Was geschieht mit den Tagebau- und Kraftwerksflächen?
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Stand: 24.05.2023
Bei der Gestaltung des Strukturwandels im Rheinischen Revier spielen Flächen eine entscheidende Rolle. Was geschieht mit den Tagebauflächen und Kraftwerksstandorten, wenn der Ausstieg aus der Braunkohle vollzogen ist? Wie können diese Areale für die Ansiedlung von Unternehmen genutzt werden? Diese Fragen standen im Mittelpunkt des Regionalforums Rhein-Kreis Neuss der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein. Rund 60 Unternehmerinnen und Unternehmer waren der Einladung in das Verwaltungsgebäude am stillgelegten RWE-Kraftwerk Frimmersdorf gefolgt. „Dass wir hier zu Gast sind, ist kein Zufall“, sagte IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz zur Begrüßung. „RWE verfügt über viele Flächen, und hier in Frimmersdorf zeigt sich auch, wo die Probleme für die Flächenentwicklung liegen können: Um die Maschinenhalle hat sich eine Denkmalschutz-Debatte entwickelt, die eine gewerbliche Nutzung des Areals blockiert.“
Karl-Heinz Stauten, Leiter der Sparte Kraftwerke der RWE Power AG, erläuterte die Situation bei einer Bus-Tour über das rund 70 Hektar große Kraftwerkgelände: „Wegen der noch zu klärenden für den Denkmalschutz relevanten Fragen bemühen wir uns momentan in einem ersten Schritt für einen Teilbereich des Areals – etwa 15 Hektar – um eine Nachnutzung.“ Die Verkehrsanbindung an das Gleis- und Autobahnnetz sei ideal, um dort Wertschöpfung und Arbeitsplätze für die Region zu schaffen. Stauten hofft, dass sich spätestens in drei bis fünf Jahren erste Unternehmen ansiedeln können.
Dass bei der Entwicklung von Flächen grundsätzlich ein langer Atem gefordert ist, wurde bei der Analyse der Flächenproblematik im Rheinischen Revier durch den IHK-Hauptgeschäftsführer deutlich. Er nannte positive Beispiele, also Flächen, die sich in der Entwicklung befinden: der Industriepark Elsbachtal (Grevenbroich/Jüchen), die sogenannte Starterfläche am Kraftwerk Neurath (Grevenbroich/Rommerskirchen) und Neuss-Morgensternsheide. Ähnlich lang ist die Liste von ursprünglichen Planungen, die reduziert oder beendet wurden: das Silbersee-Areal auf Neusser Seite, die Erweiterung des Gewerbegebiets Neuss-Derikum und das Interkommunale Gewerbegebiet Krefeld/Meerbusch. Bei anderen Flächen, wie dem Kraftwerksstandort Frimmersdorf, dem Silbersee-Areal auf Dormagener Seite oder der LEP-Fläche in Neurath gibt es Hüden, die eine Inanspruchnahme zeitlich enorm verzögern. Vor diesem Hintergrund forderte Steinmetz: „Wir brauchen schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren, die Kommunen müssen eine vorausschauende Ankaufspolitik – für große Ansiedlungen, aber auch für kleine Unternehmen – betreiben, vorhandene Gewerbeflächen müssen für gewerbliche Nutzung erhalten werden, und an die Politik appelliere ich: Geben Sie nicht jeder neuen Bürgerinitiative nach! Seien Sie standhaft! Die Wirtschaft braucht Planungssicherheit.“
Der Landrat des Rhein-Kreises teilte diese Einschätzungen: „Die Klimadebatte überlagert derzeit alles. Klimaschutz ist wichtig, aber wir brauchen auch Unternehmensansiedlungen und Arbeitsplätze“, sagte Hans-Jürgen Petrauschke. „Wir brauchen weiterhin eine dauerhaft gesicherte Energieerzeugung etwa durch die drei Gigawatt Gaskraftwerke, die auch für Wasserstoff geeignet sein sollen und auch 2030 ans Netz gehen müssen.“ Bei der künftigen Entwicklung des Rheinischen Reviers müsse es vor allem auch darum gehen, die Energieintensive Industrie in der Region zu halten und weitere innovative Unternehmen und Branchen in der Energieregion Rhein-Kreis Neuss anzusiedeln. „Und für Industrie sollte dieses Areal hier in Frimmersdorf unbedingt genutzt werden“, so Petrauschke. „Hier muss etwas passieren.“
Wie eine sinnvolle Nachnutzung geplant, organisiert und gestaltet werden kann, erläuterte Dr. Hans-Ulrich Tappe. Der Senior Expert der agiplan GmbH zeigte anhand von Beispielen wie der Neuentwicklung des ehemaligen Kohlekraftwerks Lünen oder der Brikett-Fabrik Frechen-Wachtberg, worauf es ankommt: „Eine systematische Öffentlichkeitsbeteiligung ist heute unverzichtbar, und das Thema Nachhaltigkeit spielt bei jeder Entwicklung eine große Rolle.“ Darüber hinaus sollten alle Mobilitätsformen einbezogen werden: Pkw-/Lkw-Verkehr, Gleisanbindung für Güterverkehr und ÖPNV. „Ganz wichtig ist: Vermarkten Sie Ihr Areal zielgruppenorientiert und stellen Sie die Standortvorteile der Fläche in den Vordergrund.“
Bildtext: Vor der Rundfahrt über das Kraftwerksgelände (v.l.): Landrat Hans-Jürgen Petrauschke, Karl-Heinz Stauten (Leiter der Sparte Kraftwerke der RWE Power AG), Silke Hauser (Leiterin des Bereichs Industrie, Klimaschutz und Mobilität der IHK) und IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz. Foto: IHK