Erprobte Öffnungen sollten weiterhin möglich sein
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Stand: 16.04.2021
Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein hat den Änderungsentwurf des Infektionsschutzgesetzes in einem Schreiben an die Bundestagsabgeordneten aus der Region kritisiert. „Wir verstehen, dass der Bund angesichts der angespannten Lage auf den Intensivstationen eine bundeseinheitliche Regelung vorgeben möchte“, erklärt IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz. „Allerdings würde der vorliegende Gesetzentwurf dazu führen, dass selbst verantwortungsvolle Öffnungen längerfristig nicht möglich sein werden.“ Die Gesetzesänderung soll in der kommenden Woche beschlossen werden. Kern ist die sogenannte „bundeseinheitliche Notbremse“, die für Gebiete mit einer Corona-7-Tage-Inzidenz von mehr als 100 Infektionen pro 100.000 Einwohner unter anderem Ausgangssperren und verschärfte Restriktionen für den Handel vorsieht.
Steinmetz weist in seinem Schreiben an die Abgeordneten darauf hin, dass Nordrhein-Westfalen Ende März einen Einstieg in verantwortungsvolle Öffnungen gefunden habe. „Das Konzept der Kombination aus Testen und Termineinkauf in Gebieten mit einer 7-Tage-Inzidenz von mehr als 100 funktioniert insbesondere im beratungsintensiven Handel recht gut.“ Dieses Modell führe weder zu hohen Kunden-Frequenzen in den Innenstädten noch zu vielen Kontakten. „Es hilft aber einigen Händlern, zumindest halbwegs akzeptable Umsätze generieren zu können“, so der IHK-Hauptgeschäftsführer. Die Voraussetzung dafür sei, dass sich viele Menschen testen lassen. „Wenn ein negatives Testergebnis einen direkten Nutzen bringt, wie zum Beispiel den Besuch eines Geschäfts, erhöht dies den Anreiz, sich testen zu lassen – übrigens auch im Rahmen der Beschäftigtentestung. Das haben wir in den vergangenen Tagen von vielen unserer Mitgliedsunternehmen gehört“, so Steinmetz. „Dieser positive Effekt geht durch die im Gesetzentwurf vorgesehenen Maßnahmen verloren.“ Das führe dazu, dass wieder mehr Infizierte ohne Symptome unentdeckt blieben.
Der IHK-Hauptgeschäftsführer befürchtet darüber hinaus, dass dann sogar das noch kontaktärmere „Click & Collect“ verhindert werden könnte. Auch die Umsetzung von Modellregionen und weitere verantwortungsvolle Öffnungsschritte unter strengsten Hygieneauflagen wären mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf gegebenenfalls über längere Zeit nicht möglich. „Wir bitten die Abgeordneten aus unserer Region, dafür zu sorgen, dass verantwortungsvolle Öffnungsschritte auch bei einer Inzidenz von über 100 möglich werden können beziehungsweise bereits erprobte möglich bleiben“, so Steinmetz. Sollte dies nicht machbar sein, werden weitere Existenzen bedroht. „In diesem Fall appellieren wir, die Unternehmenshilfen unbedingt fortzuführen und auszuweiten.“
Beim Thema „Ausgangssperren“ erbittet Steinmetz mehr Vorbereitungszeit für Betriebe. Am Mittleren Niederrhein gab es bislang keine Ausgangssperren. „Erfahrungen aus anderen Regionen haben gezeigt, dass eine intensive Vorbereitung erforderlich ist, um Ausnahmeregelungen etwa für Mehrschichtbetriebe vorzunehmen und auf die Gegebenheiten vor Ort etwa im öffentlichen Personennahverkehr eingehen zu können“, sagt Steinmetz. Problematisch könnte auch die angestrebte Kapazitätsbegrenzung im ÖPNV auf die Hälfte der Fahrgäste werden. „Dies könnte für Beschäftigte, die nicht im Homeoffice arbeiten können und auf den ÖPNV angewiesen sind, negative Folgen haben. Der Weg zur Arbeit mit Bus und Bahn muss möglich bleiben“, so der IHK-Hauptgeschäftsführer.