Regionalforum Rhein-Kreis Neuss

Energiekrise, Klimawandel, dringende Infrastrukturprojekte, Flächenknappheit, Fachkräftemangel, Strukturwandel – „wie unter einem Brennglas sind im Neusser Hafen die derzeit größten Herausforderungen der Wirtschaft im Rhein-Kreis zu beobachten“, sagte Jürgen Steinmetz, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein zur Eröffnung des Regionalforums Rhein-Kreis Neuss. Zur Premiere dieses neuen IHK-Formats, dem Nachfolger des bisherigen Regional-Ausschusses Neuss, ging es per Bus durch den Neusser Hafen. Andreas Hamm (Neuss-Düsseldorfer Häfen, NDH), Dominik Baum (C. Thywissen GmbH) und Tobias Haberland (M. Zietzschmann GmbH & Co. KG) erläuterten, welche Bedeutung der Umschlagplatz für die Wirtschaft in der Region hat, wie fragil das System Hafen ist und wie komplex die Abläufe sind.

Beispiel Schienenverkehr: Um im Sinne der Nachhaltigkeit mehr Güter von der Straße auf die Schiene zu verlagern, wirbt der Hafenbetreiber für das Projekt Erftsprung. Die Pläne sehen den Bau einer zusätzlichen Querung über den Erftkanal und drei neuer Straßenbrücken vor. „Das wäre eine große Hilfe für uns“, erläuterte Hamm. „Wir könnten vom Güterbahnhof Neuss aus ohne die Sperrung von Straßen die Terminals ansteuern und unsere Umschlagkapazitäten auf der Schiene damit um 40 Prozent erhöhen.“ Das würde die Leistungsfähigkeit der Logistik-Drehscheibe Neusser Hafen enorm steigern und wäre im Kontext der weiteren Infrastrukturprojekte – wie die RevierGüterBahn – ein wichtiger Baustein zur Stärkung der Region im Strukturwandelprozess. Haberland unterstrich dies und verwies außerdem auf das Problem der heranrückenden Wohnbebauung und Flächenknappheit: „Wenn wir mehr Flächen für den Umschlag hätten, könnten wir wesentlich mehr Transporte von der Straße auf die Schiene und das Binnenschiff verlagern. Das wäre auch ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz.“

Nach der Rundfahrt diskutierten die Teilnehmer des Regionalforums in der Zukunftswerkstatt der RheinLand Versicherungs AG über die Herausforderungen der Wirtschaft und mögliche Lösungsansätze. „Der Neusser Hafen liegt unmittelbar an der Innenstadt, und er ist ein sehr fragiles Gebilde“, so Thywissen-Geschäftsführer Baum. Die Trimodalität – die Verbindung von Wasser, Schiene und Straße – sei überlebenswichtig für die Industriebetriebe. Die Unternehmen im Hafen seien zum Teil untereinander wirtschaftlich eng verbunden. „Vor diesem Hintergrund wünsche ich mir, dass die Politik ihre Pläne für den Hafen frühzeitig kommuniziert und mögliche Folgen bedenkt“, appellierte Baum. Landrat Hans-Jürgen Petrauschke stimmte dem zu: „Wir sollten angesichts der derzeit schwierigen wirtschaftlichen Lage alles tun, um die Rahmenbedingungen der Wirtschaft weiter zu verbessern, damit wir Ausbildungs- und Arbeitsplätze im Rhein-Kreis sichern.“

In der Debatte um die Klimaschutzziele der Stadt Neuss brachte Hans Christian Markert (Bündnis 90/Die Grünen), Vorsitzender des Klimabeirats der Stadt Neuss, einen neuen Gedanken ins Spiel: „Wenn wir von den Unternehmen CO2-Einsparungen und Investitionen in den Klimaschutz verlangen, müssen wir auch bereit sein, etwas zu geben.“ Markert schlug einen „atmenden Deckel bei der Gewerbesteuer“ vor. „Unternehmen, die beim Klimaschutz mehr leisten, sollen Vorteile bei der Gewerbesteuer haben und von schnelleren Genehmigungsverfahren profitieren.“ Für IHK-Hauptgeschäftsführer Steinmetz haben schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren in allen Bereichen oberste Priorität. „Angesichts einer Fülle von Herausforderungen erwarte ich von den Akteuren in Verwaltung und Politik, dass sie die Unternehmen unterstützen, wo sie nur können. Das hat jetzt Vorrang.“

Die Bilanz des ersten Regionalforums Rhein-Kreis Neuss fiel positiv aus. „Wir wollten intensiver in den Dialog treten als bisher im Ausschuss, den Perspektivwechsel wagen und offen sein für neue Partner – das ist uns gelungen“, so Steinmetz. „Das hilft uns dabei, fundierte und ausgewogene Positionen zu entwickeln.“

Bildtext 1: Sie tauschten sich über den Neusser Hafen aus (v.l.): Christian Markert (Vorsitzender des Klimabeirats der Stadt Neuss), Dominik Baum (Geschäftsführer der C. Thywissen GmbH), Jürgen Steinmetz (Hauptgeschäftsführer der IHK Mittlerer Niederrhein) und Hans-Jürgen Petrauschke (Landrat des Rhein-Kreises Neuss). Silke Hauser (Leiterin des IHK-Bereichs Industrie, Klimaschutz und Mobilität) moderierte die Runde.                 Foto: IHK

Bildtext 2: Christian Markert (Vorsitzender des Klimabeirats der Stadt Neuss), Dominik Baum (Geschäftsführer der C. Thywissen GmbH), Silke Hauser (Leiterin des IHK-Bereichs Industrie, Klimaschutz und Mobilität), Christoph Buchbender (Vorstand der RheinLand Versicherungs AG), Hans-Jürgen Petrauschke (Landrat des Rhein-Kreises Neuss) und Jürgen Steinmetz (Hauptgeschäftsführer der IHK Mittlerer Niederrhein) nahmen am Regionalforum Rhein-Kreis Neuss teil (v.l.).                Foto: IHK