IHK nimmt Stellung zum Haushalt Mönchengladbach

IHK nimmt Stellung zum Haushalt Mönchengladbach
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Stand: 27.11.2024

Der Schuldenstand der Stadt Mönchengladbach steigt. Für zusätzliche Investitionen, Aufgaben und Leistungen der Stadt wird kein finanzieller Spielraum sein. Dies sind wesentliche Ergebnisse einer Analyse des Haushaltsplanentwurfs der Stadt Mönchengladbach für 2024 durch Prof. Dr. Harald Schoelen. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein hatte den Finanzwissenschaftler der Hochschule Niederrhein damit beauftragt. IHK-Vizepräsident Dr. Claus Schwenzer, Geschäftsführer der Effertz Tore GmbH, und IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz erklären in einer Stellungnahme an Bürgermeister Felix Heinrichs, dass die Stadt angesichts der Risiken im Haushaltsplanentwurf weiter sparen muss. „Ein freiwilliges Konsolidierungsprogramm mit einer umfassenden und systematischen Aufgabenkritik einschließlich einer Optimierung von Verwaltungsabläufen ist zwingend erforderlich“, sagt Steinmetz. Die IHK begrüßt, dass Politik und Verwaltung mehr Gewerbeflächen ausweisen möchten.

Die Rahmendaten für den Haushalt sind ernüchternd: Das Jahresergebnis ist stark defizitär. Das prognostizierte Minus für das Jahr 2025 liegt bei circa 98 Millionen Euro. Bis zum Jahr 2029 wird die Stadt nach derzeitigen Planungen etwa 35 Prozent ihres Eigenkapitals verlieren. Die Liquiditätskredite werden nach jetziger Prognose bereits Ende 2029 bei 808 Millionen Euro liegen. Das sind gut 360 Millionen Euro mehr als zum Ende des Jahres 2023. „Diese Entwicklung macht uns Sorgen. Der prognostizierte Anstieg von mehr als 80 Prozent innerhalb von sechs Jahren verdeutlicht, wie ernst es um die finanzielle Stabilität der Stadt bestellt ist“, so Steinmetz.

Aus Sicht des Finanzwissenschaftlers Schoelen rechnet die Stadtverwaltung zudem mit einer zu niedrigen Entwicklung der Aufwendungen ab dem Jahr 2026. „Bereits ab 2026 werden die Aufwendungen in den Bereichen Personal, Sach- und Dienstleistungen sowie (Sozial-)Transferaufwendungen deutlich zu gering dynamisiert, teilweise sogar mit abnehmenden Raten versehen. Der Ansatz 2026 sowie die Pläne bis 2029 erscheinen in ihren defizitären Jahresergebnissen unter den gegebenen Rahmenbedingungen zu gering bemessen“, so Schoelen. Die Stadt würde nach Ansicht des Gutachters bei einem realistischen Ansatz der Aufwendungen darauf zusteuern, dass die Folgehaushalte einer Genehmigungspflicht unterliegen, im schlechtesten Fall droht sogar die Haushaltssicherung.

Laut Schoelen sollte eine Haushaltskonsolidierung daher insbesondere auf der Seite des Aufwands erfolgen. So fordert er in seinem Gutachten eine systematische Aufgabenkritik: „Es gilt, einen breiten Konsens über eine elementar verstandenen Daseinsvorsorge zu finden“, empfiehlt Schoelen.

Beim Blick auf die Ertragslage der Stadt stellt der Hauptgeschäftsführer infrage, ob die Gewerbesteuereinnahmen auch in Zukunft noch so sprudeln werden wie bisher. Die Ansätze der Kämmerei sind nach Ansicht der IHK zwar seriös geplant. So wird zum Jahr 2025 ein Rückgang eingepreist, ehe es in den Jahren von 2026 bis 2029 zu einem leichten Wachstum kommt. „Angesichts der stagnierenden Konjunktur und der schwindenden internationalen Wettbewerbsfähigkeit ist im mittelfristigen Finanzplanungszeitraum auch ein Rückgang der Gewerbesteuererträge möglich“, sagt IHK-Vizepräsident Schwenzer.

Der IHK-Hauptgeschäftsführer ist erleichtert darüber, dass die Stadt der Politik empfiehlt, bei den Grundsteuerhebesätzen nicht nach Wohngebäude und Nicht-Wohngebäude zu differenzieren. „Das würde Unternehmen vor allem mittelfristig stärker belasten. Zudem ergeben sich für Kommunen große Rechtsunsicherheiten, wenn sie die Grundsteuerhebesätze differenzieren“, so Steinmetz. So ist auch der Städtetag NRW der Auffassung, dass den Kommunen bei einer der wichtigsten kommunalen Steuern im schlimmsten Fall massive Steuerausfälle drohen, wenn sie dem Modell folgen.

Eine Verbesserung der Haushaltslage könnte nach Ansicht der IHK mittelfristig durch die Neuausweisung von Gewerbeflächen und damit verbundenen Gewerbesteuer-Mehreinnahmen erzielt werden. „Die Haushaltslage zeigt, wie immens wichtig es ist, die Ausweisung von Gewerbeflächen zu beschleunigen. Die Beschlüsse des Ausschusses für Planung, Bauen und Stadtentwicklung, kurz- und mittelfristig mehr als 100 Hektar an Gewerbeflächen ausweisen zu wollen, begrüßen wir“, erklärt Schwenzer. Die nun notwendigen Verkehrs- und Altlastenuntersuchungen sollten nach Auffassung der IHK schnellstmöglich und mit hoher Priorität in Angriff genommen werden.

Positiv wertet die IHK den Investitionshaushalt. „Aus unserer Sicht sollten investive Ausgaben immer Vorrang vor konsumtiven Ausgaben haben“, erklärt Steinmetz. Und Schwenzer ergänzt: „Wir haben uns immer für eine Aufwertung der Rheydter Innenstadt eingesetzt. Für uns ist daher insbesondere der Neubau des Rathauses in Rheydt im Sinne der Standortpolitik ein bedeutendes Projekt. Es hat das Potenzial, die Qualität der Rheydter Innenstadt verbessern und weitere private Investitionen zu initiieren.“ Aus Sicht der IHK ist der Neubau machbar, aber nicht ohne Risiko: Die Zinsbelastung für Investitionskredite steigt von 9 Millionen Euro in diesem Jahr auf 17 Millionen im Jahr 2029 und verdoppelt sich damit im mittelfristigen Finanzplanungszeitraum fast. „Diese Daten zeigen im Zusammenspiel mit den hohen Defiziten, dass der Spielraum an Investitionen im vorliegenden Haushaltsplanentwurf bis zum Maximum ausgeschöpft wurde“, so Schwenzer.