„Brücken sind systemrelevant“

„Brücken sind systemrelevant“
© Carsten Schmale

Stand: 22.05.2023

Der Zustand der Brücken im Rheinland ist kritisch. Es drohen ein Kollaps der Infrastruktur und enorme Schäden für die Unternehmen in der Region. Wie groß der Handlungsbedarf ist, zeigt eine neue Studie der Industrie- und Handelskammern im Rheinland. Gemeinsam mit der Technischen Hochschule Aachen wurden Daten über den Zustand der Brücken im Rheinland ausgewertet. Im Fokus standen Bauwerke, für deren Erhalt entweder der Bund oder das Land zuständig ist. Etwa 6.500 Brücken wurden betrachtet. 343 bekamen die schlechteste Bewertung, 663 die zweitschlechteste.

„Leistungsfähige Brücken sind systemrelevant, sie sind eine Grundvoraussetzung für die effiziente Mobilität unserer Unternehmen und die Basis unseres Wirtschaftsstandorts“, sagt Jürgen Steinmetz, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein. Als besonders prekär bezeichnet Steinmetz die Situation der Uerdinger Rheinbrücke, die Krefeld-Uerdingen und Duisburg verbindet, und der Fleher Brücke (A 46) zwischen Neuss und Düsseldorf. Beide Brücken sind in einem schlechten Zustand. Weil die Fleher Brücke nicht mehr saniert werden kann, laufen seit dem Jahr 2020 die Planungen für einen Ersatzbau. Für die Uerdinger Brücke ist nun zunächst eine Sperrung für Fahrzeuge mit mehr als 30 Tonnen Gewicht beabsichtigt. Gleichzeitig beginnen die Planungen für einen Neubau. „Wir appellieren an Landesverkehrsminister Oliver Krischer, derart wichtige Projekte zur Chefsache zu machen“, so Steinmetz.

Darüber hinaus empfehlen die IHKs im Rheinland, Prozesse zu standardisieren und zu beschleunigen. „Eine zentrale Rolle spielt in diesem Zusammenhang die Digitalisierung“, erklärt Steinmetz. Ziel sollte es sein, digitale Potenziale so auszuschöpfen, dass sich mit ihnen standardisierte Verfahren umsetzen lassen und Daten in einheitlicher Form sowie jederzeit für alle Beteiligten zugänglich sind, so die IHKs.

Zudem sei die kritische Prüfung von Fristen eine Grundvoraussetzung, wenn man die Planungsbeschleunigung ganzheitlich voranbringen wolle. Die IHKs empfehlen die Einführung einer verwaltungsinternen Termin- und Projektsteuerung, die insbesondere klare Fristen für die Bearbeitung durch die Verwaltung festschreibt. Ebenso wichtig sei es, die Standardisierung im Baubereich und eine Beschleunigung der Planungsprozesse konsequent voranzutreiben. 

Steinmetz plädiert für eine wirtschaftsschonende Instandsetzung der Brücken: „Das bedeutet, dass alle Brücken bis zur Sanierung oder Erneuerung betrieben werden, ohne dass eine Vollsperrung notwendig wird.“ So sollen negative Auswirkungen auf die Infrastruktur der Region vermieden werden. Insgesamt sei es zudem wichtig, die Maßnahmen gemeinsam, also unter Beteiligung aller Akteure, umzusetzen. Von der Politik wünschen sich die IHKs im Rheinland außerdem ein starkes Bekenntnis, beispielsweise durch ein Sondervermögen Rheinbrücken. 

Die Studie zum Zustand der Brücken im Rheinland ist in Zusammenarbeit mit dem Institut für Straßenwesen (ISAC) der RWTH Aachen entstanden und wertet die verfügbaren Brückendaten des Bundes und Landes NRW aus. Der Instandhaltungsbedarf spiegelt sich in folgendem Gesamtergebnis (Stand 2022) der Analyse wider: 663 Brücken im Rheinland verfügen über den Traglastindex IV, 343 Brücken über den Traglastindex V. Der Index bewertet in einem Soll-Ist-Vergleich die baulichen Eigenschaften einer Brücke, die maßgeblichen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit und Lebensdauer einer Brücke haben. Die Abstufung geht von I (sehr gut) bis Stufe V (sehr schlecht). Index V bedeutet, dass bei den Brücken akut erheblicher Instandhaltungsbedarf besteht.

Über die IHK-Initiative Rheinland: Ziel der IHK-Initiative Rheinland GbR ist die Weiterentwicklung des Rheinlands zu einem der attraktivsten Standorte Europas. Die Initiative ist ein Bündnis der sieben Industrie- und Handelskammern in der Region: IHK Aachen, Bergische Industrie- und Handelskammer Wuppertal-Solingen-Remscheid, IHK Bonn/Rhein-Sieg, IHK Düsseldorf, IHK Köln, IHK Mittlerer Niederrhein und Niederrheinische IHK Duisburg.

www.rheinland.ihk.de

Bildtext: Die Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammern im Rheinland haben eine Studie zur Situation der Brücken vorgestellt (v.l.):  Dr. Stefan Dietzfelbinger (Duisburg), Gregor Berghausen (Düsseldorf), Jürgen Steinmetz (Mittlerer Niederrhein), Dr. Hubertus Hille (Bonn), Michael Wenge (Wuppertal) und Dr. Uwe Vetterlein (Köln).