IHK-Umfrage zum Ukraine-Krieg
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Stand: 11.03.2022
Der Krieg in der Ukraine wird spürbare Auswirkungen auf die wirtschaftliche Lage der Betriebe am Mittleren Niederrhein haben. Die Unternehmen befürchten, dass Rohstoffe und Vorprodukte zunehmend knapp werden. In Russland aktive Unternehmen brechen vielfach die Geschäftsbeziehungen mit ihren dortigen Partnern ab. Das sind wesentliche Ergebnisse einer Blitzumfrage der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein zu den wirtschaftlichen Folgen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine. Knapp 400 IHK-Mitgliedsunternehmen haben sich in den vergangenen Tagen an der Umfrage beteiligt. „Angesichts des menschlichen Leids, das wir in diesen Tagen in den Berichterstattungen über die Ukraine sehen, sind wir erschüttert“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz. „Die humanitäre Katastrophe stellt die wirtschaftlichen Folgen des Krieges in den Schatten. Dennoch halten wir es für notwendig, die Folgen für die Unternehmen und deren Beschäftigte in unserer Region zu analysieren, um die Betriebe so gut es geht unterstützen zu können.“
84 Prozent der Unternehmen aus allen Branchen rechnen damit, dass für sie relevante Vorprodukte teurer beziehungsweise knapper werden. Die bereits durch die Corona-Krise teils gestörten Lieferketten werden die Betriebe weiter vor große Herausforderungen stellen. 58 Prozent der Betriebe haben die Sorge, dass die Energiepreise auf ein existenzgefährdendes Niveau steigen. „Kurz gesagt: Es wird alles teurer. Strom-, Transport- und Produktionskosten steigen. Die Unternehmen werden – soweit es der Wettbewerb zulässt – ihre Preise auch weiter erhöhen müssen“, befürchtet Steinmetz.
Die mit dem Krieg verbundenen unsicheren Zukunftsaussichten führen auch zu einer verringerten Investitionsneigung der Unternehmen. Eine Mehrheit der Unternehmen sieht zwar keinen Grund dafür, Investitionen aufzuschieben, 48 Prozent der Betriebe geben jedoch an, sich verstärkt zurückhalten zu wollen. „Das besorgt mich. Die Industriekonjunktur kommt nur richtig in Fahrt, wenn die Unternehmen auch bereit sind, zu investieren“, so Steinmetz.
42 Prozent der Betriebe gehen zudem von einer geringeren Nachfrage aus dem Inland aus. Während in der Industrie, im Großhandel und bei den Dienstleistern die Anteile bei 35 bis 41 Prozent liegen, ist diese Sorge insbesondere im Einzelhandel ausgeprägt. 85 Prozent der Einzelhändler rechnen aufgrund des Kriegs mit einer geringeren Nachfrage. „Die Menschen können jeden Euro nur einmal ausgeben. Geld, das für Benzin oder Diesel verwendet wurde, kann bei sonstigen Einkäufen, aber auch im Freizeitbereich oder in der Gastronomie nicht noch einmal ausgegeben werden“, so Steinmetz.
Die exportorientierten Betriebe rechnen zudem mit einer weltwirtschaftlichen Eintrübung als Folge des Kriegs. 53 Prozent der Unternehmen mit Auslandsgeschäften gehen von einem Rückgang der Exportnachfrage aus. „Diese Einschätzung bezieht sich nicht nur auf die betroffenen Gebiete. Russland und die Ukraine haben als Zielregion für unsere Außenhandelsunternehmen eine eher geringe Bedeutung“, erklärt Steinmetz. Lediglich 19 Prozent der befragten Unternehmen exportieren Waren in diese Region oder haben eine Niederlassung vor Ort. Und selbst die Unternehmen, die in die Region exportieren, sind von diesen Geschäften nicht abhängig. Der Umsatzanteil der Geschäfte mit Russland und der Ukraine liegt bei nahezu allen Betrieben bei unter 20 Prozent.
Dieser Anteil dürfte auf jeden Fall weiter schrumpfen. Zwei Drittel der Unternehmen mit Exporten nach Russland nehmen keine Neuaufträge mehr an, ein Drittel geht sogar von einem kompletten Abbruch aller Geschäftsbeziehungen aus. An der Umfrage haben acht Unternehmen teilgenommen, die eine Betriebsstätte in Russland unterhalten. Drei davon werden ihren Standort dort schließen, beziehungsweise haben ihn schon geschlossen.
Auch nach der Sanktionspolitik hat die IHK gefragt: 5 Prozent sind gegen Sanktionen, 7 Prozent der Betriebe äußern sich dazu nicht. Die überwiegende Mehrheit (88 Prozent) hält die Sanktionen gegen Russland für richtig. Mehr als die Hälfte der Betriebe ist sogar der Auffassung, dass die Sanktionen weiter verschärft werden sollen. „Es zeigt sich, dass die Politik bei ihren Sanktionsmaßnahmen die Unterstützung der Unternehmen am Mittleren Niederrhein hat“, so Steinmetz.
Die IHK bietet ihren Mitgliedsunternehmen auf ihrer Website eine Übersicht von Kontakten, Anlaufstellen, Unterstützungsangeboten und Informationsquellen an: