Die Stadt muss freiwillig konsolidieren
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Stand: 05.12.2022
Ohne die Möglichkeit der bilanziellen Isolierung würde sich das Minus im Haushalt der Stadt Mönchengladbach von 2023 bis 2026 auf jährlich 69 bis 73 Millionen Euro belaufen. Allein die kumulierten negativen Jahresergebnisse im genannten Zeitraum würden das Eigenkapital ohne Bilanzhilfe innerhalb von vier Jahren um rund ein Drittel reduzieren. Die Stadt steht vor großen Konsolidierungsherausforderungen. Dies sind wesentliche Ergebnisse einer Analyse des Haushaltsplanentwurfs der Stadt Mönchengladbach durch Prof. Dr. Harald Schoelen. Der Finanzwissenschaftler von der Hochschule Niederrhein war von der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein beauftragt worden. IHK-Vizepräsident Dr. Claus Schwenzer und IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz erklären in einer Stellungnahme an Bürgermeister Felix Heinrichs, dass die Stadt weiter bei den Aufwendungen sparen muss. „Mönchengladbach hat in den vergangenen Jahren im Zuge des Stärkungspakts Stadtfinanzen ihre Finanzen solider aufgestellt“, so Steinmetz. „Doch in den kommenden Jahren kommt es drauf an, dass der Stärkungspaktprozess tatsächlich eine nachhaltige Wirkung entfaltet. Dafür ist mehr vorausschauendes Handeln erforderlich.“
Aus Sicht der IHK sind die Isolierungsbeträge für die Zukunft sogar noch zu niedrig angesetzt, auch sinkende Gewerbesteuererträge sind möglich. „Die Wirtschaft in der Region rechnet angesichts der Energiekostenkrise mit einer Rezession“, erklärt Schwenzer. „Die Erwartungen der Unternehmen sind derzeit ähnlich pessimistisch wie zur Zeit der Finanz- und Wirtschaftskrise oder zu Beginn der Corona-Pandemie.“ Dem pflichtet auch Prof. Schoelen bei. „Auch die im Planentwurf als ,stabil wachsend‘ mit einem Plus von 14,4 Prozent gesetzte Entwicklung des Gemeindeanteils an der Einkommensteuer allein für 2023 gegenüber 2022 ist mit großen Unsicherheiten belastet“, betont der Finanzwissenschaftler.
Schoelen sieht zudem bei den Sozialtransfer-, den Personal- und den Zinsaufwendungen Sprengkraft für den Haushalt. „Durch die jüngsten geldpolitischen Beschlüsse ist in den kommenden Jahren von einer erheblichen Steigerung der Aufwendungen für Kassenkredite auszugehen“, sagt Schoelen.
Zudem verweist er darauf, dass die Bilanzhilfe die wahren Probleme des Haushalts verschleiert. „Nimmt man optimistisch eine Realität ohne Krisen mit einer Wirtschaft in Normalauslastung für die Haushaltsplanungen ab 2026 an, so bliebe doch wahrscheinlich ein strukturelles Defizit in Höhe von deutlich zweistelligen Millionenbeträgen.“
Die IHK schlussfolgert daraus, dass die Stadt Mönchengladbach ein freiwilliges Konsolidierungskonzept aufstellen sollte, um die finanzielle Autonomie zu behalten. „Die kritische Haushaltslage darf nicht wieder in Steuererhöhungen münden“, so Steinmetz. Mönchengladbach sei bereits jetzt ein steuerlich teurer Standort. Keine andere Kommune am Mittleren Niederrhein habe einen höheren Gewerbesteuersatz. Schoelen unterstützt dies ebenfalls. „Die erheblichen Investitionstätigkeiten der Stadt und der standortpolitisch wichtige Verzicht auf Realsteuererhöhungen in bewegten Zeiten sind positiv zu würdigen.“ Die regionale Wirtschaft werde ihre Resilienz gegenüber den vorgenannten Krisenfaktoren bedingt durch Wirkungsverzögerungen in vollem Umfang erst noch beweisen müssen.