Ausbildungsmarkt: Chancen für Kurzentschlossene

Ausbildungsmarkt: Chancen für Kurzentschlossene
© IHK Mittlerer Niederrhein

Stand: 05.11.2024

Für Jugendliche stehen die Chancen auf einen Ausbildungsplatz derzeit gut, dennoch bleiben viele Ausbildungsstellen unbesetzt. Die Vermittlung zwischen Ausbildungsangeboten und interessierten Bewerberinnen und Bewerbern stellt für den regionalen Ausbildungsmarkt und alle beteiligten Partner weiterhin eine wichtige Herausforderung dar. Vertreterinnen und Vertreter der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein, der Kreishandwerkerschaften Niederrhein und Mönchengladbach sowie der Agenturen für Arbeit Krefeld und Mönchengladbach unterstreichen gemeinsam: Unternehmen bieten weiterhin Ausbildungsplätze an, und interessierte Bewerberinnen und Bewerber haben auch jetzt noch die Möglichkeit, sich auf offene Stellen zu bewerben. Mit dieser Botschaft möchten die Akteure jungen Menschen Mut machen, sich auch in den kommenden Wochen aktiv um eine Ausbildung zu bemühen und so die vielen Chancen zu nutzen, die der regionale Ausbildungsmarkt aktuell bereithält.

Industrie- und Handelskammer Mittlerer Niederrhein:

Zum Stichtag 31. Oktober wurden bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein 3.783 neue Ausbildungsverträge registriert. Das ist ein Minus von 3,91 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (3.937 Verträge). Zu den beliebtesten Ausbildungsberufen gehörten Kaufleute für Büromanagement, Verkäufer/-in und Kaufleute im Einzelhandel.

„Mit diesen Zahlen liegen wir knapp unter dem Landesdurchschnitt von minus 2,4 Prozent“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz. Dabei ist die Lage in den Teilregionen des IHK-Bezirks auch dieses Jahr wieder unterschiedlich. In Mönchengladbach gibt es ein Minus von 5,53 Prozent, in Krefeld ein Minus von 7,45 Prozent, im Kreis Viersen ein Plus von 0,43 Prozent. Im Rhein-Kreis Neuss liegt das Minus bei 2,94 Prozent. So wurden in Krefeld 969 (Vorjahr: 1047) Verträge abgeschlossen, in Mönchengladbach 854 (Vorjahr: 904), im Rhein-Kreis Neuss 1.256 (Vorjahr: 1.294) und im Kreis Viersen 695 (Vorjahr: 692). „Die Gründe für die Zahlen liegen im demografischen Wandel, im Trend zum Studium und in der fehlenden Berufsorientierung“, so Steinmetz. Zudem wirkten arbeitnehmerunfreundliche Arbeitszeiten in Handel und Gastronomie, aber auch in der Industrie wenig attraktiv auf Ausbildungssuchende. „Die Zahlen zeigen, dass wir nicht müde werden dürfen, uns für die duale Ausbildung zu engagieren. Unsere Ausbildungsexperten bieten jungen Menschen auch jetzt noch eine umfassende Beratung und Unterstützung an, denn noch ist es nicht zu spät, mit einer Ausbildung zu starten.“ Die IHK werde die Schuleinsätze ihrer ehrenamtlichen Ausbildungsbotschafterinnen und -botschafter, Azubi-Speed-Datings, CheckIn sowie das Engagement der Willkommenslotsinnen und -lotsen und der Passgenauen Besetzung weiter fortsetzen und intensivieren. „Auch neue Konzepte waren erfolgreich. So wurden in unserem Pop-Up-Store in der Neusser Innenstadt rund vier Monate lang mehr als 1.500 Schülerinnen und Schüler zum Thema Ausbildung beraten und praxisnah informiert“, so Steinmetz. „Ab März 2025 wird es einen solchen Pop-Up-Store Ausbildung auch in Krefeld geben.“

Agentur für Arbeit Krefeld und Kreis Viersen:

Insgesamt haben in Krefeld und im Kreis Viersen mit 3.109 Bewerberinnen und Bewerbern 149 junge Leute mehr als im Vorjahr bei der Berufsberatung eine Ausbildungsstelle nachgefragt. Das ist eine Steigerung von 5,0 Prozent. Ihnen standen 3.594 bei der Agentur für Arbeit Krefeld erfasste Ausbildungsstellen gegenüber. Dies ist – gegenüber dem Vorjahr – ein um 28 Stellen (+0,8 Prozent) erhöhtes Angebot. Rein rechnerisch standen somit über das Ausbildungsjahr 100 Bewerberinnen und Bewerbern 114 Ausbildungsangebote offen (Vorjahr: 100 zu 121).

„Der Ausbildungsmarkt zeigt sich weiterhin als Bewerbermarkt. Sowohl auf der Bewerber- als auch auf der Ausbildungsstellenseite verzeichnen wir ein Plus gegenüber dem Vorjahr. Dies trifft auch auf die Zahl der Jugendlichen zu, die eine betriebliche Ausbildung begonnen haben. Das Interesse der Jugendlichen an einer betrieblichen Ausbildung ist vorhanden. Bei den nachgefragten Ausbildungsberufen lohnt es sich, auch Alternativen zu prüfen, um die eigenen Chancen zu erhöhen.

Das erfreulicherweise stabile Ausbildungsplatzangebot ist wie im Vorjahr höher als der Bestand an gemeldeten Jugendlichen. Die Arbeitgeber suchen Fachkräfte – der beste Weg dahin ist die Ausbildung im eigenen Betrieb. Wir werden in den nächsten Wochen gemeinsam mit unseren Partnern im Ausbildungskonsens alle Anstrengungen unternehmen, die bisher noch unversorgten Jugendlichen auf die freien Ausbildungsstellen zu vermitteln und wo dies nicht möglich ist, entsprechende Unterstützungsmöglichkeiten anzubieten“, erläutert Dr. Sarah Borgloh, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Krefeld.

Zum Ende des Berufsberatungsjahres am 30. September waren 298 Jugendliche bei der Agentur für Arbeit gemeldet, die noch eine Ausbildungsstelle suchten und auch noch keine Alternative gefunden hatten. Zu Ende September waren aber auch noch nicht alle Ausbildungsstellen besetzt. Für 346 Stellen waren die Arbeitgeber noch auf der Suche nach den geeigneten Auszubildenden.

Agentur für Arbeit Mönchengladbach und Rhein-Kreis Neuss:

Rainer Imkamp, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Mönchengladbach: „Die Unternehmen in Mönchengladbach und im Rhein-Kreis Neuss signalisieren, indem sie wieder mehr Stellen als im Vorjahr gemeldet haben: Eine Ausbildung ist ein sicherer Einstieg ins Berufsleben, und die Perspektiven sind vielfältig. Dieses Signal ist insofern wichtig, als dass junge Menschen heute mit einer wachsenden Zahl an Optionen umzugehen haben: Ausbildung starten, schulische Bildung fortsetzen, studieren, sofort Geld verdienen, Freiwilligendienst, Auslandsjahr. Dazu die Vielzahl an Ausbildungs- und Studiengängen, die zur Wahl stehen. Auch die Sorgen um die Krisen auf unserer Welt spielen hier hinein. Und nicht zuletzt der Fachkräftemangel, der den einen oder die andere vielleicht dazu verleitet, mit der Berufswahl zu warten: Kommt noch ein besseres Ausbildungsangebot? Wir spüren in der Beratung ein verändertes Berufswahlverhalten und eine veränderte Fokussierung, so dass zum 30. September weniger Ausbildungsinteressierte registriert waren als im Vorjahr und wieder etwas mehr Stellen unbesetzt gewesen sind. Das Signal der Unternehmen, mit den jungen Menschen berufliche Zukunft gestalten zu wollen, ist vor diesem Hintergrund wichtig. Und wir als Arbeitsagentur sind deshalb auch über den Stichtag hinaus dabei, noch möglichst viele suchende junge Menschen zu beraten und ihnen, wo nötig, mit unterstützender Förderung beim Einstieg ins Berufsleben zu helfen.“

Kreishandwerkerschaft Mönchengladbach:

Fachkräfte mit abgeschlossener Berufsausbildung fehlen in vielen Branchen. „Die duale Ausbildung ist daher bedeutender denn je und bietet vielen jungen Menschen beste Perspektiven auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt“, sagt Stefan Bresser, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Mönchengladbach. Die Zahl der bei der Kreishandwerkerschaft Mönchengladbach neu eingetragenen Ausbildungsverträge lag zum Beginn des Ausbildungsjahres 2024 (Stand 28.Oktober) mit insgesamt 431 Verträgen auf dem Vorjahresniveau 2023 (434 Ausbildungsverträge).

Die Entwicklung in den einzelnen Handwerkszweigen verlief dabei unterschiedlich. Die technisch anspruchsvollen Ausbildungsberufe der Kfz-Mechatroniker (87 Ausbildungsverträge), der Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizung- und Klimatechnik (62 Ausbildungsverträge) sowie der Elektroniker (67 Ausbildungsverträge) stellen die zahlenmäßig stärksten Ausbildungsberufe dar. Darüber hinaus sind folgende Ausbildungsberufe ebenfalls stark vertreten: Dachdecker 42 Ausbildungsverträge, Maler- und Lackierer 35 Ausbildungsverträge, Tischler 33 Ausbildungsverträgen sowie Friseure 23 Ausbildungsverträge. „Dies bestätigt, dass insbesondere in den Bau- und Baunebenberufen, die wir auch die Klimaschutzgewerke nennen, enormer Ausbildungsbedarf besteht, der von den Ausbildungsbetrieben auch in Ausbildungsverhältnisse umgesetzt wird“, so Bresser. Kritisch bleibe die Entwicklung indes in den Lebensmittelhandwerken. Bresser: „Die guten Ausbildungszahlen in Mönchengladbach dürfen jedoch nicht über den im Handwerk bereits jetzt bestehenden Fachkräftemangel hinwegtäuschen und dass in Mönchengladbach ca. 40 offene Ausbildungsplätze nicht besetzt werden konnten. Tatsächlich stehen offenen Ausbildungsstellen nicht hinreichend qualifizierte Bewerber oder überhaupt keine Bewerber gegenüber, weshalb Ausbildungsplätze nicht besetzt werden konnten. Auch für dieses Jahr können noch bis Ende des Jahres Ausbildungsplätze von interessierten Bewerbern besetzt werden.“

Kreishandwerkerschaft Niederrhein Krefeld-Viersen-Neuss:

„Mit rund 1.700 neuen Ausbildungsverträgen im Rhein-Kreis Neuss, Kreis Viersen und Krefeld bleibt das Handwerk auf Vorjahresniveau und zeigt damit seine Attraktivität und Vielseitigkeit“, sagt Thomas Gütgens von der Kreishandwerkerschaft Niederrhein. Trotz Fachkräftemangels halten die Betriebe ihre Ausbildungsangebote konstant und setzen vermehrt auf die Förderung neuer Talente, um die Zukunft des Handwerks zu sichern.

Gütgens: „Das Handwerk bietet vielfältige Karrieremöglichkeiten – von Kfz-Mechatronikern und Elektronikern bis hin zu Dachdeckern und Friseuren. Der Ausbildungsweg steht für alle offen, wie das Beispiel einer ehemaligen Biochemie-Studentin zeigt, die zur Tischlerin umgeschult hat und als Jahrgangsbeste abschloss.“ Um solche Fachkräfte langfristig zu begleiten, arbeiten die Kreishandwerkerschaften an einem Mentoring-Programm, das Auszubildende mit erfahrenen Handwerksmeisterinnen und -meistern verbindet und sie auf dem Weg zum Meistertitel unterstützt. „Das Handwerk bietet Menschen mit Kreativität und handwerklichem Geschick eine erfüllende Berufsperspektive“, betont Gütgens.

BILDUNTERSCHRIFT:

Sie zogen gemeinsam Bilanz zum Ausbildungsmarkt 2024 (v.l.): Thomas Gütgens (Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Niederrhein), IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz, Dr. Sarah Borgloh (Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Krefeld/Kreis Viersen), Rainer Imkamp (Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Mönchengladbach) und Stefan Bresser (Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Mönchengladbach). Foto: IHK