IHK stellt Standortanalyse für Mönchengladbach vor
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Stand: 05.10.2022
Mit der Note 3 bewerten die Unternehmerinnen und Unternehmer der Stadt Mönchengladbach ihren Wirtschaftsstandort. Einerseits ist die Beschäftigung in den vergangenen Jahren überdurchschnittlich gewachsen, andererseits entwickelt sich die Bruttowertschöpfung seit 2017 nur unterdurchschnittlich. Das sind die wesentlichen Ergebnisse der Standortanalyse Mönchengladbach der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein. Grundlage der Analyse ist eine Auswertung der Hochschule Niederrhein. Die Ergebnisse stellte die IHK gemeinsam mit Oberbürgermeister Felix Heinrichs und Mönchengladbacher Unternehmerinnen und Unternehmern vor. „Insbesondere bei den kommunalen Kosten und Leistungen sowie bei den Innenstadtfaktoren sehen die Betriebe deutlichen Handlungsbedarf“, erklärte IHKHauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz. „Bei diesen Themen sind Politik und Verwaltung aus unserer Sicht stark gefordert.“
Zunächst präsentierte Gregor Werkle, Leiter Wirtschaftspolitik bei der IHK Mittlerer Niederrhein, Daten zu Mönchengladbach aus der amtlichen Statistik. Seit 2017 hat sich die Bruttowertschöpfung in Mönchengladbach schlechter entwickelt als im Land. „Nachdem die Stadt in den Jahren zuvor in diesem Bereich schneller gewachsen war als das Land, ist dies leider ein Rückschlag“, so Werkle. Insbesondere in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrzehnts hatte Mönchengladbach viele Neuansiedlungen vermelden und so die deutliche Wachstumslücke nach der Wirtschafts- und Finanzkrise aufholen können. Trotz Rückschlägen bei der Bruttowertschöpfung hat sich die Beschäftigung weiterhin überdurchschnittlich gut und besser als im Land entwickelt. „Insbesondere der Dienstleistungssektor ist in Mönchengladbach der Beschäftigungsmotor“, erläutere Werkle. „Und die Industriebeschäftigung ist zumindest in den vergangenen zehn Jahren nicht weiter zurückgegangen.“
IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz präsentierte das Herzstück der Analyse – die Befragung der Unternehmen. Wie bereits 2017 hatte die IHK auch in diesem Jahr die Unternehmen nach einer Schulnote für ihren Wirtschaftsstandort gefragt. Die Durchschnittsnote in Mönchengladbach liegt bei 2,88. Dieser Wert liegt sowohl unter dem Schnitt für den gesamten Mittleren Niederrhein (2,71) als auch unter dem Mönchengladbacher Schnitt von 2017 (2,51). Die Bewertung anderer Standorte am Mittleren Niederrhein hat sich in den vergangenen Jahren ebenfalls verschlechtert, allerdings nicht so stark wie in Mönchengladbach. „Sicherlich spielt hier auch die konjunkturelle Lage eine Rolle, die 2017 sehr gut war, zurzeit aber sehr angespannt ist“, räumte Steinmetz ein. „Dennoch zeigt diese Bewertung, dass die Unternehmerinnen und Unternehmer sich noch mehr Engagement für den Wirtschaftsstandort wünschen.“
Grundsätzlich ist Mönchengladbach aus Sicht von Steinmetz ein sehr attraktiver Wirtschaftsstandort. „Die Lage ist hervorragend. Deswegen werden viele harte Standortfaktoren auch gut bewertet – wie etwa die Anbindung über Straße und Autobahn, die Nähe zu wichtigen Kunden oder die Anbindung an den Luftverkehr“, erklärte der IHK-Hauptgeschäftsführer. „Es ist aber bedenklich, dass man so wenig aus diesen Chancen macht.“
Mit Blick auf die kommunalen Kosten und Leistungen resümierte Steinmetz: „Die Gewerbe- und Grundsteuerhebesätze in Mönchengladbach sind zu hoch. Außerdem werden die Erreichbarkeit und die Reaktionszeiten der Verwaltung deutlich schlechter bewertet als noch vor fünf Jahren.“ Stabilisierend wirkt in diesem Themenfeld der Standortfaktor „Service- und Netzwerkangebote der Wirtschaftsförderung“. „Die Wirtschaftsförderung leistet als Tochtergesellschaft der Stadt gute Arbeit. Aber sie hat zu geringen Einfluss innerhalb der Verwaltung“, erklärte Steinmetz. Er empfiehlt der Stadtverwaltung eine Zertifizierung mit dem Gütesiegel „Mittelstandsfreundliche Verwaltung“. Durch den Prozess können die Schwachstellen identifiziert und behoben werden.
Bei den Innenstadtfaktoren bewerten die Betriebe insbesondere das Stadtbild und die Sicherheit in den Stadtzentren weniger zufriedenstellend und schlechter als bei der vergangenen Umfrage. „Die Innenstädte und Stadtteilzentren sind die Visitenkarte eines Wirtschaftsstandorts“, betonte Steinmetz. „In Mönchengladbach gibt es viele gute Ideen und Planungen, etwa für die Hindenburgstraße. Ich hoffe, dass sich dies auch bald verstärkt im Stadtbild zeigt.“
Dass die beiden Innenstädte Rheydt und Gladbach für die Unternehmen eine große Rolle spielen, zeigte sich auch in der anschließenden Diskussion mit Steinmetz, Oberbürgermeister Felix Heinrichs, Beate Gothe (Geschäftsführerin der Heinz Gothe GmbH & Co. KG), Dr.-Ing. Claus Schwenzer (Geschäftsführer der Effertz Tore GmbH) und den Besucherinnen und Besuchern. „Nach positiv verlaufenden Bewerbungsgesprächen hören wir häufig von auswärtigen Besuchern, dass sie sich nicht vorstellen können, in Mönchengladbach zu leben“, erklärte Gothe. „Die Innenstädte mit ihren Leerständen und das Straßenbild allgemein sind nicht ansprechend.“ Generell müsse man es schaffen, das schlechte Image der Stadt aufzubrechen.
Ein Rheydter Einzelhändler machte darauf aufmerksam, dass zwei privatwirtschaftlich betriebene Parkhäuser in der Innenstadt von den Kunden nicht mehr angenommen würden, weil es Angsträume seien. „Die Ordnungsbehörden müssen dort aktiver werden und die Betreiber in die Pflicht nehmen“, forderte er. Oberbürgermeister Heinrichs versicherte: „Es steht schon fest, dass wir den kommunalen Ordnungsdienst ausbauen werden, um mehr vor Ort präsent sein zu können. Darüber hinaus müssen wir den Bereich Streetwork noch besser gestalten.“ Auch nehme er die Anregung des Einzelhändlers mit, dass Mitarbeitende der Stadtverwaltung die Händlerinnen und Händler bei der Organisation von Events unterstützen müssten. „Unsere unternehmerische Leistungsfähigkeit stößt an ihre Grenzen“, betonte der Einzelhändler.
Einig waren sich die Unternehmerinnen und Unternehmer, dass vor allem auch die Sozialstruktur in Mönchengladbach belastend für den Wirtschaftsstandort ist. „Viele Menschen in unserer Stadt sind nicht ausbildungsfähig oder -willig“, sagte Dr-Ing. Claus Schwenzer. „Bildung ändert alles. Deshalb müssen wir uns früher mit Kindern und Jugendlichen vor allem aus sozial schwachen Familien beschäftigen, ihnen eine Chance geben, eine Ausbildung zu machen und Geld zu verdienen. Im Bereich Sozialarbeit muss mehr passieren.“ Die Qualifizierung dieser Gruppen könnte dann auch ein Beitrag zur Linderung des Fachkräftemangels sein. Schließlich tauschten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer noch über das Thema Planungsverfahren aus. „Ich benötige dringend eine neue Halle. Aber die Genehmigungsverfahren dauern viel zu lange. Das muss schneller gehen, Herr Oberbürgermeister“, erklärte Schwenzer. Heinrichs Hinweis auf fehlendes Personal in der Bauverwaltung ließ IHKHauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz nicht gelten. „In sämtlichen Koalitionsverträgen wurde die Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsverfahren festgeschrieben. Aber in der Umsetzung funktioniert es nicht.“ Das sei nicht nachvollziehbar.
Die Analyse ist zu finden unter: https://kurzelinks.de/nh2g
Bildunterschrift: Sie diskutierten über die Ergebnisse der Standortanalyse (v.r.n.l.): Beate Gothe (Geschäftsführerin der Heinz Gothe GmbH & Co. KG), Oberbürgermeister Felix Heinrichs, IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz und Dr.-Ing. Claus Schwenzer (Geschäftsführer der Effertz Tore GmbH). Beate Kowollik moderierte den Austausch. Foto: IHK