42. BImSchV: Verordnung über Verdunstungskühlanlagen
Verordnung über Verdunstungskühlanlagen, Kühltürme und Nassabscheider (42. BImSchV)
Anlass für die am 19.7.2017 im Bundesgesetzblatt veröffentlichte „Verordnung über Verdunstungskühlanlagen, Kühltürme und Nassabscheider (42. BImSchV)“ waren mehrere Fälle von Legionellen in Deutschland, insbesondere der in der Presse intensiv diskutierte Legionellose-Ausbruch in Warstein im Jahr 2013.
Verdunstungskühlanlagen werden häufig als offene Rückkühlwerke bei Kälte, Klima- oder Energieerzeugungsanlagen eingesetzt. Sie werden deshalb nicht nur in der Industrie und Energiewirtschaft, sondern auch im Handel, in der Gastronomie sowie an Hotel- und Bürogebäuden genutzt.
Hygienerelevant sind bei Verdunstungskühlanlagen folgende Bereiche:
- Kühlwasser, durch eine mikrobiologische Kontaminierung
- Zerstäubung und Aerosolbildung, durch Bildung von sehr großen bioaktiven Oberflächen,
- Verdriftung, d.h. die weite Verbreitung der Abluft in der Atmosphäre
Pflichten für Anlagenbetreiber, deren Anlagen bisher keiner Genehmigung nach § 4 BImSchG bedurften
Gegenüber dem Referentenentwurf wurde die Verordnung zwar an zahlreichen Stellen gekürzt und vereinfacht, dennoch schätzt auch die Bundesregierung den Erfüllungsaufwand der Wirtschaft auf etwa 10 Mio. Euro im Jahr. Zudem führt die Verordnung für mehr als 30.000 Anlagen in Deutschland erstmals umfangreiche Anzeige-, Betriebs- und Überwachungspflichten ein.
Diese neuen Anforderungen für Unternehmen, die Verdunstungskühlanlagen und Nassabschneider betreiben (für Kühltürme und Anlagen, die weniger als 90 zusammenhängende Tage in Betrieb sind, gelten teilweise abweichende Regelungen) sind u.a. folgende:
- Betriebsinterne Überprüfung des Nutzwassers
Das Nutzwasser der Anlage muss betriebsintern alle zwei Wochen auf chemische, physikalische oder mikrobiologische Kenngrößen (z.B. durch Dip-Slide-Tests) untersucht werden.
- Externe Laboruntersuchungen
Alle drei Monate müssen akkreditierte Labore Proben das Nutzwasser entnehmen und die Parameter allgemeine Koloniezahl und Legionellen bestimmen. Die Untersuchung auf Legionellen kann auch nur alle sechs Monate erfolgen, wenn in zwei aufeinanderfolgenden Jahren die Prüfwerte der Verordnung (100 KBE Legionella spp. Je 100 ml) nicht überschritten wurde.
- Anzeige der Anlage
Unternehmen hatten bis zum 19. August 2018 einen Monat Zeit, ihre Anlagen der Behörde anzuzeigen. Die Anzeige musste Angaben zum Standort der Anlage (Geokoordinaten und Adresse des Anlagenstandorts), zum Betreiber der Anlage (Name, Adresse, Ansprechpartner), zur Art der Anlage (Verdunstungskühlanlage, Nassabscheider oder Kühlturm) und Datum der erstmaligen Inbetriebnahme beinhalten. Ab dem 20. August 2018 müssen auch Änderungen der Anlage angezeigt werden.
- Prüfung durch Sachverständigen oder Inspektionsstelle bis 19. August 2019
Alle fünf Jahre (nicht vor oder direkt nach Inbetriebnahme) müssen Anlagen von öffentlich bestellten Sachverständigen oder Inspektionsstellen des Typs A überprüft werden. Die Sachverständigen werden von IHKs bestellt, die Inspektionsstellen durch die DAkkS akkreditiert. Für bestehende Anlagen gelten Übergangsbestimmungen abhängig vom Alter der Anlage. Für Anlagen, die vor dem 19. August 2011 (bzw. 2013; 2015; 2017) in Betrieb genommen wurden, muss die erste Prüfung bis zum 19. August 2019 (bzw. 2020; 2021; 2022) erfolgen. Die Sachverständigen für das neue Sachgebiet „Verdunstungskühlanlagen” werden von IHKs bestellt.
Anlagenbetreiber können geeignete Sachverständige im Sachverständigenverzeichnis finden (Suchwort: „Verdunstungskühlanlagen“). Inspektionsstellen des Typs A finden Sie auf der Homepage der Deutschen Akkreditierungsstelle (Suchwort: „42. BImSchV and Typ A“; Art der Akkreditierung: „ISO 17020 Inspektionsstelle“).
- Hygienefachliche Untersuchung nach Wiederinbetriebnahme.
Wird eine Anlage verändert oder der Nutzwasserkreislauf für mehr als eine Woche unterbrochen bzw. trockengelegt, muss sie vor Wiederinbetriebnahme von einer hygienisch fachkundigen Person (nach VDI 2047, VDI 6022 oder vergleichbar) untersucht werden. Dabei muss eine Checkliste in der Anlage 2 ausgefüllt und dokumentiert werden.
- Betriebstagebuch
Anlagenbetreiber müssen ein Betriebstagebuch führen, in dem alle wichtigen Informationen zur Anlage, die Ergebnisse der betriebsinternen und Laborprüfungen sowie ggf. ergriffene Maßnahmen (Untersuchung, Desinfektion, Reparatur) dokumentiert werden. In der Anlage 4 ist eine Liste der mindestens zu dokumentierenden Inhalte aufgeführt.
- Maßnahmen bei Anstieg oder Überschreiten von Prüf- und Maßnahmenwerten
Wird bei der Laboruntersuchung ein Anstieg der Konzentration der allgemeinen Koloniezahl um den Faktor 100 zum Referenzwert festgestellt, müssen Betreiber die Ursachen ermitteln (z.B. Wasseraufbereitung kontrollieren) und ggf. Sofortmaßnahmen (bspw. Desinfektion) ergreifen. Der Referenzwert wird aus den ersten sechs Messungen ermittelt. Solange oder bei erklärter Verzicht auf eine solche Bestimmung durch den Betreiber gilt ein Referenzwert von 10.000 KBE/Milliliter.
Werden die Prüfwerte für Legionellen (100 KBE Legionella spp. je 100 ml) überschritten, muss sofort eine zweite Untersuchung vorgenommen werden. Sind die Werte der zweiten Prüfung dann erneut erhöht, müssen Ursachen ermittelt und solange wöchentliche betriebsinterne sowie monatliche Laboruntersuchungen durchgeführt werden, bis die Werte unterschritten werden. Bei Werten über 1.000 KBE Legionella spp. je 100 ml müssen Anlagenbetreiber darüberhinaus Sofortmaßnahmen (bspw. Desinfektion) ergreifen.
Ergibt eine Laboruntersuchung Werte von über 10.000 KBE Legionella spp. je 100 ml müssen unverzüglich die Legionellenarten ermittelt und oben genannte Maßnahmen ergriffen werden. Ergibt eine zweite Prüfung eine erneute Überschreitung, müssen Gefahrenabwehrmaßnahmen (z.B. Bioziddosierung oder sogar Außerbetriebnahme) ergriffen werden.
Das Überschreiten von 10.000 KBE Legionella spp. je 100 ml bei einer Laboruntersuchung ist den Behörden unverzüglich über das Formblatt in Anlage 3 Teil 1 der Verordnung zu melden. Die Bestimmung der Legionellenarten, Ursachen und ergriffene Maßnahmen können der Behörde (im Teil 2) bis zu vier Wochen später nachgereicht werden.
Die Verordnung sieht zwar keine automatische Einstellung des Anlagenbetriebs vor, jedoch haben die Behörden im Einzelfall die Möglichkeit, eine mindestens vorübergehende Betriebseinstellung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz anzuordnen.
Der Verordnungstext kann beim Bundesanzeiger online (Bundesgesetzblatt Jahrgang 2017 Teil I Nr. 47) eingesehen werden.