Was macht meine Stadt über das reine Abverkaufen hinaus aus?
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Stand: 04.10.2023
Stefan Postert hat Klartext gesprochen. „Die Innenstädte sollten ihre Kraft nicht allein dafür aufwenden, sich gegen den Online-Handel behaupten zu wollen.″ Stattdessen müsse es ein Umdenken geben – weg vom Anspruch, Innenstädte seien einzig Handelsstandorte. Unter dem Titel „Aktuelle Herausforderungen von Innenstadtakteuren im kreisangehörigen Raum – Handlungsempfehlungen für den Kreis Viersen″ hatte die Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein zum Regionalforum ins Bürgerhaus Dülken eingeladen. Postert erarbeitet für das Beratungsunternehmen Stadt + Handel Konzepte für lebenswerte Ortskerne und Innenstädte.
„Für viele Bürger sind Innenstädte mehr als reine Konsumorte. Sie sind Identifikationspunkte, mitunter ‚der kleinste Nabel der Welt‘, weil sie damit auch zahlreiche Erinnerungen verbinden″, erklärte Postert. „Wenn man sie wieder für die City gewinnen will, muss man bitte auch ihre Emotionen ansprechen.“ Somit müsse man fragen: „Wo holen wir die Menschen – und eben nicht, wo holen wir die Kunden – ab.″ Ganz sicher funktionierten Innenstädte nicht ohne Wertschöpfung. Die könne man aber nicht mehr allein über den Einzelhandel generieren. Vielmehr müsse man schauen, welche Werte kultureller oder emotionaler Art es für die Profilierung der Innenstadt gebe. „Was macht meine Stadt über das reine Abverkaufen hinaus aus? Was macht sie lohnenswert, liebenswert und lebenswert″, müssten die entscheidenden Fragen lauten.
In der Pflicht sieht der Handelsexperte auch die Immobilienbranche und die Politik, die für die Entwicklung innerstädtischer Immobilien mehr Anreize schaffen müsse. „Wir müssen sie überzeugen, noch mehr Verantwortung für die Innenstadtentwicklung zu übernehmen.″
Und in punkto Verwaltung gab er zu bedenken, dass zwar jeder Mitarbeitende seine Zuständigkeit und die Verantwortung für seinen Fachbereich habe. Die Innenstadtentwicklung im Grunde aber in der gemeinsamen Verantwortung aller liege – nicht zuletzt auch im Sinne des Gemeinwohls.“ Bei alledem appellierte Postert abschließend an die Teilnehmenden: „Lasst uns viel mehr in Möglichkeiten statt in Wiederständen denken.″
IHK-Vizepräsident Rainer Höppner dankte dem Referenten für seinen „inspirierenden, aber auch besorgniserregenden Vortrag″. „Unsere Innenstädte, Einzelhändler und Gastronomen haben es schwer, und selbst durch Stadtfeste und andere Aktivitäten schaffen wir es nicht, wieder dauerhaft mehr Frequenz zu generieren.″ Deshalb sei es sicherlich lohnenswert, über neue Ansätze nachzudenken. „Das Wichtigste ist, dass wir die Leute mitnehmen, in der täglichen Arbeit für kleine Erfolgserlebnisse sorgen und daraus Motivation ziehen.″
Bildunterschrift:
„Für viele Bürger sind Innenstädte mehr als reine Konsumorte″, sagte Stefan Postert vom Beratungsunternehmen Stadt + Handel Konzepte beim IHK-Regionalforum Kreis Viersen.