Wie Sie Ihre Prozesswärme optimieren

Mit der Serie „Energiespar-Tipps für Unternehmen“ informieren wir Sie in unserem IHK-Magazin und ausführlich auf unserer Internetseite über Möglichkeiten, im Betrieb Energie einzusparen oder selbst zu erzeugen sowie über interessante Tools und passende Förderangebote. Das Thema des zweiten Serienteils ist die Prozesswärmeerzeugung.
Die Prozesswärme nimmt beim Endenergieverbrauch der Industrie einen Anteil von 67,1 Prozent ein. Im Sektor Gewerbe, Handel, Dienstleistung sind es dagegen nur 3,4 Prozent. Über alle Sektoren hinweg sind es mit 470 TWh 20,7 Prozent (vgl. AG Energiebilanzen e.V.). Dies zeigt die große Bedeutung der Prozesswärme für die industrielle Wertschöpfung in Deutschland.
Hintergrund und politische Ziele
Der größte Anteil der Prozesswärme (mehr als 50 Prozent) wird in den Branchen Metallerzeugung und Grundstoffchemie eingesetzt. Neben der Glas- und Fahrzeugindustrie sowie dem Maschinenbau werden dort auch die höchsten Temperaturen von mehr als 1.000 C° benötigt (vgl. Agentur für Erneuerbare Energien). Mehr als 66 Prozent der Prozesswärme in Deutschland wird mit der Verbrennung von Öl, Gas oder Kohle bereitgestellt. Dies unterstreicht das große Potenzial im Bereich Klimaschutz.
Politisch erklärtes Ziel ist es, in Deutschland bis zum Jahr 2045 treibhausgasneutral zu sein. Mit dem neuen Energieeffizienzgesetz sind auch regulatorische Vorgaben für die Verwendung von (Prozess-)Wärme eingeführt worden. Beispielsweise müssen Unternehmen mit einem Gesamt-Endenergieverbrauch von mehr als 2,5 Gigawattstunden:
- Abwärme nach aktuellem Stand der Technik vermeiden
- den Anteil technisch unvermeidbarer Abwärme reduzieren und nach Möglichkeit durch Abwärmenutzung wiederverwenden.
Weitere Informationen zum Energieeffizienzgesetz finden Sie hier. Die Landesregierung plant derweil in ihrer Energie- und Wärmestrategie die Dekarbonisierung der Prozesswärme bis zu 500 °C bereits bis zum Jahr 2035.
Maßnahmen zur Prozessoptimierung und Möglichkeiten der Prozesswärmebereitstellung sowie mögliche Förderungen
Nach einer Studie des SWK E² - Institut für Energietechnik und Energiemanagement der Hochschule Niederrhein könnten durch standardmäßig verfügbare Energieeffizienzmaßnahmen sowie Umstellungen in der Prozesswärmeerzeugung bis zu 50 Prozent des Energieeinsatzes für die Prozesswärme eingespart werden.
Energieeffizienzmaßnahmen
Bei Energieeffizienzmaßnahmen ist es besonders erfolgsversprechend, die bereitgestellte Wärme möglichst vollständig auszunutzen, ohne sie ungenutzt in die Umwelt abzugeben. Daher sollte zunächst die bedarfsgerechte Wärmebereitstellung überprüft werden. Dabei sind folgende Fragen relevant: Ist die Erzeugung für meinen Zweck geeignet oder lohnt sich eine Umstellung? Welches Temperaturniveau benötige ich? Kann ich beispielsweise anstatt Heißdampf auch Heizwasser verwenden?
Hierzu eignet sich die Integration eines Lastmanagements. Damit kann die Wärmeerzeugung genau dann erfolgen, wenn die Wärme auch tatsächlich benötigt wird. In der übrigen Zeit kann es ausreichen, die wärmenutzenden Anlagen nur auf Temperatur zu halten.
Durch die technische Dämmung von Maschinen, Anlagen, Speichern und Rohrleitungssystemen können teilweise enorme Einsparungen mit einer geringen Amortisationszeit erreicht werden. Um mangelhafte Dämmungen zu erkennen, lohnt sich beispielsweise ein Rundgang mit einer Wärmebildkamera. Praxisbeispiel: Technische Dämmung von Maschinen und Anlagen - Unternehmensnetzwerk Klimaschutz
Auf allen Temperaturniveaus bietet die Wärmerückgewinnung eines der größten Potenziale. Zudem ist sie für bestimmte Unternehmen mittlerweile durch das Energieeffizienzgesetz vorgeschrieben. Im ersten Schritt sollten eine Bestandsaufnahme sowie eine Auflistung aller Wärmequellen und -senken erfolgen. Dabei sind folgende Punkte wichtig: Welches Temperaturniveau liegt vor? Welche Leistung lässt sich hiermit erzielen? Welches Medium überträgt die Abwärme? Wie ist die Verfügbarkeit? Dann sollte ermittelt werden, welche Abwärmen wirtschaftlich wiederverwendet werden können. Die Rückgewinnung kann je nach Einsatzgebiet beispielsweise durch Platten-, Rohrbündel-, Luft-Luft-, Luft-Wasser-Wärmetauscher, Luftvorwärmer/Rekuperatoren, Economiser erfolgen.
Passende Förderprogramme:
Zur Dämmung und Wärmerückgewinnung können die Module 1 und 4 (Premiumförderung) der Bundesförderung für Energie- und Ressourceneffizienz in der Wirtschaft genutzt werden.
Elektrifizierung
Gerade für Temperaturen bis zu 200 °C können Hochtemperaturwärmepumpen eingesetzt werden, die fossile Energieträger ersetzen können. Die Leistungszahlen von Hochtemperaturwärmepumpen liegen etwa zwischen 2 und 3 und sind geringer als die von Wärmepumpen zur Beheizung von Wohnraum. Auch mit der Tiefengeothermie (bis zu 5.000 Meter) können Vorlauftemperaturen von bis zu 180 °C erreicht werden.
Für höhere Prozesstemperaturen wird die Elektrifizierung komplizierter. Werden bis zu 300 °C beispielsweise für die Dampferzeugung benötigt, können sogenannte Elektrodenkessel eingesetzt werden, bei denen die direkt mit dem Wasser in Kontakt stehen Elektroden mit Wechselspannung beaufschlagt werden und somit das Wasser erhitzen. Elektrodenkessel erreichen lediglich eine Arbeitszahl von 1 und haben somit gegenüber Wärmepumpen Effizienznachteile.
Noch höhere Temperaturen können durch verschiedene Power-to-Heat (P2H)-Technologien, wie beispielsweise Induktionsöfen, realisiert werden. Die eingesetzte Technologie ist abhängig vom Einsatzzweck.
Für bestimmte Hochtemperaturprozesse in der Industrie ist die Elektrifizierung jedoch nicht geeignet. Hierzu zählen beispielsweise die Metallverarbeitung oder die thermische Abgasreinigung.
Vor einer Umstellung der Prozesswärmeerzeugung auf Strom sollten die Pläne unbedingt mit dem Netzbetreiber besprochen werden, da die Netzkapazität unter Umständen erhöht werden muss.
Passende Förderprogramme:
Für die Elektrifizierung von Wärmeprozessen können die Module 2, 4 (Premiumförderung) und 6 der Bundesförderung für Energie- und Ressourceneffizienz in der Wirtschaft genutzt werden. Das Land NRW bietet ebenfalls eine Förderung von mitteltiefen Erdwärmesonden an.
Biomasse, Biogas, Synthetisches Methan und Biomethan, Biogenes Flüssiggas, Wasserstoff
Feste Biomasse oder Biogas werden bisher kaum industriell verwendet, bieten aber Einsatzmöglichkeiten bis zu 500 °C. Synthetisches Methan und Biomethan haben prinzipiell die gleichen Eigenschaften wie natürliches Erdgas (Methan) und können somit sehr hohe Prozesstemperaturen realisieren. Aufgrund des Aufwandes bei der Synthese beziehungsweise der Aufbereitung des Biogases sind die Preise aktuell höher als bei konventionellem Erdgas. Auch biogenes Flüssiggas (BioLPG) kann die unterschiedlichen Temperaturniveaus in der Prozesswärme abdecken.
Da die Verbrennung von Wasserstoff treibhausgasneutral erfolgt und hiermit ebenfalls Temperaturen von 2.000 bis 3.000 °C realisiert werden können, gilt Wasserstoff als Lösung für die Dekarbonisierung zahlreicher industrieller Hochtemperaturprozesse. Um auch bei der Herstellung des Wasserstoffs keine Treibhausgasemissionen zu emittieren, sollte der Wasserstoff bestenfalls mit erneuerbaren Energien produziert werden. Für den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft werden jedoch auch andere Formen des Wasserstoffs notwendig sein. Wer in einen neuen Prozesswärmeerzeuger, beispielsweise auf Erdgasbasis, investiert, sollte diesen so genannten „H2-ready“ ausführen zu lassen, so dass eine spätere Umstellung auf Wasserstoff möglich ist.
Alle genannten Brennstoffe können neben normalen Kesseln auch in Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen eingesetzt werden, die mit einem Brennstoffausnutzungsgrad von mehr als 90 Prozent Strom und Wärme erzeugen. Hierfür sollte ein kontinuierlich hoher Strom- und Wärmebedarf vorhanden sein.
Beim Übergang zu einem klimaneutralen Energiesystem wird Erdgas für die Prozesswärmeerzeugung noch länger notwendig bleiben. Wenn eine Neuinvestition in Anlagen ansteht, sollten sich Unternehmen vor dem Hintergrund des steigenden CO2-Preises jedoch mit den möglichen Alternativen beschäftigen.
Passende Förderprogramme:
Für die Dekarbonisierung der Prozesswärmeerzeugung, beispielsweise durch den Einsatz von Biomasse oder grünem Wasserstoff, können die Module 2 und 4 (Premiumförderung) der Bundesförderung für Energie- und Ressourceneffizienz in der Wirtschaft genutzt werden.
Solarthermie
Mit dem Einsatz von Solarthermie können Temperaturen von bis zu 250 °C mit nicht konzentrierenden Kollektoren erreicht werden. Konzentrierende Kollektoren können dagegen deutlich höhere Temperaturen erreichen, sind jedoch aufgrund der benötigten Direkteinstrahlung für den Einsatz in Deutschland eher ungeeignet. Solarthermie eignet sich aufgrund der Verfügbarkeit nicht für eine Grundlastversorgung. Daher bietet sich eine Kombination, beispielsweise mit einer Wärmepumpe oder einem Wärmespeicher, an.
Passende Förderprogramme:
Der Einsatz von Solarthermie wird durch das Modul 2 der Bundesförderung für Energie- und Ressourceneffizienz in der Wirtschaft gefördert.
Beratungsmöglichkeiten
Aufgrund der zahlreichen technischen Möglichkeiten, die genau auf die vorhandenen Bedingungen und Anforderungen im Unternehmen angepasst sein sollten, sollten sich Unternehmen im Vorfeld einer Umstellung beraten lassen.
- www.energie-effizienz-experten.de
- www.deutsches-energieberaternetzwerk.de
- www.gih.de/energieberatung/energieberatersuche
Oder vereinbaren Sie einen Termin zur Erstberatung mit dem Effizienz-Experten der IHK.
Nächste Folge
Thema der nächsten Ausgabe sind Querschnittstechnologien.