Note Drei für den Standort Krefeld
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Stand: 28.11.2022
Mit der Note 3 bewerten die Krefelder Unternehmen ihren Wirtschaftsstandort in der Standortanalyse der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein. Grundlage der Untersuchung ist eine Auswertung der Hochschule Niederrhein. Die Ergebnisse stellte die IHK nun im Rahmen einer Veranstaltung mit Oberbürgermeister Frank Meyer und Krefelder Unternehmerinnen und Unternehmern in den Räumen der Blaue Erdbeere Werbetechnik GmbH vor. „Insbesondere die Standortfaktoren rund um das Thema ‚Krefelder Innenstadt‘ sowie die kommunalen Kosten und Leistungen werden von den Unternehmen kritisch bewertet“, erklärte IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz. „Es ist wichtig, dass sich Politik und Verwaltung mit verschiedenen Maßnahmen wie der geplanten Zertifizierung zur wirtschaftsfreundlichen Verwaltung sowie mit dem Stärkungspaket Innenstadt auf den Weg gemacht haben, dies zu ändern. Jetzt erwarten wir eine kurzfristige Umsetzung.“
Zunächst präsentierte Gregor Werkle, Leiter Wirtschaftspolitik der IHK Mittlerer Niederrhein, Daten der amtlichen Statistik. Seit 2016 hat sich die Bruttowertschöpfung in Krefeld etwas besser entwickelt als im Land. „Die zuvor entstandene Wachstumslücke konnte allerdings noch nicht wieder geschlossen werden“, so Werkle. Insbesondere während und direkt nach der Wirtschafts- und Finanzkrise ging die Wertschöpfung in Krefeld überdurchschnittlich stark zurück.
Auch die Beschäftigung hat sich in Krefeld weniger gut entwickelt als im Bundesland Nordrhein-Westfalen im Schnitt. Während die Beschäftigung in NRW seit dem Jahr 2008 um mehr als 21 Prozent stieg, nahm sie in Krefeld nur um gut 15 Prozent zu. „Das im Vergleich zu NRW geringere Beschäftigungswachstum kann nicht nur mit den spezifischen Branchenstrukturen in Krefeld begründet werden, sondern ist auch ein Indiz für ungünstige Standortbedingungen“, so Werkle.
IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz präsentierte das Herzstück der Analyse – die Befragung der Unternehmen. Wie bereits 2017 hatte die IHK auch in diesem Jahr die Unternehmen nach einer Schulnote für ihren Wirtschaftsstandort gefragt. Die Durchschnittsnote 3,01 liegt sowohl unter dem Schnitt für den gesamten Mittleren Niederrhein (2,71) als auch unter dem Krefelder Schnitt von 2017 (2,57). Die Bewertung anderer Standorte am Mittleren Niederrhein hat sich in den vergangenen Jahren ebenfalls verschlechtert – allerdings in keiner Kommune so stark wie in Krefeld. „Sicherlich spielt dabei auch eine Rolle, dass die konjunkturelle Lage 2017 sehr gut war – ganz im Gegensatz zur heute sehr angespannten Situation“, räumte Steinmetz ein. „Dennoch zeigt diese Bewertung, dass die Unternehmerinnen und Unternehmer sich noch mehr Engagement für den Wirtschaftsstandort wünschen.“
Grundsätzlich ist Krefeld aus seiner Sicht ein attraktiver Wirtschaftsstandort. „Die Lage ist hervorragend. Viele harte Standortfaktoren werden dementsprechend auch gut bewertet – wie etwa die Anbindung über Straße und Autobahn, die Nähe zu wichtigen Kunden oder zum Flughafen Düsseldorf“, erklärte der IHK-Hauptgeschäftsführer. „Deswegen sind die Gewerbegebiete in Krefeld voll.“ Steinmetz fordert daher mehr Engagement beim Gewerbegebiet an der A44. „Ein Gewerbegebiet, das aufgrund seiner Lage so gut zu den Stärken des Wirtschaftsstandortes passt, muss entwickelt werden – und wenn der Nachbar eine interkommunale Lösung nicht möchte, muss man es alleine angehen.“
Mit Blick auf die kommunalen Kosten und Leistungen resümierte Steinmetz: „Die Gewerbe- und Grundsteuerhebesätze in Krefeld sind zu hoch. Außerdem werden die Erreichbarkeit und die Reaktionszeiten der Verwaltung deutlich schlechter bewertet als noch vor fünf Jahren.“ Die beste Bewertung erhält in diesem Themenfeld der Standortfaktor „Service- und Netzwerkangebote der Wirtschaftsförderung“. „Es ist gut, dass die Stadt Krefeld nun die Zertifizierung zur ‚Mittelstandsfreundlichen Kommunalverwaltung‘ angeht“, erklärte Steinmetz. „Wir erwarten, dass der Prozess in 2023 abgeschlossen wird.“
Im Rahmen der Innenstadtfaktoren bewerten die Betriebe insbesondere das Stadtbild und die Sicherheit in den Stadtzentren schlecht – und negativer als bei der vergangenen Umfrage. „Die Innenstädte und Stadtteilzentren sind die Visitenkarte eines Wirtschaftsstandorts“, betonte Steinmetz. „Wir müssen in die Umsetzung. Es hilft nicht, dass wir kreative Pläne haben, wie welcher Platz in zwanzig Jahren aussehen kann. Die Situation im innerstädtischen Einzelhandel ist zum Teil dramatisch. Deswegen muss jetzt etwas passieren“, so Steinmetz. „Das von der Verwaltung vorgeschlagene Stärkungspaket Innenstadt ist ein guter Ansatz.“
In der anschließenden Podiumsdiskussion mit Unternehmern und Oberbürgermeister Frank Meyer ging es vor allem um die Situation in der Innenstadt. IHK-Vizepräsidentin Svenja Fusten-Görtz (Agentur Görtz) kritisierte die schlechte Erreichbarkeit der Krefelder City und die Situation auf dem Theaterplatz und die dortige Drogenproblematik mit ihren negativen Effekten für die Innenstadt. „Es muss an einer Lösung und nicht an einer Verlagerung der Situation auf dem Theaterplatz gearbeitet werden“, so Fusten-Görtz. „Den Ansatz, dass verstärkt auf Sozialarbeit gesetzt wird, begrüße ich.“
„In den vergangenen Jahren hat man die Innenstadt aus dem Auge verloren“, sagte Christoph Borgmann (Intersport Borgmann). „Unsere Kunden beklagen sich regelmäßig über den Zustand der Stadt.“ Die Probleme müssten endlich gelöst werden – „und zwar schnell“. Es sei schon „zehn nach zwölf“ für die Innenstadt, ergänzte IHK-Präsident Elmar te Neues (J. Finck & Co). Er warb bei allen Akteuren dafür, sich gemeinsam für die Stadt einzusetzen: „Krefeld hat viel Potenzial – wir müssen es nur heben.“ Der IHK-Präsident regte an, wieder mehr Wohnraum in der Innenstadt zu schaffen und Handel und hochwertige Gastronomie in gewissen Bereichen zu konzentrieren.
Oberbürgermeister Frank Meyer wies auf das von der Verwaltung erarbeitete Stärkungspaket Innenstadt hin, mit zahlreichen Maßnahmen in den Handlungsfeldern Sicherheit und Ordnung, Soziales, Stadtgestaltung und Quartiersmanagement. Eine der wichtigsten Maßnahmen dabei ist das Drogenhilfezentrum, das in Kürze eröffnen wird. „Erstmals bieten wir den Abhängigen einen Konsumraum mit angeschlossenem Tagestreff, einem abgeschirmten hinteren Bereich und einem niedrigschwelligen medizinischen Angebot. Wir können von dort in Beratungs- und Therapieangebote vermitteln“, sagte Frank Meyer. Der Konsum auf der Straße solle reduziert werden, der Theaterplatz solle nach Öffnung des DHZ nicht mehr der Treffpunkt der Szene sein. Zusammen mit zahlreichen weiteren ordnungs- und sozialpolitischen sowie stadtgestalterischen Maßnahmen werde dies positive Effekte für die Innenstadt haben. Frank Meyer verwies auch darauf, dass in Krefeld an vielen Stellen die Probleme angegangen werden: „Die Umgestaltung des Südausgangs des Hauptbahnhofs ist abgeschlossen, der Umbau des Traditionshauses Et Bröckske hat begonnen, und auf dem Gelände des ehemaligen Ziellenbach-Hauses entsteht ein Geschäftshaus, in dem demnächst bis zu 400 Menschen arbeiten – mitten in der Innenstadt.“ Die Stadtverwaltung habe zahlreiche Investitionen zur Steigerung der Aufenthaltsqualität für die kommenden Jahre geplant. Die Erneuerung der Straßeninfrastruktur nannte Meyer eine „Herkulesaufgabe“. Der Oberbürgermeister wies auch darauf hin, dass er zunächst dem Thema Bildung in seinen ersten Amtsjahren hohe Bedeutung beigemessen habe: „In keinem Bereich haben wir so viel investiert, wie im Schulsektor. Das ist auch ein wichtiger Beitrag im Kampf gegen den Fachkräftemangel.“
Bildtext: Engagierte Debatte (v.l.): Moderatorin Beate Kowollik, Christoph Borgmann (Intersport Borgmann), IHK-Vizepräsidentin Svenja Fusten-Görtz (Agentur Görtz), Jürgen Steinmetz (Hauptgeschäftsführer der IHK Mittlerer Niederrhein), IHK-Präsident Elmar te Neues (J. Finck & Co) und Oberbürgermeister Frank Meyer.