spielt für Willich eine überdurchschnittlich große Rolle. 2022 arbeiteten hier gut 2700 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, also 15,6 Prozent aller Beschäftigten. Die Branche ist damit mehr als dreimal so stark vertreten wie im Land (Lokalisationsquotient: 3,0).Der Beschäftigungsaufbau des Großhandels in Willich war insbesondere zu Ende des vergangenen Jahrhunderts durch die Entwicklung des Gewerbegebiets Münchheide geprägt. Dennoch: In den vergangenen Jahren hat es in dieser Branche einen Beschäftigungsabbau von gut 14 Prozent gegeben. Dank des guten Branchenmixes in Münchheide konnte dieser aber – wie bereits beschrieben – durch andere Branchen aufgefangen werden.
Lagerei mit überdurchschnittlicher Bedeutung
In der Logistikbranche in Willich arbeiten 11,4 Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Der Lokalisationsquotient liegt bei 2,0. Die Branche ist in Willich in den letzten zehn Jahren mit einem Plus von 48 Prozent stärker gewachsen als im Land oder Kreis (35,6 Prozent und 41,4 Prozent). Insbesondere die Lagerbranche und die Post-, Kurier- und Expressdienste sind überdurchschnittlich bedeutsam (Lokalisationsquotient: 1,9 beziehungsweise 4,4). Das Gastgewerbe ist in Willich dagegen leicht überdurchschnittlich vertreten. Hier arbeiten insgesamt 2,2 Prozent aller Beschäftigten.
Bereich Finanz- und Versicherungsdienstleistungen weniger wichtig als im Land
Für viele Wirtschaftsbereiche der weiteren Dienstleistungen zeigen die Lokalisationsquotienten dagegen eine unterdurchschnittliche Bedeutung an. Die Bereiche Information und Kommunikation, Erbringung von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen, Grundstücks- und Wohnungswesen, Erbringung von freiberuflichen wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen, die Erbringung von sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen (zum Beispiel Gebäudebetreuung und Zeitarbeit) sowie die Erbringung von sonstigen Dienstleistungen (zum Beispiel persönliche Dienstleistungen) weisen Lokalisationsquotienten zwischen 0,4 und 0,8 auf.
Unterdurchschnittliche Bedeutung des Gesundheitswesens
Das gilt auch für das Gesundheits- und Sozialwesen. Dort arbeiten nur 7,6 Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Willich. Das sind insgesamt knapp 1350 Beschäftigte. Der Anteil ist damit geringer als im Land (Lokalisationsquotient: 0,5), wobei das Wachstum der Branche in den letzten zehn Jahren mit 33,1 Prozent stärker war als im Kreis (21,2 Prozent) und etwa auf dem Niveau des Landes (32,6 Prozent) lag. Verglichen zum Land hat vor allem das Gesundheitswesen eine unterdurchschnittliche Bedeutung in Willich (Lokalisationsquotient: 0,3) und weist darüber hinaus eine sinkende Beschäftigtenzahl in den letzten zehn Jahren aus. Dies hängt mit der Schließung des Katharinen-Hospitals zusammen.
1.3 Volkswirtschaftliche Kennzahlen im Vergleich
Die einzelnen Wirtschaftsstandorte stehen in einem stetigen Wettbewerb um Investoren, Unternehmen und damit auch um Arbeitsplätze. Anhand von regionalwirtschaftlich relevanten Indikatoren wird im folgenden Kapitel überprüft, welche Position die Stadt Willich im Vergleich mit anderen Standorten einnimmt. Dabei wird Willich zunächst mit Städten der Region Mittlerer Niederrhein verglichen, die eine ähnliche Größe aufweisen. Dies sind die Durchschnittswerte der Städte Kaarst, Meerbusch und Nettetal. Zusätzlich werden die Durchschnittswerte des Kreises Viersen für die Einordnung der Werte herangezogen.
Arbeitslosenquote
Die Arbeitslosenquote lag in Willich im Jahresdurchschnitt 2022 bei 4,2 Prozent. Sie ist damit deutlich geringer als im Kreis Viersen, liegt noch deutlicher unter dem nordrhein-westfälischen Schnitt. Willich ist damit nah dran an einer Vollbeschäftigungsquote. Seit 2012 ist die Arbeitslosenquote in Willich von niedrigem Niveau aus nur noch um 0,5 Prozentpunkte gesunken. Der Rückgang ist damit geringer als bei den restlichen Vergleichswerten.
Kaufkraft und Zentralität
Mit einem Wert von 106,5 ist die einzelhandelsrelevante Kaufkraft in Willich im Vergleich zu Deutschland (100), NRW (99,0) und dem Kreis Viersen (101,2) überdurchschnittlich hoch. Dies zeigt, dass Willich auch ein attraktiver Wohnstandort ist. Bei den vergleichbaren Kommunen am Mittleren Niederrhein ist sie in Kaarst und Meerbusch größer, in Nettetal kleiner. Die Zentralitätskennziffer gibt an, wie viel der Kaufkraft im Ort selbst verbleibt, also vor Ort auch ausgegeben wird. Ein Wert von über 100 zeigt dabei an, dass Kaufkraft aus anderen Kommunen in die jeweilige Kommune zufließt, ein Wert von unter 100 deutet auf einen Kaufkraftabfluss hin. Der Wert der Zentralitätskennziffer von 67,5 zeigt also an, dass Willich Kaufkraft an das Umland verliert. Die Lage zwischen den beiden Oberzentren Krefeld und Mönchengladbach sowie die kurze Distanz zur Landeshauptstadt Düsseldorf sorgen dafür, dass die Konkurrenz des Willicher Einzelhandels in unmittelbarer Nähe groß ist.
Da im Hinblick auf eine Beurteilung der Steuereinnahmen und Verschuldung weitere strukturelle Faktoren zum Vergleich mit anderen Kommunen wichtig sind – wie zum Beispiel die Aufgabengebiete der Kommune –, werden bei diesem Vergleich zusätzlich noch entsprechende Vergleichskommunen hinzugezogen, die durch eine Analyse des RWI – Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung als Vergleichskommunen identifiziert worden sind.
Steuereinnahmekraft und Realsteueraufbringungskraft
Die Steuereinnahmekraft in Willich lag im Jahr 2022 bei 1.792 Euro je Einwohner. Sie ist damit spürbar höher als im Kreis Viersen und etwas höher als im Land. Sie liegt auch leicht über dem Schnitt vergleichbarer Kommunen aus Nordrhein-Westfalen. Von den Vergleichskommunen des Mittleren Niederrheins kommt nur Kaarst auf einen höheren Wert. Die Realsteueraufbringungskraft der Gewerbesteuer je Einwohner in Willich lag 2022 bei 873 Euro je Einwohner. Damit ist auch dieser Wert in Willich höher als die Werte in NRW, dem Kreis Viersen und den Vergleichskommunen im Schnitt.
Die Steueraufbringungskraft je Einwohner (+37 Prozent) und die Realsteueraufbringungskraft je Einwohner (+66 Prozent) haben sich in Willich seit 2017 jeweils deutlich gesteigert. Sowohl im Land als auch im Kreis und in den Vergleichskommunen im Land und am Mittleren Niederrhein war die Entwicklung 2017-2022 deutlich schwächer. Einschränkend muss man sagen, dass das Jahr 2017 in Willich eher ein steuerschwaches Jahr war. Nur in diesem und in drei weiteren Jahren seit der Jahrtausendwende lag die Steuereinnahmekraft je Einwohner in Willich unter dem entsprechenden NRW-Wert.
Verschuldung
Die öffentliche Verschuldung in Willich liegt leicht unter dem NRW-Schnitt. Zum Stichtag 31.12.2022 lag die Bruttoverschuldung bei 2.698 Euro je Einwohner. Im Kreis Viersen ist der Wert jedoch geringer, auch in den Vergleichskommunen werden geringere Werte erzielt. Ähnlich sieht es bei den Kassenkrediten je Einwohner im Kernhaushalt aus. Hier liegt Willich unter dem NRW-Schnitt, allerdings über dem Schnitt vergleichbarer Kommunen.
Realsteuerhebesätze
Der Grundsteuerhebesatz (B) liegt in Willich mit 495 Punkten unter dem Durchschnitt finanzwissenschaftlich vergleichbarer Kommunen aus Nordrhein-Westfalen, allerdings über dem Wert vergleichbarer Kommunen in der Region. Der Satz liegt auch etwas oberhalb des Schnitts im Kreis Viersen. Der Gewerbesteuerhebesatz ist in Willich mit 434 Punkten gemessen an den Hebesätzen der Vergleichskommunen vom Mittleren Niederrhein etwas geringer. Willich liegt hier außerdem unter dem Schnitt des Kreises Viersen. Verglichen zu finanzwissenschaftlich vergleichbaren Kommunen aus Nordrhein-Westfalen liegt Willich etwas über dem Durchschnitt. Gerade im nahen Kreis Mettmann haben mehrere Kommunen Gewerbesteuerhebesätze von unter 430 Punkten. Hierzu sei zudem angemerkt, dass die Hebesätze in Nordrhein-Westfalen im Vergleich zu allen anderen Flächenländern überdurchschnittlich hoch sind.
2. Ergebnisse der Unternehmensbefragung
Um die Stärken und Schwächen des Wirtschaftsstandorts Willich zu ermitteln, führte die Industrie- und Handelskammer Mittlerer Niederrhein im Frühsommer 2023 eine Unternehmensbefragung durch, bei der rund 150 Betriebe mit insgesamt 3200 Beschäftigten antworteten. Die Antwortenden repräsentieren dabei knapp 18 Prozent der Beschäftigten am Arbeitsort Willich. Vertreten sind Unternehmen aller Wirtschaftsbereiche.
Bei der Befragungsaktion bewerteten die Betriebe rund 40 Standortfaktoren unter zwei Gesichtspunkten: einmal hinsichtlich der Bedeutung (Wichtigkeit) für den eigenen Betrieb und einmal ihre Zufriedenheit mit dem jeweiligen Faktor. Die Bewertung wurde auf einer Schulnotenskala von 1 bis 6 vorgenommen, wobei 1 eine Bewertung von sehr wichtig beziehungsweise sehr zufrieden darstellt und 6 für vollkommen unwichtig beziehungsweise sehr unzufrieden steht.
Die Ergebnisse werden im Folgenden aufgegliedert in Kategorien:
- Harte Standortfaktoren
- Innerörtliche Standortfaktoren
- Kommunale Kosten und Leistungen
- Arbeitsmarktrelevante Standortfaktoren
Zur Einordung der Ergebnisse werden die Zufriedenheitsbewertungen in Willich zusätzlich mit den Ergebnissen der vorherigen Standortbefragungen am Mittleren Niederrhein seit 2019 sowie mit den Ergebnissen in Willich in der letzten Befragung aus dem Jahr 2019 verglichen.
2.1 Willich als Wirtschaftsstandort
In der Befragung sollten die Unternehmer zunächst Willich allgemein als Wirtschaftsstandort bewerten. Hierbei erhielt Willich die Note 2,22. Bei vergangenen Standortanalysen der IHK Mittlerer Niederrhein seit 2019 lag die Durchschnittsnote bei 2,6. Mit dieser Bewertung schneidet Willich also deutlich besser ab als der Durchschnitt der Wirtschaftsstandorte am Mittleren Niederrhein in den letzten Jahren. Noch im Jahr 2019 hatte die entsprechende Bewertung bei 2,33 gelegen. Die Unternehmer sind mit dem Wirtschaftsstandort also insgesamt zufriedener als vor vier Jahren.
Schaut man in die einzelnen Themenfelder und ihre Zufriedenheitsbewertungen, ergibt sich ein erster Einblick in die Ursachen dieser positiven Bewertung. Die verschiedenen Standortfaktoren werden insgesamt im Durchschnitt in Willich mit der Zufriedenheit 3,09 bewertet. Das ist besser als im Schnitt am Mittleren Niederrhein in den letzten Jahren. Alle vier Themenbereiche erhalten in Willich eine bessere Bewertung als am Mittleren Niederrhein.
Die 10 wichtigsten Standortfaktoren:
- Informations- und Kommunikationsinfrastruktur (Internet etc.)
- Verkehrsanbindung an das Straßen- und Autobahnnetz
- Höhe des Gewerbesteuerhebesatzes
- Zustand der überörtlichen Straßeninfrastruktur (Landstraßen, Autobahnen)
- Höhe öffentlicher Gebühren
- Energiekosten
- Höhe des Grundsteuerhebesatzes
- Möglichkeiten zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf (Angebot Kinderbetreuung in Kitas, OGS, Pflege von Angehörigen etc.)
- Qualifikation der lokalen Arbeitskräfte
- lokale Verfügbarkeit von Arbeitskräften
Wie sich diese Bewertungen zusammensetzen und welche Standortfaktoren besonders für gute oder schlechtere Bewertungen in den Themenbereichen verantwortlich sind, ergibt sich aus der genauen Analyse der einzelnen Standortfaktoren im nächsten Kapitel. Die Auflistung gibt zunächst einen Überblick über die zehn insgesamt wichtigsten Standortfaktoren aus Sicht der Unternehmer in Willich. Der insgesamt wichtigste Faktor ist die Informations- und Kommunikationsinfrastruktur. Auch die Verkehrsanbindung und der Gewerbesteuerhebesatz gehören zu den Top-3-Faktoren. Des Weiteren spielen auch der Grundsteuerhebesatz, die Energiekosten sowie die Fachkräftesituation eine wichtige Rolle für die Willicher Unternehmer.
2.2 Bewertungen im Detail
Im Folgenden werden die einzelnen Standortfaktoren in den Themenfeldern im Hinblick auf ihre Bedeutung und die durch die Unternehmer gegebene Zufriedenheitsbewertung untersucht. Die Abweichung der Zufriedenheitsbewertung zum Mittleren Niederrhein wird anhand der Bewertungslücke (Differenz zwischen Note in Willich und dem Schnitt des Mittleren Niederrheins in den letzten vier Jahren) gekennzeichnet. Eine große negative Lücke zeigt dabei an, dass die Bewertung in Willich schlechter ist als am Mittleren Niederrhein.
Um auch die individuelle Entwicklung des Standorts zu berücksichtigen, werden die Zufriedenheitsbewertungen der aktuellen Umfrage in Willich mit den Ergebnissen aus der letzten Befragung im Jahr 2019 verglichen. Hier wird verglichen, wie sich die Bewertung in Punkten seit 2019 verändert hat.
2.2.1 Harte Standortfaktoren
Zufriedenheit mit IuK-Infrastruktur steigt und ist überdurchschnittlich hoch
Der wichtigste Standortfaktor in diesem Themenfeld ist die Informations- und Kommunikationsinfrastruktur (IuK-Infrastruktur). Sie umfasst sowohl die Breitbandinfrastruktur als auch den Mobilfunkempfang. Sie erhält von den Unternehmen in Willich die Note 2,86. Der positive Wert bei der Bewertungslücke zeigt, dass Willich deutlich besser abschneidet als der Mittlere Niederrhein im Schnitt. Die Bewertung dieses Faktors hat sich, trotz gestiegener Anforderungen, seit der letzten Umfrage deutlich verbessert. Dies ist als sehr positiv zu bewerten, wenngleich an der Note von 2,86 deutlich wird, dass Anstrengungen auf diesem Gebiet auch weiterhin notwendig sein werden.
Gute Noten für die Verkehrsanbindung
Die nächsten wichtigen Faktoren in diesem Themenfeld beziehen sich auf die Verkehrsinfrastruktur. Mit einer Zufriedenheitsbewertung von 2,04 fällt die Note für die Verkehrsanbindung in Willich sehr positiv aus. Der Zustand der überörtlichen Straßen wird angesichts einiger Dauerbaustellen mit 2,77 bewertet. Dennoch: Das Potenzial ist vorhanden, die Anbindung wird also insgesamt ähnlich gut bewertet wie am Mittleren Niederrhein. Das gilt jedoch nicht für den ÖPNV. Die Anbindung an den ÖPNV wird mit 4,04 benotet und damit schlechter als alle anderen Standortfaktoren in diesem Themenfeld. Über alle Themenfelder gilt: Keine Note weicht dermaßen stark vom Durchschnitt ab. Der ÖPNV war bereits bei der vergangenen Standortanalyse als Schwäche identifiziert worden und hat sich seitdem noch einmal verschlechtert. Auch die Verkehrsanbindung an die Schienenwege wird mit der Note 4,0 deutlich schlechter bewertet als am Mittleren Niederrhein im Durchschnitt. Deutlich besser wird die Verkehrsanbindung an den Luftverkehr benotet. Die Note von 2,07 verdankt Willich der schnellen Anbindung der Gewerbegebiete Münchheide und Stahlwerk Becker an die A44 und damit an den Flughafen Düsseldorf. Gerade für die ausländischen Unternehmen in diesen Gewerbegebieten ist diese Nähe ein Ansiedlungsargument.
Unternehmen zufrieden mit Angebot unternehmensnaher Dienste
Auch das Angebot unternehmensnaher Dienste wird gut und besser als am Mittleren Niederrhein im Schnitt bewertet. Zum einen liegt dies an der überdurchschnittlichen Präsenz von Logistikdienstleistern. Zum anderen dürfte auch hier die räumliche Nähe zur Landeshauptstadt Düsseldorf und zu den beiden Oberzentren der Region, Krefeld und Mönchengladbach, eine positive Rolle spielen. Gleiches gilt auch für die Nähe zu wichtigen Kunden, die zwar etwas weniger bedeutend, dafür sogar noch besser bewertet wird.
Energiekosten werden kritisch bewertet
Ein weiterer wichtiger Faktor für die Unternehmen sind die Energiekosten. Sie werden mit 3,56 bewertet. Die Bewertung spiegelt die aktuelle Problematik, wie sie auch den Rest der Wirtschaft in Deutschland und in der Region betrifft. Miet- und Pachtpreise und Grundstückspreise werden im Schnitt zwar immer noch günstiger als am Mittleren Niederrhein bewertet, allerdings schlechter als vor vier Jahren.
Faktoren für nachhaltiges Wirtschaften mit überdurchschnittlicher Bewertung
Der Faktor Möglichkeiten für nachhaltiges Wirtschaften am Standort wird erst seit 2021 mit erhoben, gehört jedoch aus Sicht der Willicher Unternehmen zu den wichtigeren unter den harten Standortfaktoren. Das nachhaltige Wirtschaften am Standort erhält eine Bewertung von 2,92, was besser ist als am Mittleren Niederrhein im Schnitt. Die Ladeinfrastruktur für E-Fahrzeuge erhält mit einer 3,61 zwar noch keine zufriedenstellende Note. Diese ist jedoch deutlich besser als sie am Mittleren Niederrhein durchschnittlich bewertet wird.
Die volkswirtschaftlichen Daten haben gezeigt: Die Beschäftigung wächst, die Kaufkraft ist hoch und die Steuern sprudeln. Das wirkt sich natürlich auch positiv auf das Standortimage aus. Die Unternehmen geben dem Standortfaktor Image und Bekanntheitsgrad des Standorts die Note 2,84. Von allen Kommunen am Mittleren Niederrhein haben in den vergangenen vier Jahren bei diesem Standortfaktor nur Brüggen, Meerbusch und Kempen besser abgeschnitten.
2.2.2 Innerstädtische Standortfaktoren
Stadtbild und Sicherheit mit überdurchschnittlich guter Bewertung
Das Stadtbild und die Sicherheit in den Ortszentren werden von den Willicher Betrieben überdurchschnittlich gut bewertet. Beide Standortfaktoren erhalten mit einer 2,71 beziehungsweise 2,48 eine deutlich bessere Bewertung als am Mittleren Niederrhein im Schnitt. Mit dem Stadtbild sind die Unternehmen zudem deutlich zufriedener als noch vor vier Jahren. Die Einkaufsmöglichkeiten beziehungsweise der Branchenmix werden ähnlich bewertet wie in der Gesamtregion im Durchschnitt.
Innerörtliche Verkehrsstandortfaktoren werden am kritischsten gesehen
In diesem Themenfeld noch mit am kritischsten bewertet werden die innerörtlichen Verkehrsverhältnisse und der Zustand des innerstädtischen Straßennetzes. Bei beiden Bewertungen steht die Note 3 vor dem Komma. Sie erhalten damit Beurteilungen, die etwa auf dem Niveau des Mittleren Niederrheins liegen. Auch das Parkplatzangebot wird nur mit einer 3 benotet. Hier ist die Bewertung besser als am Mittleren Niederrhein. Die Parkgebühren – es werden keine erhoben – werden gut bewertet und besser als am Mittleren Niederrhein im Durchschnitt.
2.2.3 Kommunale Kosten und Leistungen
Gewerbesteuerhebesatz positiver wahrgenommen als am Mittleren Niederrhein
Im Themenfeld der kommunalen Kosten und Leistungen ist die Höhe des Gewerbesteuerhebesatzes für die Unternehmen der wichtigste Faktor. Er wird mit 3,36 besser bewertet als am Mittleren Niederrhein im Schnitt. Dass der Faktor besser bewertet wird als noch 2019, zeigt, dass die Unternehmen positiv wahrgenommen haben, dass es in Willich seitdem Senkungen des Hebesatzes gegeben hatte. Auch der Grundsteuerhebesatz ist den Unternehmen wichtig. Er wird ebenfalls besser bewertet als am Mittleren Niederrhein und etwas besser als noch 2019. Die öffentlichen Gebühren erhalten nur leicht überdurchschnittliche Noten.
Kritische Bewertung der behördlichen Erreichbarkeit
Anders sieht das Bild bei den kommunalen Leistungen aus. Hier sind die Willicher Unternehmen mit einigen Standortfaktoren insgesamt weniger zufrieden als Unternehmen anderer Kommunen am Mittleren Niederrhein. Von den kommunalen Leistungen in diesem Themenfeld wird die behördliche Reaktionszeit als sehr wichtig angesehen. Sie wird mit 3,49 kritischer bewertet als am Mittleren Niederrhein und auch als 2019. Nur durchschnittlich fällt die Bewertung bei der Erreichbarkeit der Behörden mit 3,23 aus, – ebenfalls mit Verschlechterung seit 2019. Diese weniger zufriedenstellende Bewertung dürfte auch durch die Pandemie und geänderte Behördenöffnungszeiten bedingt sein. Die allgemeine Kommunikation mit der Kommunalverwaltung wird mit 2,95 dagegen deutlich besser als am Mittleren Niederrhein im Schnitt bewertet. Nichtsdestotrotz spiegelt die Bewertung der kommunalen Leistungen insgesamt einen Handlungsbedarf wider. Die Dauer von Plan- und Genehmigungsverfahren erhält mit 3,92 eine negative Bewertung.
Angebote der Wirtschaftsförderung erhalten Note 2,77
Mit Blick auf die Wirtschaftsförderung in Willich ergeben sich ebenfalls überdurchschnittliche Noten. Sowohl die Bestandspflege ortsansässiger Betriebe als auch der Service und die (Netzwerk-)Angebote der Wirtschaftsförderung werden im Vergleich zur Vorumfrage leicht besser bewertet. Der Service der Wirtschaftsförderung ist der Standortfaktor, der aus diesem Themenfeld am besten bewertet wird. Im Vergleich zum Mittleren Niederrhein schneiden beide Faktoren in Willich deutlich besser ab.
2.2.4 Arbeitsmarktrelevante Standortfaktoren
Vereinbarkeit von Familie und Beruf: Bessere Bewertungen als in der Gesamtregion
Im Themenfeld der arbeitsmarktrelevanten Standortfaktoren geht es vor allem um jene Faktoren, die die Bildung, Bindung und Akquise von Fachkräften beeinflussen. Am wichtigsten sind den Willicher Unternehmen hierbei die Möglichkeiten zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Sie werden mit 2,96 zufriedenstellend bewertet und besser als am Mittleren Niederrhein im Schnitt. Die Qualifikation und die lokale Verfügbarkeit der Fachkräfte sind der zweit- und drittwichtigste Faktor in diesem Feld. Mit einer 3,28 beziehungsweise 3,53 werden beide Standortfaktoren leicht besser bewertet als 2019 und etwas besser als am Mittleren Niederrhein. Fachkräftemangel ist ein bedeutendes Thema. Die Bewertungen sind etwas besser als in der Gesamtregion. Mit der Lage und der Attraktivität der Gewerbegebiete Stahlwerk Becker und Münchheide können viele Unternehmen bei möglichen Kandidatinnen und Kandidaten dank des attraktiven Umfelds punkten.
Lernqualität an den Schulen wird durchschnittlich bewertet
Um den Fachkräftemangel zu lindern, ist eine gute Schulbildung von großer Bedeutung. Hier gibt es aus Sicht der Willicher Betriebe Luft nach oben. So wird die Lernqualität an allgemeinbildenden Schulen mit einer 3,18 durchschnittlich und etwa auf Niveau der Gesamtregion bewertet. Das Ergebnis ist etwas schlechter als 2019. Auch die Lernqualität an den Berufsschulen der Region hat für die Unternehmen einen hohen Stellenwert. Sie wird mit 3,12 leicht besser bewertet als am Mittleren Niederrhein im Schnitt. Hier gab es im Vergleich zur letzten Umfrage eine ebenfalls leichte Verbesserung. Die Zusammenarbeit zwischen Betrieben und Schulen ist mit einer Bewertung von 2,99 zufriedenstellend. Auch die Weiterbildungsangebote werden besser wahrgenommen als am Mittleren Niederrhein im Durchschnitt. Das Gleiche gilt auch für den besten Standortfaktor aus diesem Bereich – das Angebot an (Fach-)Hochschulen im Umkreis (Bewertung: 2,49).
3. Fazit und Handlungsempfehlungen
Die vorliegende Analyse zeigt, dass Willich überaus erfolgreich ist. Die Beschäftigung wächst überdurchschnittlich, die Steuerkraft und die Kaufkraft sind hoch. Willich schafft es, sich sowohl als prosperierender Wirtschaftsstandort als auch als attraktiver Wohnstandort zu profilieren. Angesichts dessen verwundert es nicht, dass der Wirtschaftsstandort von den Unternehmen gelobt wird. Die Gesamtbewertung stimmt und in allen Themenfeldern schneidet Willich im Durchschnitt besser ab als der Mittlere Niederrhein. Dennoch hat die genaue Betrachtung aller Standortfaktoren auch Handlungsfelder identifiziert, die angegangen werden können. Am deutlichsten kommt dies bei drei Bewertungen heraus. Die ÖPNV-Anbindung ist schlecht, die behördlichen Reaktionszeiten sowie die Dauer von Plan- und Genehmigungsverfahren werden kritisiert. Zudem muss Willich an verschiedenen Stellen auch die Stärken stärken, damit der Wirtschaftsstandort weiter in diesem überdurchschnittlichen Maß attraktiv bleibt und die Ansiedlungserfolge auch in Zukunft erzielt werden können. Angesichts dieser Erkenntnisse fordert die Industrie- und Handelskammer Mittlerer Niederrhein:
Münchheide V zur Erfolgsgeschichte machen
Die Vermarktung von Münchheide V dürfte die wirtschaftliche Lage von Willich weiter verbessern. Willich ist schließlich ein gutes Beispiel für die Verbesserung der kommunalen Finanzlage durch vorausschauende Gewerbeflächenpolitik und Verkehrsinfrastruktur: Der Bau der Flughafenbrücke an der A44 zu Beginn des Jahrtausends hat dem Standort einen Schub verpasst. Nur in diesem und in drei weiteren Jahren seit der Jahrtausendwende lag die Steuereinnahmekraft je Einwohner in Willich unter dem entsprechenden NRW-Wert. In den zwanzig Jahren zuvor lag Willich nur einmal über dem NRW-Wert. Deswegen dürfte die Erfolgsgeschichte des Wirtschaftsstandorts Willich durch die Entwicklung des Gewerbegebiets Münchheide V weitergeschrieben werden. Ein wichtiger Faktor für eine erfolgreiche Vermarktung ist ein funktionierendes Planungsamt. Die überdurchschnittlich starke Kritik an der Dauer von Plan- und Genehmigungsverfahren durch die Unternehmen sollte dabei als Warnsignal verstanden werden. Parallel sollten auch die Überlegungen für das Gewerbegebiet Münchheide VI weiter vorangetrieben werden.
Positive Gewerbesteuerhebesatzpolitik fortführen
Besser als in der Gesamtregion bewerten die Unternehmen die Höhe des Gewerbesteuerhebesatzes. Wir begrüßen die zuletzt durch die Kommunalpolitik beschlossene Senkung des Gewerbesteuerhebesatzes auf 434 Punkte. Die Höhe des Hebesatzes sollte weiter im Auge behalten werden. Ein niedriger Hebesatz erhöht die Attraktivität des Standorts. Außerhalb von Nordrhein-Westfalen liegt der durchschnittliche Hebesatz in der Bevölkerungsgrößenklasse 40.000 bis 60.000 Einwohner der bei 397 Punkten.
Verlängerung der Schienenstrecke Kaarst–Mettmann nach Viersen
Kritisiert wird von den Unternehmen die ÖPNV-Anbindung. Mit der Initiative zur Einrichtung der Regiobahn S28 zwischen Kaarst und Mettmann wurde eine Erfolgsgeschichte geschrieben. Die Verbindung nach Düsseldorf bietet eine deutliche Entlastung der Straße. Dieser Erfolg sollte durch die Verlängerung der Regiobahn nach Willich, Mönchengladbach und Viersen fortgeschrieben werden.
RAL-Gütesiegel „Mittelstandsorientierte Kommunalverwaltung“ beantragen
Bei den Standortfaktoren rund um die Kommunalen Kosten und Leistungen schneidet die Stadt ebenfalls insgesamt positiv ab. Die Wirtschaftsförderung erhält gute Noten und die Kommunikation mit der Kommunalverwaltung wird ebenfalls besser bewertet als in den weiteren Städten. Allerdings zeigt die Umfrage auch: Bei der behördlichen Reaktionszeit, der Erreichbarkeit der Verwaltung und insbesondere bei der Dauer von Plan- und Genehmigungsverfahren kommt Willich auf schlechtere Noten als am Mittleren Niederrhein im Durchschnitt. Diese Standortfaktoren werden schlechter bewertet als vor fünf Jahren. Trotz des insgesamt positiven Bilds ist das sicherlich ein Handlungsfeld. Jetzt steht die Vermarktung und finale Entwicklung von Münchheide V an. Da sind schnelle Genehmigungsverfahren ein bedeutender Faktor. Aus unserer Sicht sollte die Stadt das RAL-Gütesiegel „Mittelstandsorientierte Kommunalverwaltung“ beantragen. Willich hat die besten Voraussetzungen dafür, das Gütesiegel schnell zu erreichen. Beim Zertifizierungsprozess werden zudem die vorhandenen Schwächen, die zu den schwachen Bewertungen der Dauer von Plan- und Genehmigungsverfahren geführt haben, identifiziert.
Ausbau der L26 vorantreiben
Die Kreuzung der L26 und der A44 ist wichtig für die bessere Erschließung des Gewerbegebiets Willich-Münchheide. Berufspendler aus dem Raum Kempen und Tönisvorst nutzen sie, um zu ihren Arbeitsplätzen etwa in Düsseldorf zu fahren. In der Rushhour stauen sich hier täglich Tausende Fahrzeuge. Der durchgängige Ausbau der L26 auf vier Spuren wird derzeit im Zusammenhang mit dem sechsspurigen Ausbau der A44 vorbereitet. Wir fordern eine zügige Umsetzung der Verfahren. Die Stadt Willich sollte sich dafür einsetzen. Zusätzlich ist die Harmonisierung der Ampelschaltungen auf den angrenzenden Landstraßen zur Verbesserung des Verkehrsflusses erforderlich.