"Der Einzelhandel befindet sich an einem Wendepunkt"

Stand: 17.02.2025
Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Fachkräftemangel sind wesentliche Themen, mit denen sich die Einzelhändlerinnen und Einzelhändler auch in Krefeld, Mönchengladbach, im Rhein-Kreis Neuss und im Kreis Viersen beschäftigen. Gleichzeitig sehen sie vor allem Herausforderungen durch bürokratische Hürden und den globalen Wettbewerb. Das sind wesentliche Ergebnisse der ibi-Handelsstudie, einer Analyse der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK). „Der Einzelhandel befindet sich an einem Wendepunkt“, erklärt Jürgen Steinmetz, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein. „Um noch fundiertere Erkenntnisse darüber zu gewinnen, wie die Einzelhändlerinnen und Einzelhändler in unserer Region die Entwicklungen, Herausforderungen und Perspektiven ihrer Branche derzeit einschätzen, haben wir uns an der DIHK-Studie beteiligt.“
Digitalisierung und hybride Vertriebskanäle prägen die Branche
Ein zentrales Ergebnis der Studie: Hybride Vertriebskanäle gewinnen stark an Bedeutung. Neben dem stationären Verkauf betreiben 43 Prozent der befragten Einzelhändler im IHK-Bezirk Mittlerer Niederrhein einen eigenen Online-Shop, und 25 Prozent nutzen soziale Medien als Vertriebskanal. Der Anteil rein stationärer Händlerinnen und Händler sank auf 38 Prozent, während 60 Prozent der Befragten verschiedene Vertriebskanäle nutzen. Gleichzeitig sehen sie in der Digitalisierung eine Herausforderung. Nur 22 Prozent verfügen über eine Digitalisierungsstrategie. „Vielen Händlerinnen und Händlern fehlen zeitliche Ressourcen, um sich mit dem Thema Digitalisierung eingehend beschäftigen zu können“, sagt Valerie de Groot, Beraterin Handel, Gastronomie und Tourismus bei der IHK.
Nachhaltigkeit: Potenziale und Hürden
Das Thema Nachhaltigkeit ist für viele Unternehmen relevant: 68 Prozent der befragten Händlerinnen und Händler in der Region engagieren sich aus eigener Motivation für umweltschonendere Geschäftsprozesse. „Dabei stehen Maßnahmen wie die Reduzierung von Verpackungsmaterial und Energieeffizienz im Vordergrund“, erklärt die Beraterin. Allerdings beklagen die Unternehmen, dass ihre Aktivitäten durch höhere Kosten und bürokratische Hürden gehemmt würden.
Fachkräftemangel und hohe Energiekosten belasten den Handel
Neben der Digitalisierung bleibt der Fachkräftemangel eine zentrale Herausforderung. 38 Prozent der Unternehmen beklagen fehlende Fachkräfte. Große Handelsunternehmen sind davon besonders betroffen (79 Prozent). Auch hohe Energiekosten beeinflussen die Geschäftslage: Die Hälfte der befragten Händlerinnen und Händler sieht sich durch steigende Kosten unter Druck gesetzt.
Bürokratische Belastungen und globale Konkurrenz
76 Prozent der Händlerinnen und Händler empfinden die zunehmende Bürokratie als großes Hindernis. „Insbesondere kleinere Unternehmen kämpfen mit steuerrechtlichen und buchhalterischen Vorgaben“, sagt de Groot. Gleichzeitig erschweren globale Marktplätze und Drittstaatenhändler wie die chinesischen Handelsplattformen SHEIN oder Temu den Wettbewerb. 77 Prozent der Unternehmen in der Region sehen in deren Marktmacht eine Bedrohung für das eigene Geschäftsmodell. Entsprechende politische Schritte werden derzeit auf EU-Ebene diskutiert.
Unternehmensnachfolge: Ein drängendes Thema
Für inhabergeführte Unternehmen wird die Nachfolge zu einer immer größeren Herausforderung. Fast die Hälfte der Betriebe steht in den nächsten zehn Jahren vor einem Generationswechsel. Dabei ist die Nachfolge oft noch ungeklärt, was das Risiko von Betriebsschließungen erhöht. „Deshalb raten wir dazu, sich frühzeitig mit diesem Thema zu beschäftigen und professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen“, erklärt de Groot.
Forderungen und Unterstützung
„Die Ergebnisse der Handelsstudie zeigen, dass der Einzelhandel vor vielschichtigen Herausforderungen steht, aber auch große Chancen bietet“, erklärt Steinmetz. „Die Bewältigung dieser Aufgaben erfordert nicht nur unternehmerisches Engagement, sondern auch gezielte politische Maßnahmen.“ So muss der Abbau bürokratischer Hürden – wie die Verkürzung der Aufbewahrungspflichten von Buchungsbelegen – vorangetrieben, Investitionen in digitale Technologien müssen gefördert und nachhaltige Geschäftsmodelle gestärkt werden. Außerdem müssen für internationale Online-Plattformen einheitliche europäische Standards für faire Wettbewerbsbedingungen umgesetzt werden, wie zum Beispiel eine Haftungsübernahme der Online-Händler für den Verkauf unsicherer oder illegaler Produkte oder die von der EU geplante Abschaffung der Zollfreigrenze von Paketen mit einem Warenwert unter 150 Euro.
„Wir unterstützen Händlerinnen und Händler in Form von Beratungen, Schulungen und Informationsveranstaltungen, um insbesondere bei Themen wie Digitalisierung und Nachhaltigkeit konkrete Fortschritte zu ermöglichen“, sagt de Groot. „Außerdem organisieren wir regelmäßig unser IHK-Netzwerk Innenstadt und Handel, um auch den Austausch der Branchenvertreterinnen und -vertreter in der Region zu fördern.“ Darüber hinaus lädt die IHK alle Innenstadtakteure ein, sich an der Initiative „heimat shoppen“ zu beteiligen. Eine Toolbox mit umfangreichem Marketingmaterial ist kürzlich an den Start gegangen.
Die gesamten Ergebnisse der Studie sind auf der IHK-Website zu finden: www.mittlerer-niederrhein.ihk.de/32581
Die Beraterinnen der IHK Mittlerer Niederrhein stehen Einzelhändlerinnen und Einzelhändlern zur Verfügung:
Maren-Corinna Nasemann ist Ansprechpartnerin für Händlerinnen und Händler in Mönchengladbach und im Rhein-Kreis Neuss: Tel. 02131 9268-531, E-Mail: maren-corinna.nasemann@mittlerer-niederrhein.ihk.de
Valerie de Groot berät Händlerinnen und Händler in Krefeld und im Kreis Viersen: Tel. 02151 635-313, E-Mail: valerie.deGroot@mittlerer-niederrhein.ihk.de
Rund um die Initiative „heimat shoppen“ informiert IHK-Beraterin Danielle Weyers: Tel. 02161 241-121, E-Mail: danielle.weyers@mittlerer-niederrhein.ihk.de