Analyse zum Wasserstoffbedarf

Analyse zum Wasserstoffbedarf
© IHK Mittlerer Niederrhein

Stand: 25.09.2024

Die Hälfte der energieintensiven Unternehmen am Mittleren Niederrhein plant künftig mit dem Einsatz von Wasserstoff, allerdings sorgen die offenen Fragen zu Preisen und zur Verfügbarkeit in den Betrieben für Verunsicherung. Das sind wesentliche Ergebnisse einer Wasserstoffbedarfsanalyse der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein.  In Zusammenarbeit mit den Gasnetzbetreibern NEW Netz GmbH, NGN Netzgesellschaft Niederrhein mbH und der Stadtwerke Neuss Energie und Wasser GmbH sowie der Managementberatung Horváth hat die IHK diese Studie mit energieintensiven Unternehmen aus der Region durchgeführt. Die Ergebnisse wurden nun den Projektpartnern und den teilnehmenden Unternehmen vorgestellt.

„Bis zum Jahr 2045 soll Deutschland klimaneutral werden. Wasserstoff kann bei der Dekarbonisierung der Industrie eine Schlüsselrolle einnehmen. Die Planungen für ein deutschlandweites Kernnetz, das Wasserstoff zu den Verbrauchsschwerpunkten transportieren soll, sind zum Großteil abgeschlossen“, erläuterte IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz. „Für eine hinreichende Versorgung mit Wasserstoff ist allerdings der bedarfsgerechte Aufbau einer regionalen Verteilnetzinfrastruktur unabdingbar.“ Den Bedarf dafür zu ermitteln, war Ziel der Studie. „Für uns ist es wichtig zu wissen, was die Unternehmen planen und auf welchem Stand sie sind“, ergänzte Christof Epe, Geschäftsführer der NGN Netzgesellschaft Niederrhein. „Deshalb ist diese Analyse für uns ein wichtiger Gradmesser.“

Für ein umfassendes Bild des zukünftigen industriellen Wasserstoffbedarfs wurden die gasintensivsten Unternehmen aus den jeweiligen Netzgebieten, sowohl mit Anschluss an das Verteil- als auch an das Fernleitungsnetz, zur Teilnahme an der Analyse eingeladen. Die befragten Verteilnetz-Unternehmen stehen dabei in den drei betrachteten Gebieten für einen Anteil von 70 Prozent des industriellen Gasverbrauchs. „Das ist eine hervorragende Resonanz und liefert ein realitätsgetreues Bild der Situation“, freut sich Steinmetz über die große Beteiligung.

Die Unternehmen wurden über einen Zeitraum von zwei Monaten in ausführlichen Interviews zu folgenden Themenblöcken befragt: Ausgangssituation und Reifegrad, Transformationsbedarf, Wasserstoffbedarfsmengen und Standortplanung. Die Ergebnisse zeigen, dass das Thema Wasserstoff bei mehr als 60 Prozent der Unternehmen einen mittleren bis hohen Stellenwert aufweist. 50 Prozent der Betriebe planen für die Zukunft mit dem Einsatz von Wasserstoff. Die anderen 50 Prozent stehen der Entscheidung über die zukünftige Verteilung ihrer Energieträger technologieoffen gegenüber und haben noch keine Entscheidung über die Nutzung von Wasserstoff getroffen.

Ein klares Bild über die zukünftigen Mengen besteht insbesondere bei Gasgroßverbrauchern, die an das Fernleitungsnetz angeschlossen sind. Viele mittelständische Verbraucher möchten sich aktuell nicht auf Wasserstoffmengen festlegen solange diese keine Garantien zu Preisen und Verfügbarkeit erhalten. Der Preis sowie die bisher fehlende Wettbewerbsfähigkeit des Energieträgers werden als zentrale Hemmnisse für den Einsatz von Wasserstoff angesehen. Ebenso werden unklare rechtliche Rahmenbedingungen für den Verteilnetzausbau beklagt. „In diesem Punkt muss der Gesetzgeber mehr Klarheit und Planungssicherheit für die Unternehmen schaffen“, gibt Steinmetz zu bedenken.

Die Abfrage der Bedarfe hat ergeben, dass knapp 30 Prozent des aktuellen Gaseinsatzes der Verteilnetz-Unternehmen in Zukunft Wasserstoffbedarfe darstellen könnten. Hochgerechnet auf den Gesamtverbrauch der Industriekunden in den Netzgebieten entspräche das einer Menge von 800 Gigawattstunden. Die geplanten Mengen der Unternehmen im Fernleitungsnetz vervielfachen diesen Bedarf auf mehr als 5,5 Terrawattstunden.

„Für uns hat diese Analyse nochmal deutlich gemacht, dass es Hotspots in der Region gibt, an denen wir ansetzen werden. In Neuss ist da zum Beispiel der Hafen zu nennen, wo wir nun relativ gut quantifizieren können, welche Mengen dort wann benötigt werden“, beschreibt Thomas Walkiewicz, Geschäftsführer der Stadtwerke Neuss, die Teilergebnisse für das Neusser Netzgebiet.

Der Geschäftsführer der NEW Netz GmbH, Eduard Sudheimer, sieht die Fertigstellung der Analyse nicht als Abschluss, sondern als Auftakt eines kontinuierlichen Prozesses für die weitere Planung des Wasserstoffeinsatzes am Mittleren Niederrhein. „Wir haben mit dieser Analyse eine gute Grundlage geschaffen. Wir müssen im Kreise der Netzgesellschaften und der Unternehmen aber nun im Austausch bleiben und weitere Maßnahmen anschieben“.

Ähnlich sieht es Jürgen Steinmetz, der auf die resümierenden Maßnahmenvorschläge des Dienstleisters Horváth verweist: „Wichtig ist, den Gesprächs- und Informationsfaden hier nicht abbrechen zu lassen. Unternehmen mit Bedarfen sollten in den intensiven Austausch mit ihrer Netzgesellschaft gehen. Unternehmen, die in ihrer Entscheidungsfindung noch nicht so weit sind, werden wir weiterhin zu den Entwicklungen des Wasserstoffhochlaufs informieren. Unternehmen, die an dieser Analyse nicht teilgenommen haben, jedoch Planungen oder Fragen haben, können sich jederzeit für einen Austausch bei uns melden.“

Die Ergebnisse der Analyse werden aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht öffentlich zugänglich gemacht. Sie dienen den Netzbetreibern als Grundlage für ihre weitere Infrastrukturplanung. Fragen zu der Analyse beantwortet Dominik Heyer, Tel. 02151 635-395, E-Mail: dominik.heyer@mnr.ihk.de.

Bildtext: Sie haben gemeinsam den Wasserstoffbedarf der Industrie am Mittleren Niederrhein analysiert (v.l.): Eduard Sudheimer (NEW Netz GmbH), Jürgen Steinmetz (IHK Mittlerer Niederrhein), Mathias Wilberg (Netzgesellschaft Niederrhein mbH), Thomas Walkiewicz (Stadtwerke Neuss) und Matthias Deeg (Horváth AG).