Lob für Gewerbeflächen, Kritik an Steuererhöhungen
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Stand: 22.02.2023
Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein begrüßt in einer Stellungnahme an Bürgermeister Reiner Breuer die Bestrebungen von Politik und Verwaltung, den Haushalt der Stadt Neuss zu konsolidieren. „Die finanzielle Autonomie der Stadt muss erhalten bleiben“, erklärt IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz. Deswegen sei es richtig, dass nun über Fraktionsgrenzen hinweg gemeinsam gegengesteuert werde. Kritisch beurteilt die IHK die Pläne für eine deutliche Erhöhung der Grundsteuer B (von 495 auf 595 Punkte). „Uns ist bewusst, dass die Kommunen zurzeit aufgrund vielfältiger Probleme finanziell unter Druck stehen“, so Steinmetz. „Allerdings hätten wir bei der ertragsstarken Stadt Neuss erwartet, dass intensiver auf der Ausgabenseite konsolidiert wird.“ Dass durch zusätzliche neue Gewerbeflächen die Ertragsbasis erweitert werden soll, lobt die IHK indes.
Mit Blick auf den gesamten Maßnahmenkatalog kritisiert Steinmetz allerdings, dass vor allem Steuer- und Gebührenerhöhungen in der fraktionsübergreifenden Arbeitsgruppe Konsens gefunden hätten. „Aus standortpolitischen Gründen ist insbesondere die Erhöhung des Grundsteuerhebesatzes um 100 Punkte eine Hypothek“, so der IHK-Hauptgeschäftsführer. Zurzeit hat nur eine kreisangehörige Kommune am Mittleren Niederrhein einen höheren Grundsteuerhebesatz. Die IHK-Standortanalyse für den Rhein-Kreis Neuss hatte außerdem im vergangenen Jahr gezeigt, dass der Grundsteuerhebesatz für die Unternehmen im Rhein-Kreis zu den wichtigsten 15 Standortfaktoren gehört, die über eine Ansiedlung entscheiden.
Allein aus der Maßnahme der Grundsteuererhöhung werden jährlich 7 Millionen Euro Mehrerträge und damit mehr als 40 Prozent des gesamten Konsolidierungsvolumens in diesem Jahr erwartet. „Dies sind Mittel, die Unternehmen nicht zum Investieren und den Bürgerinnen und Bürgern nicht für den Konsum zur Verfügung stehen – und dies in einer Zeit, in der die Kosten der Unternehmen in vielen Bereichen explodieren und die Bürgerinnen und Bürger unter der hohen Inflation leiden“, erklärt Steinmetz.
Für Steinmetz sind zwar auch Bund und Land gefordert, er weist aber auch auf die große Ertragskraft von Neuss hin: „Die Stadt ist immer noch die Kommune am Mittleren Niederrhein mit der höchsten Steuereinnahmekraft je Einwohner. Sie gehört unter den NRW-Kommunen mit mehr als 100.000 Einwohnern bei diesem Indikator zu den TOP-5-Kommunen.“ Gerade aus diesem Grund müsste es eigentlich gelingen, ein Konsolidierungskonzept mit stärkerem Anteil auf der Ausgabenseite zu entwickeln.
Der IHK-Hauptgeschäftsführer ist sich sicher, dass die stetige Haushaltskonsolidierung die Finanzpolitik der Stadt in den kommenden Jahren prägen wird. Im November 2022 hatte eine IHK-Haushaltsstellungnahme sowie die zugehörige Analyse des Finanzwissenschaftlers Prof. Dr. Harald Schoelen von der Hochschule Niederrhein aufgezeigt, dass die Stadt kurz davor ist, zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzepts verpflichtet zu werden.
Steinmetz hebt in der aktuellen Stellungnahme positiv hervor, dass die Stadt 100 Hektar Gewerbeflächen entwickeln und insbesondere steuerstarke Unternehmen gewinnen möchte. „Das fordern wir seit vielen Jahren. Damit steuerstarke Unternehmen für den Standort gewonnen werden können, braucht es aber auch wettbewerbsfähige Hebesätze“, so Steinmetz. Aus Sicht der IHK sei es bei der nachhaltigen und strukturierten Konsolidierung sehr wichtig, dass zukünftig stärker Aufwendungen und Aufgabenkritik in den Blick genommen werden, sonst bestünde die Gefahr, dass die Hebesätze demnächst wieder angehoben werden müssten.