Dormagen: IHK kritisiert Steuererhöhungspläne
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Stand: 24.01.2023
Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein hat in einer Stellungnahme die Pläne zur Erhöhung der Gewerbesteuer in Dormagen kritisiert. Die Stadtverwaltung hatte vorgeschlagen, die Sätze der Grundsteuer B (von 435 auf 595 Punkte) und der Gewerbesteuer (von 450 auf 500 Punkte) zu erhöhen. „Die Preissteigerungen – insbesondere im Energiebereich – setzen den Unternehmen zu. Wir halten es für falsch, die Betriebe in dieser ohnehin schwierigen Lage noch weiter zu belasten“, erklärt IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz. Der Hauptgeschäftsführer ist sich der schwierigen Haushaltslage der Kommunen bewusst und fordert, Aufgabenkritik zu üben, damit der Dormagener Haushalt krisensicherer wird.
Laut IHK ist die Wirtschaft in Dormagen wie in der gesamten Region auf dem Weg in eine Rezession. Gerade mit Blick auf die wichtigsten Branchen in Dormagen ist IHK-Hauptgeschäftsführer Steinmetz pessimistisch. „In der Logistik etwa sind die Belastungen aufgrund hoher Energie- und Kraftstoffkosten enorm. Hinzu kommt in Dormagen die enge Verflechtung zur chemischen Industrie, die durch die Kostensteigerungen ebenfalls stark unter Druck steht und bereits bei unserem Konjunkturbericht im Herbst eine so schlechte Lage wie seit Jahrzehnten nicht meldete. Nach Auffassung der IHK wäre es für die Unternehmen gerade jetzt notwendig, in Energieeffizienzmaßnahmen zu investieren. „Durch die Steuererhöhungen werden die Betriebe aber in ihren Investitionsbestrebungen noch weiter eingeschränkt, da weniger vom Gewinn übrig bleibt“, so Steinmetz. Wenn die Betriebe, die noch positive Gewerbeerträge aufweisen, in Dormagen stärker abgeschöpft werden als an anderen Standorten, ist dies aus Sicht des IHK-Hauptgeschäftsführers ein Wettbewerbsnachteil.
Auch die Ansiedlung neuer Unternehmen sei vor diesem Hintergrund schwieriger. Die Erweiterungsfläche im Gewerbegebiet Top-West und verschiedene Parzellen im Chempark bieten die Möglichkeit, ansiedlungsinteressierte Unternehmen kurzfristig anzuwerben. Langfristig hofft Steinmetz, dass auch durch die Realisierung des Gewerbegebiets am Silbersee die Gewerbesteuererträge gesteigert werden können. „Die Ansiedlung von steuerstarken Unternehmen setzt allerdings wettbewerbsfähige Realsteuerhebesätze voraus. Zurzeit hat keine Kommune am Mittleren Niederrhein einen Gewerbesteuerhebesatz von 500 Punkten oder höher. Selbst die Oberzentren Krefeld und Mönchengladbach haben niedrigere Sätze“, so der IHK-Hauptgeschäftsführer.
Eigentlich sei Dormagen ein sehr attraktiver Wirtschaftsstandort – nicht nur aufgrund der Lage und der Verkehrsanbindung. „Bei unserer Standortanalyse im Jahr 2019 hatte der Standort gute Bewertungen für die kommunalen Leistungen erhalten. Mit dieser Steuererhöhung konterkariert Dormagen eben diese Standortstärke“, so Steinmetz.
Gleichwohl ist sich der Hauptgeschäftsführer der schwierigen finanziellen Lage der Kommunen bewusst. Zwar müssen kriegs- und corona-bedingte Mehraufwendungen und Mindereinnahmen bilanziell isoliert werden und werden somit für das bilanzielle Gesamtergebnis ausgeklammert, Liquidität bringt dies den Kommunen jedoch nicht ein. Gleichzeitig werden die Pflichtausgaben der Kommunen ausgeweitet. „Deswegen stehen wir an der Seite der Kommunen, wenn es um eine ausreichende Finanzausstattung und die Beachtung des Konnexitätsprinzips geht. Hier ist es Aufgabe des Bundes und des Landes, die Kommunen hinreichend mit finanziellen Mitteln auszustatten“, so Steinmetz.
Zur Wahrheit gehört aus Sicht der IHK auch: Anders als viele andere Kommunen rechnet die Stadt Dormagen bereits beim Haushaltsplanentwurf für das Jahr 2023 viele der Lasten mit ein, die Rezession, Inflation und steigende Zinsen mit sich bringen. Daher plant sie bereits mit sinkenden Gewerbesteuererträgen, spürbar steigenden Personalkosten, einer höheren Zinslast und einer deutlichen Erhöhung der Sach- und Dienstleistungsaufwendungen.
„Die Erstellung der Optionsliste, die transparent alle kurzfristigen Sparpotenziale auf der Aufwandsseite und Möglichkeiten zur kurzfristigen Generierung von Erträgen aufschlüsselt, möchten wir positiv hervorheben. Es ist nun Aufgabe der Politik, die richtigen Sparmaßnahmen herauszufiltern“, sagt Steinmetz. Er hoffe, dass auch die Argumente gegen eine Gewerbesteuererhöhung bei den Haushaltsberatungen thematisiert werden.
Wichtig sei es zudem, den Haushalt auch langfristig krisenfest aufzustellen. Im Gegensatz zu Maßnahmen, die kurzfristige Liquidität bringen, fehlt es nach Auffassung der IHK in der Optionsliste an strukturellen aufwandsseitigen Konsolidierungsmaßnahmen, die erst mittelfristig greifen, aber nachhaltig wirken. „Deswegen möchten wir an Politik und Verwaltung appellieren, den Haushalt krisenresistenter aufzustellen. Dazu gehören auch Aufgabenkritik und ein Personalaufwandskonsolidierungskonzept“, so Steinmetz.