"Wir brauchen einen Booster"

"Wir brauchen einen Booster"
© IHK Mittlerer Niederrhein

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Stand: 09.02.2023

Sie ist derzeit gefragt, wie kaum ein anderer politischer Akteur in Nordrhein-Westfalen und gleichzeitig hat kaum jemand in jüngster Zeit derart Gegenwind bekommen wie sie: Mona Neubaur. Die grüne Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie war Keynote-Sprecherin der 30. Mönchengladbacher Wirtschaftsgesprächen im Hugo-Junkers-Hangar. Rund 400 Gäste waren der Einladung von Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein, Wirtschaftsförderungsgesellschaft Mönchengladbach (WFMG), Stadtsparkasse Mönchengladbach und Rheinischer Post gefolgt, um die „mächtigste Frau Nordrhein-Westfalens“ – so Moderatorin Denisa Richters (Rheinische Post) – zu hören und mit ihr zu diskutieren.

So nahm IHK-Präsident Elmar te Neues auch kein Blatt vor den Mund beim Eröffnungs-Talk mit der Ministerin und Oberbürgermeister Felix Heinrichs: „Die Lage unserer Unternehmen ist schwierig: Wir kämpfen mit Lieferengpässen, viele Rohstoffe und Produkte sind teurer geworden.“ Dazu komme die Energiekrise. „Noch sind wir ein Industrieland“, so te Neues. „Wir sind angewiesen auf eine sichere Energieversorgung zu wettbewerbsfähigen Preisen.“ Die Unternehmerinnen und Unternehmer im Land erwarteten von der Politik Unterstützung in dieser schwierigen Zeit.

In ihrer Keynote versuchte die Ministerin nicht, die Situation schön zu reden. Sie erinnerte aber daran, dass die Sicherung der Gasversorgung in Deutschland durch Einsparungen der Wirtschaft und der Bürger sowie zügig realisierte Investitionen in LNG-Infrastruktur, „eine großartige Gemeinschaftsleistung“ war. „Ich danke Ihnen dafür, dass Sie den Kurs der Regierung mittragen“, so Neubaur. „Auch Sie wissen es zu schätzen, in Frieden und Freiheit zu leben und zu wirtschaften.“ Neubaur machte unmissverständlich klar, dass die Zeiten des billigen russischen Gases endgültig vorbei seien. Sparsamkeit, Effizienz und alternative Energien seien auch in Zukunft notwendig.

Neben dem Krieg in Osteuropa sei die Klimakrise die maßgebliche Herausforderung für die Gesellschaft. „Die Klimafolgen sind auch eine wirtschaftliche Bedrohung“, betonte Neubaur. Über das „Ob“ der Energiewende gebe es keine Diskussionen mehr, nur noch über das „Wie“. Die Ministerin erläuterte das gemeinsame Ziel von Bundeswirtschaftsminister Habeck und ihr, früher aus der Braunkohleverstromung auszusteigen. In diesem Zusammenhang wies sie auf die Vereinbarung mit RWE hin, in der das Unternehmen in die Pflicht genommen worden sei, wasserstofffähige Gaskraftwerke mit vier Gigawatt Kapazität und ein Gigawatt Erneuerbare Energien ans Netz zu bringen.

Damit die Energiewende gelinge, sei es notwendig, die Bürger mitzunehmen. „Wir stellen Fördermittel bereit, um Bürger-Energie-Genossenschaften zu unterstützen, damit die Menschen vor Ort beispielsweise in neue Windräder investieren und davon auch profitieren“, erklärte die Ministerin. „Damit dafür auch genug Flächen zur Verfügung stehen, passen wir den Landesentwicklungsplan an.“ Das Land brauche „einen Booster“ beim Ausbau der Erneuerbaren Energien. „Damit dies gelingt, müssen wir bei Planung und Genehmigung deutlich schneller werden“, sagte Neubaur – und erhielt spontanen Applaus der 400 Gäste. „Das steht im Lastenheft dieser Landesregierung.“ Die Ministerin kündigte an, die Genehmigungsverfahren deutlich zu beschleunigen: „Wir prüfen, die Anwendung der neuen EU-Notfallverordnung zum Ausbau der Erneuerbaren Energien.“ Damit wird die Genehmigung eines Windrads deutlich beschleunigt, etwa sei die Genehmigung eines Repowering-Projektes sechs Monate nach Antragstellung möglich.

Wie dringend notwendig eine Beschleunigung der Verfahren ist, machte IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz in der abschließenden Diskussion klar: „Ein Windrad zu bauen, dauert heute sechs Jahre – so schaffen wir die Energiewende nicht.“ Es sei deutlich mehr Tempo notwendig. Vor allem dann, wenn schon 2030 aus der Kohle ausgestiegen werden soll. „Dann benötigen wir allein im Rheinischen Revier 200 Windkraftanlagen, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten“, rechnete Steinmetz vor. „2022 sind bis November in ganz NRW gerade einmal 85 neue Anlagen ans Netz gegangen. Es gibt noch viel zu tun.“