"Unsere Wettbewerbsfähigkeit ist in Gefahr“
Stand: 01.07.2024
„Die Industrie sorgt in Krefeld für Arbeitsplätze und Steuereinnahmen, steht aber zurzeit vor großen Herausforderungen“, mit diesen Worten begrüßte die Vizepräsidentin der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein, Svenja Fusten, die Gäste beim jüngsten Regionalforum Krefeld. Passend zum Thema „Industriestandort Krefeld“ fand die Veranstaltung dieses Mal bei der Cargill Deutschland GmbH statt. „Dass wir ein Industriestandort mit Zukunft sind, zeigt gleich als erstes – stellvertretend für viele positive Beispiele – unser heutiger Gastgeber“, so Fusten. Gerade in der Industrie seien die Unternehmen derzeit sehr zurückhaltend mit ihren Investitionen. Cargill sei ein erfreuliches Gegenbeispiel.
Das machte Geschäftsführer Carsten Andreas in seinem Impulsvortrag deutlich. Das Unternehmen zur Stärke- und Süßmittelherstellung im Rheinhafen hat erst vor kurzem eine neue Weizenstärkefabrik eröffnet. Durch den Bau und die Umstellung des Krefelder Cargill-Werkes von der Mais- auf die Weizenproduktion hat Cargill den Standort an der Düsseldorfer Straße gestärkt. Rund 200 Millionen US-Dollar und 1,5 Millionen Arbeitsstunden wurden dafür investiert.
Bei aller Freude über eine solche Investition dürfe man die Augen vor der Realität nicht verschließen, leitete die IHK-Vizepräsidentin den zweiten Programmpunkt ein: die Podiumsdiskussion. Der Industriestandort Krefeld ist geprägt von den energieintensiven Branchen. Insbesondere die Chemische Industrie und die Metallindustrie sind in Krefeld überdurchschnittlich stark vertreten. Beide zusammen machen 50 Prozent der Industriearbeitsplätze in Krefeld aus. Über die aktuelle Lage in der Krefelder Industrie diskutierten – moderiert von Gregor Werkle, Leiter des IHK-Bereichs Wirtschaftspolitik – neben Gastgeber Carsten Andreas die Unternehmensvertreter Dr. Georg Geier (Siempelkamp Giesserei GmbH) und Lars Friedrich (Currenta) sowie der Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaft und Digitalisierung der Stadt Krefeld, Thorsten Hansen (Grüne).
„Das Geschäftsmodell der energieintensiven Industrie ist akut gefährdet“, sagte Dr. Georg Geier. „Und die Steigerungen bei den Energiepreisen werden allein schon wegen der Netzentgelte so weiter gehen. Das sind Systemkosten, die es in anderen Ländern – auch innerhalb Europas – so nicht gibt.“ Die Industrie stehe immens unter Druck. Transformation brauche Zeit und gelinge nicht in einem Schritt, wie von der Politik vorgegeben.
Eine Einschätzung, die Lars Friedrich teilt: „Unsere Wettbewerbsfähigkeit ist in Gefahr.“ Vor allem die Amerikaner hätten in der chemischen Industrie durch geringere Energiepreise einen Vorsprung, erläuterte der Leiter des Uerdinger Chempark. Von der Politik wünscht er sich auch eine größere Technologieoffenheit. Carsten Andreas sieht dabei aber nicht nur die (Bundes-)Politik in der Pflicht: „Wir müssen wieder mehr leisten, um nicht überholt zu werden – und dabei auch persönliche Einschränkungen in Kauf nehmen.“
Dass Transformation nicht von heute auf morgen gelinge, machte Thorsten Hansen anhand des Beispiels Kopenhagen deutlich: Die dänische Hauptstadt habe 25 Jahre dazu gebraucht, um auf erneuerbare Energie umzustellen. „Deutschland hat mindestens 20 Jahre verloren und den zweiten vor dem ersten Schritt gemacht: Wir produzieren viel Strom, ohne die entsprechende Speicherkapazität zu haben“, so Hansen.
Alle Unternehmensvertreter betonten am Ende, nicht alles schlechtreden zu wollen. „Unsere intermodale Anbindung, die Nähe zum Flughafen, Talente von der Hochschule – das sind nur einige Beispiele, die den Standort positiv ausmachen.“ Und Geier ergänzte: „Krefeld ist für uns attraktiv mit seinen historischen Industriestandorten und erfahrenen und top ausgebildeten Leuten. Beste Voraussetzungen also, etwas daraus zu machen – jetzt müssen wir es auch umsetzen“, so Geier.
BILDUNTERSCHRIFT
IHK-Vizepräsidentin Svenja Fusten begrüßte gemeinsam mit dem Gastgeber, Cargill-Geschäftsführer Carsten Andreas (2.v.r.), und dem Leiter des IHK-Bereichs Wirtschaftspolitik, Gregor Werkle (2.v.l.), Thorsten Hansen (l., Vorsitzender des Ausschusses für Wirtschaft und Digitalisierung der Stadt Krefeld), Dr. Georg Geier (3.v.r., Siempelkamp Giesserei GmbH) und Lars Friedrich (r., Currenta) beim Regionalforum Krefeld.