Sonderauswertung zum Fachkräftemangel in der Region
Fachkräftemangel das größte Geschäftsrisiko –
IHK-Sonderauswertung verdeutlicht Not der Unternehmen
Trotz der wirtschaftlich unsicheren Lage suchen Unternehmen weiterhin Fachkräfte – und dies häufig erfolglos. Das geht aus einer Sonderauswertung der Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammern Mittlerer Niederrhein und Düsseldorf hervor. Obwohl die Unternehmen vor vielen Herausforderungen stehen, erreicht der Fachkräftemangel bei der Bewertung der Geschäftsrisiken ein Allzeit-Hoch. In den letzten zehn Jahren hat sich das Risiko Fachkräftemangel bei unseren Betrieben mehr als verdreifacht. Vor zehn Jahren gaben rund 18 Prozent der Unternehmen an, im Fachkräftemangel ein wesentliches Geschäftsrisiko für ihr Unternehmen zu sehen, heute sind es 56 Prozent. Damit setzt sich ein besorgniserregender Trend fort.
Fachkräftemangel als Geschäftsrisiko nach Branchen
2023 im Vergleich zu 2012
An der Konjunkturumfrage hatten sich bis Mitte Oktober knapp 750 Betriebe mit insgesamt etwa 65.000 Beschäftigten beteiligt. Die Auswertung zeigt, dass die Betroffenheit durch den Fachkräftemangel über alle Branchen hinweg ähnlich groß ist. Besonders gravierend ist dies bei den Unternehmen der Energie- und Wasserversorgung und im Baugewerbe, aber auch im Dienstleistungssektor und im Einzelhandel sucht man verzweifelt nach Personal.
In Folge des Fachkräftemangels wird die Personalsuche für Unternehmen immer schwieriger. Im Vergleich zum Vor-Corona-Niveau 2019 ist der Anteil der Unternehmen, die offene Stellen längerfristig (länger als zwei Monate) nicht besetzen können, deutlich angestiegen. Damals gaben schon 38 Prozent der Unternehmen an, offene Stellen längerfristig nicht besetzen zu können. Im Herbst 2023 gab dies mehr als jedes zweite Unternehmen in der Konjunkturbefragung an.
Die Pandemie hat für viele technische Neuerungen auf dem Arbeitsmarkt gesorgt. Ein Modell, das weiter Bestand hat, ist das Home-/Mobile-Office. Mittlerweile bieten 57 Prozent der befragten Unternehmen Ihren Mitarbeitenden die Möglichkeit an, aus dem Home-/Mobile-Office zu arbeiten. Ein wichtiger Faktor bei der Attraktivität des Arbeitgebers. 19 Prozent gaben an, dass dies aus betrieblichen Gründen überhaupt nicht möglich sei. Bei den Unternehmen, die Homeoffice anbieten, überwiegt der Anteil der Betriebe, die ein bis zwei Tage Homeoffice pro Woche anbieten. Nur knapp 5 Prozent bieten das Arbeiten zuhause unbegrenzt an. Homeoffice ist ein wichtiges Instrument, aber auch der persönliche Austausch im Betrieb ist für Unternehmen und Mitarbeitende von großer Bedeutung.
Weniger weit verbreitet ist die 4-Tage-Woche. Lediglich 6,1 Prozent der Befragten Unternehmen bietet eine 4-Tage-Woche an. Weitere 8,5 Prozent gaben an, eine Einführung der 4-Tage-Woche zu prüfen. Wenn die Betriebe eine 4-Tage-Woche anbieten, sind die Modelle sehr unterschiedlich. Die Möglichkeit der vollen Bezahlung bei 32 Stunden an vier Tagen oder 38 bis 40 Stunden an vier Tagen mit individueller Aufteilung bieten 1,3 beziehungsweise 1,6 Prozent der Unternehmen an. Die übrigen 3,2 Prozent bieten ihren Beschäftigten andere Regelungen für die 4-Tage-Woche an
Unternehmen zum Modell der 4-Tage-Woche
Antworten in Prozent
Suche bleibt oftmals über alle Qualifikationsstufen hinweg erfolglos
Die Daten zeigen, dass die Suche nach Arbeitskräften über alle Qualifikationsstufen hinweg oft erfolglos bleibt. Bei der Suche nach Fachkräften mit Berufsausbildungsabschlüssen, also Personen mit einer dualen Berufsausbildung oder einem Fachwirt- oder Meisterabschluss, melden 49 Prozent beziehungsweise 48 Prozent der befragten Unternehmen keinen Erfolg zu haben. Insbesondere im produzierenden Gewerbe bleiben 53 Prozent der Unternehmen bei der Suche nach Meistern und Fachwirten erfolglos. Auch bei der Suche nach Arbeitskräften mit Hochschulabschlüssen sind 39 Prozent der Befragten nach eigener Angabe erfolglos. Bei den Dienstleistern geben dies sogar knapp 50 Prozent an. 34 Prozent finden auch nicht genügend Bewerber ohne Berufsabschluss.
Gesuchte Qualifikationsniveaus nach Wirtschaftszweigen
Antworten in Prozent
Die IHKs machen sich daher weiterhin für die duale Berufsausbildung stark. Damit das Angebot an Fachkräften mit Bildungsabschluss zu nimmt, plädiert die IHK für eine frühzeitige und praxisnahe Berufsorientierung an den Schulen, aber auch eine Attraktivierung der Berufsschulen. Auch in der Migration sieht die IHK einen Baustein für eine Linderung des Mangels an qualifizierten Arbeitskräften. Deswegen muss auch die Schaffung bürokratiearmer und flexibler Regelungen für die Fachkräftezuwanderung aus dem Ausland vorangetrieben werden.
Aufgrund des demografischen Wandels wird es für Unternehmen immer schwerer, für bestimmte Positionen geeignete Arbeitnehmer/-innen zu finden. Im letzten Jahr haben wir die erste Fachkräfte Sonderauswertung angefertigt, um die Schwere des Problems darzustellen. Der Vergleich zur ersten Fachkräftesonderauswertung zeigt, dass in allen Bereichen eine Verschlechterung zu beobachten ist. Der Mangel an Fachkräften wird sich auch in den kommenden Jahren enorm verschärfen.