Schieneninfrastruktur ertüchtigen

Schieneninfrastruktur ertüchtigen
© IHK

Stand: 24.03.2025

Der Wirtschaftsstandort Rheinland – einer der größten europäischen Wirtschaftsräume – wird in der Verkehrsplanung des Bundes systematisch benachteiligt. Darauf deuten die Ergebnisse einer Studie zur Güterverkehrsprognose des Bundes (Bundesverkehrswegeplan, BVWP 2040) hin, die von der IHK-Initiative Rheinland heute in einer Landespressekonferenz vorgestellt wurden. „Der Bundesverkehrswegeplan 2040 ist die Basis für den Ausbau der Infrastruktur und hat maßgeblichen Einfluss auf die geplanten Investitionsmaßnahmen in die Schieneninfrastruktur des Rheinlandes. Diese reichen nicht aus, um das künftige Wachstum beim Schienengüterverkehr zu bewältigen“, kommentierte Jürgen Steinmetz, Hauptgeschäftsführer der IHK Mittlerer Niederrhein, die Studie. Aus ihr geht hervor, dass die Verkehrsströme aus den sogenannten ZARA-Häfen (Zeebrügge, Antwerpen, Rotterdam, Amsterdam) unterschätzt werden. Das hat gravierende Folgen für die Schieneninfrastruktur und die wirtschaftliche Entwicklung der Region. Die Industrie- und Handelskammern im Rheinland fordern daher eine realitätsnahe Anpassung der Bundesverkehrswegeplanung, um negative Auswirkungen für die Infrastruktur der Region auszuschließen. Denn im schlimmsten Fall droht dem Wirtschaftsstandort Rheinland ein Wettbewerbsnachteil.

„Die von uns beauftragte Studie zeigt, dass das Schienengüterverkehrsaufkommen aus den Seehäfen unserer westlichen Nachbarländer deutlich höher ausfallen wird als in der Verkehrsprognose 2040 des Bundes angenommen“, sagt Gregor Berghausen, Hauptgeschäftsführer der IHK Düsseldorf und Vertreter der geschäftsführenden IHK der Industrie- und Handelskammern im Rheinland. „Es braucht daher zwingend eine an den tatsächlichen Entwicklungen orientierte Prognose und darauf aufbauend ein Gesamtkonzept für den Ausbau der Schieneninfrastruktur auf diesen Korridoren“, so Berghausen weiter. Während die Bundesregierung nur ein moderates Wachstum der Seeverkehre erwartet, prognostizieren Experten für Antwerpen/Brügge und Rotterdam allein bis zu zwei Drittel mehr deutschlandrelevantes Güteraufkommen als in der Bundesprognose für alle ausländischen Seehäfen insgesamt angenommen wird. Ein vergleichbares Verhalten des Bundes hatten die Rheinland-IHKs bereits 2016 für den aktuell gültigen Bundesverkehrswegeplan festgestellt. In der Realität wurden die vom Bund für 2030 prognostizierten Mengen bereits 2019 erreicht. Diese Fehleinschätzung führt dazu, dass dringend benötigte Infrastrukturmaßnahmen nicht priorisiert werden.

„Die unzureichende Berücksichtigung des steigenden Güterverkehrs aus den ARA-Häfen verschärft bestehende Kapazitätsengpässe. Bereits heute ist die Schieneninfrastruktur in der Region an vielen Stellen überlastet, was sowohl den Güter- als auch den Personenverkehr massiv beeinträchtigt“, stellt Dr. Norbert Reinkober, Geschäftsführer des Zweckverbands go.rheinland, fest. „Hinzu kommt, dass wir selbst bei Umsetzung aller aktuellen BVWP-Projekte noch Engpässe im Netz hätten. Das zeigt, wie sehr die Bundesverkehrswegeplanung der Realität hinterherläuft.“

Besonders betroffen seien zentrale Korridore wie: Aachen – Mönchengladbach – Neuss – Düsseldorf, Aachen – Köln – Bonn – Rhein-Sieg-Kreis, Venlo – Viersen – Krefeld – Duisburg und Emmerich – Duisburg. „Diese Überlastung gefährdet die Wettbewerbsfähigkeit der gesamten Region. Eine leistungsfähige Schieneninfrastruktur ist essenziell, um den reibungslosen Waren- und Pendlerverkehr zu gewährleisten,“ so Sascha Odermatt, Geschäftsführer der Neuss-Düsseldorfer Häfen. „Ohne zusätzliche Investitionen drohen weitere Verzögerungen, höhere Transportkosten und eine verstärkte Verlagerung des Güter- und Personenverkehrs auf die ohnehin überlasteten Straßen. Das gilt für die Strecken, aber auch für die nötigen Knotenpunkte und Drehscheiben der Logistik wie den Häfen“

IHK-Hauptgeschäftsführer Steinmetz ergänzt mit Blick auf den IHK-Bezirk Mittlerer Niederrhein: „Die Studie zeigt deutlich: Wir brauchen zwingend Ausbau- und Neubaumaßnahmen, um insbesondere das prognostizierte Verkehrswachstum auf den Hinterlandkorridoren aufzunehmen. Andernfalls droht eine weitere

Verkehrsverlagerung auf die ebenfalls überlasteten Straßen.“ Die notwendigen Projekte seien allen Akteuren bekannt: Es geht um den zweigleisigen Ausbau zwischen Nettetal-Kaldenkirchen und Viersen-Dülken sowie die Umsetzung der zweigleisig, elektrifizierten und frachtfähigen Revierbahn zwischen Aachen und der Rheinschiene. „Darüber hinaus ist es auch wichtig, die letzte Meile zu stärken“, so Steinmetz. „Ein konkretes Beispiel ist das Projekt Erftsprung, das die Schienenanbindung des Neuss-Düsseldorfer Hafens und die Umschlagsmöglichkeiten deutlich verbessern würde.“      

Die IHKs im Rheinland fordern von der Bundesregierung eine Korrektur der Verkehrsprognosen sowie eine Neuausrichtung der Bundesverkehrswegeplanung. Die Kapazitäten auf den betroffenen Schienenkorridoren müssen dringend erweitert werden, um den tatsächlichen Bedarfen gerecht zu werden. Konkret bedeutet das: Die Verkehrsprognose 2040 muss an die realen Wachstumszahlen der ZARA-Häfen angepasst werden. Der Ausbau zentraler Schienenkorridore in der Bundesverkehrswegeplanung muss Priorität haben. Die Zusammenarbeit mit Belgien und den Niederlanden zur Stärkung grenzüberschreitender Infrastrukturen sollte intensiviert werden. Bereits geplante Projekte müssen beschleunigt umgesetzt werden, insbesondere Projekte im Rahmen des Investitionsgesetzes Kohleregionen.

Die Studie zum Schienenverkehr ist auf der IHK-Website zu finden unter: www.mittlerer-niederrhein.ihk.de/32462