Versicherungspflicht – Fluch oder Segen?

Versicherungspflicht – Fluch oder Segen?
© IHK Mittlerer Niederrhein

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Stand: 22.09.2022

Bernd war beim Versicherungsvermittlertag ein oft genannter Vorname. Das Tief Bernd hatte im Juli 2021 vor allem in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz zu der Flutkatastrophe mit zahlreichen Toten und einer massiven Zerstörung der Infrastruktur geführt. Die finanziellen Folgen für den Staatshaushalt und die Versicherten sind immens – und haben die Frage nach einer Pflichtversicherung erneut angeheizt. Entsprechend lautete der Titel des diesjährigen Branchentreffs, zu dem die Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein gemeinsam mit der Niederrheinischen IHK Duisburg-Wesel-Kleve zu Duisburg und dem Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute e.V. auf die Krefelder Rennbahn eingeladen hatte: „Fluch oder Segen? Versicherungspflicht in der aktuellen Diskussion“.

Dr. Ulrich Hilp, Vorstand der RheinLand Versicherungsgruppe, blickte in seinem Vortrag auf die Wohngebäude- und Elementarversicherung. „Die Sturzflut Bernd hat branchenweit einen Versicherungsschadenaufwand in Höhe von acht Milliarden Euro verursacht.“ Die Wissenschaft gehe davon aus, dass es in Deutschland künftig immer häufigere und stärkere Naturkatastrophenereignisse geben werde. „Gleichzeitig ist derzeit weniger als die Hälfte der Wohngebäude in Deutschland gegen Naturgefahren versichert. Das Bewusstsein in der Bevölkerung für das steigende Risiko allerdings hat stark zugenommen“, so Hilp weiter.

Der Frage nach dem Für und Wider der Altersvorsorge-Pflicht für Selbstständige ging Stephan Bohse, Direktionsbevollmächtigter für betriebliche Altersversorgung bei der Provinzial, nach. „Wenn es eine Pflicht geben soll, dann muss der Unternehmer das Produkt frei wählen können“, betonte er. Auch sollte berücksichtigt werden, dass viele Unternehmer bereits Vorsorge betreiben beispielsweise mit Lebensversicherungen, Kapitalanlagen oder Immobilien.

Gänzlich gegen eine Pflichtversicherung sprach sich Michael H. Heinz, Präsident des Bundesverbands Deutscher Versicherungskaufleute, aus: „Die Eigenverantwortung liegt bei den Bürgerinnen und Bürgern“, sagte er. „Wir sprechen uns daher klar für die freie Marktwirtschaft und gegen staatliche Regulierung aus.“

Axel Kleinlein, ehemaliger Vorstandssprecher des Bundes der Versicherten e. V., sieht vor allem die Politik in der Pflicht. „Statt sich eine Versicherungspflicht zu wünschen, muss die Politik erkennen, dass sie selbst Verantwortung trägt.“ Wichtig seien die richtigen Produkte. „Wenn es die nicht gibt, kann der Vermittler nicht vernünftig beraten.“ Deshalb fordert Kleinlein bessere „Produktpflichten“. „Politik und Versicherungswirtschaft müssen gemeinsam einen angemessenen Versicherungsschutz für alle organisieren.“ Außerdem müsse es mehr finanzwirtschaftliche Bildung geben.

Bildunterschrift:
Sie diskutierten über das Thema Versicherungspflicht (v.l.): Dr. Ulrich Hilp (Vorstand der RheinLand Versicherungsgruppe), Stephan Bohse (Direktionsbevollmächtigter für betriebliche Altersversorgung bei der Provinzial), Axel Kleinlein (ehemaliger Vorstandssprecher des Bunds der Versicherten e. V.), Moderator Prof. Dr. Matthias Beenken und Michael H. Heinz (Präsident des Bundesverbands Deutscher Versicherungskaufleute).                                                      Foto: IHK