Grevenbroich 2024

Grevenbroich 2024
© IHK Mittlerer Niederrhein

In dieser Studie werden die Merkmale der Stadt Grevenbroich als Wirtschaftsstandort ausführlich untersucht. Dabei werden zunächst sowohl die Branchenstrukturen als auch ihre Entwicklungen analysiert. Zudem werden verschiedene wirtschaftliche Kennzahlen herangezogen, um Grevenbroich mit ähnlich großen und strukturierten Kommunen am Mittleren Niederrhein und in Nordrhein-Westfalen zu vergleichen. Dies ermöglicht es, die Position von Grevenbroich als Wirtschaftsstandort im Wettbewerb anhand verschiedener Indikatoren zu bewerten. Die Ergebnisse der Befragung von Unternehmen in Grevenbroich bilden den Kern der Analyse. Etwa 140 Unternehmen haben verschiedene Standortfaktoren hinsichtlich ihrer Bedeutung und Qualität bewertet.

Das Ziel der Analyse ist es, Möglichkeiten zur Verbesserung des Wirtschaftsstandorts Grevenbroich zu identifizieren und dabei zu helfen, diesen im Standortwettbewerb zu stärken und zukunftsfähig zu machen. Die IHK Mittlerer Niederrhein leitet wirtschaftspolitische Handlungsempfehlungen aus den Ergebnissen ab, die den Abschluss dieser Analyse bilden.


 

1. Wirtschaft in Grevenbroich



1.1 Branchenstrukturen und Beschäftigungsentwicklung

In Grevenbroich arbeiteten zum 30.06.2023 insgesamt knapp 22.200 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Seit 1999 ist die Beschäftigung damit um 11 Prozent gestiegen. Im Land NRW und im Rhein-Kreis Neuss gab es seit 1999 ebenfalls ein Wachstum, das jedoch deutlich stärker ausfiel (25,8 bzw. 29,6 Prozent). Bis zum Jahr 2021 entwickelte sich die Beschäftigung in Grevenbroich im Vergleich zum Land und zum Kreis nur leicht unterdurchschnittlich. In den vergangenen zwei Jahren konnten NRW und der Rhein-Kreis Neuss in der Beschäftigungsentwicklung Steigerungen verzeichnen, während die Beschäftigtenzahl in Grevenbroich sank. Dies ist insbesondere auf die Eigenschaft von Grevenbroich als Tagebau- und Kraftwerksstandort zurückzuführen.

Das Diagramm zeigt die Beschäftigungsanteile in verschiedenen Wirtschaftssektoren für das Jahr 2023 und vergleicht diese zwischen Nordrhein-Westfalen, dem Rhein-Kreis Neuss und Grevenbroich. Es ist in Form eines gestapelten Balkendiagramms dargestellt. Der Titel des Diagramms lautet

 

Wenn man die Verteilung der Beschäftigten in Grevenbroich auf die verschiedenen Wirtschaftszweige betrachtet, fällt zunächst auf, dass 1,0 Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Grevenbroich in der Land- und Forstwirtschaft tätig sind. Dieser Anteil ist höher als in Nordrhein-Westfalen und gleich mit dem im Rhein-Kreis Neuss. Das Produzierende Gewerbe ist mit 36,4 Prozent in Grevenbroich anteilig deutlich stärker vertreten als im Land und im Kreis (25,2 bzw. 25,5 Prozent).

 

Die Beschäftigtenzahl in diesem Bereich in Grevenbroich ist seit 2013 um 12,4 Prozent gesunken und erreicht den niedrigsten Stand seit zehn Jahren. Vor allem in den vergangenen zwei Jahren gab es deutliche Rückgänge. Im Land und im Kreis hingegen gab es in den vergangenen zehn Jahren ein zumindest geringfügiges Wachstum in diesem Sektor. Was auffällt: Im Verarbeitenden Gewerbe und im Baugewerbe ist die Beschäftigtenzahl von 2013 bis 2023 deutlich gestiegen. Die Rückgänge sind insbesondere auf die Wirtschaftszweige Energieversorgung und Bergbau zurückzuführen. Der Rückgang in diesen Wirtschaftszweigen hängt nicht mit der Qualität des Wirtschaftsstandorts zusammen, sondern ist auf die bundespolitische Entscheidung zurückzuführen, aus der Verstromung der Braunkohle auszusteigen. Was diese Entscheidung für den Standort Grevenbroich bedeutet, wird auch aus einer anderen Zahl ersichtlich: Diese Bereiche machen nämlich auch heute noch 9,7 Prozent der Beschäftigtenzahl in Grevenbroich aus.

 

Der Beschäftigungsanteil in den distributiven Diensten wie Handel, Gastgewerbe und Logistik ist in Grevenbroich mit 23,4 Prozent geringer als im Rhein-Kreis Neuss und etwas höher als im Land Nordrhein-Westfalen. Die anderen Branchen im Dienstleistungssektor sind hingegen weniger stark vertreten als im Land und im Rhein-Kreis. Die Beschäftigung im gesamten Dienstleistungssektor ist dabei in den vergangenen zehn Jahren in Grevenbroich spürbar gewachsen. Das Wachstum von 24,0 Prozent ist etwas stärker als im Land (23,1 Prozent) und nur leicht schwächer als im Kreis (25,7 Prozent).

1.2 Detailstrukturen

Die Analyse der Detailstrukturen wird durch die Datenverfügbarkeit erschwert. Für einige Branchen liegen aus Geheimhaltungsgründen keine konkreten Beschäftigtendaten vor. Dennoch lassen sich anhand der Daten einige Merkmale des Standorts Grevenbroich herausarbeiten.

Landwirtschaft in Grevenbroich überdurchschnittlich stark vertreten

Der Bereich Land- und Forstwirtschaft ist in Grevenbroich überdurchschnittlich stark vertreten. Dies zeigt sich am Vergleich der Beschäftigtenanteile in diesem Bereich in Grevenbroich und Nordrhein-Westfalen, dem sogenannten Lokalisationsquotienten. Der Lokalisationsquotient setzt den Beschäftigtenanteil einer Branche in Grevenbroich ins Verhältnis zum Beschäftigungsanteil dieser Branche in Nordrhein-Westfalen. Ein Wert unter 1 bedeutet einen Anteil unter dem Landesdurchschnitt, während ein Wert über 1 einen höheren Anteil als im Land anzeigt. In Grevenbroich beträgt der Lokalisationsquotient für die Land- und Forstwirtschaft 2,06, also einen doppelt so großen Beschäftigtenanteil wie im Land. Der Anteil an der Gesamtbeschäftigung in der Land- und Forstwirtschaft in Grevenbroich liegt bei 1,0 Prozent und hat sich in den vergangenen zehn Jahren mehr als verdoppelt, wenngleich der Anteil und die wirtschaftliche Bedeutung für Grevenbroich weiterhin insgesamt vergleichsweise gering bleiben.

21 Prozent der Beschäftigten im Verarbeitenden Gewerbe

Im Verarbeitenden Gewerbe sind in Grevenbroich 21,1 Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten tätig. Zum 30.06.2023 waren das 4.675 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Dies liegt leicht über dem Landesdurchschnitt, wie der Lokalisationsquotient von 1,16 zeigt. Die Industriebeschäftigung in Grevenbroich ist seit 2013 um 11 Prozent gestiegen – deutlich stärker als im Rhein-Kreis Neuss. In NRW gab es sogar einen Rückgang.

Aufgrund der insgesamt geringen Zahl an Beschäftigten unterliegen die Beschäftigtenzahlen der meisten Teilbereiche des Verarbeitenden Gewerbes aus Datenschutzgründen der Geheimhaltung, da zum Teil nur wenige Unternehmen die Beschäftigten eines gesamten Teilbereiches stellen. Zum Beispiel unterliegen die Daten der Metallerzeugung und 
-bearbeitung der Geheimhaltung, da es hier wenige und dafür große Betriebe am Standort Grevenbroich gibt.

Zwei weitere industrielle Leitbranchen des Mittleren Niederrheins sind in Grevenbroich überdurchschnittlich stark präsent – die Ernährungsindustrie (mit 576 Beschäftigten, Anteil: 2,6 Prozent, Lokalisationsquotient: 1,50) sowie die Chemische Industrie (mit 404 Beschäftigten, Anteil: 1,8 Prozent, Lokalisationsquotient: 1,30).

Die Hersteller von Metallerzeugnissen haben dagegen ihre Mitarbeiterzahlen in Grevenbroich – gegen den Landestrend – reduziert. Die Branche kommt im Jahr 2023 nur noch auf 168 Mitarbeitende (27 Prozent weniger als zehn Jahre zuvor).

Baugewerbe mit deutlichem Beschäftigungsaufbau

Betrachtet man das Baugewerbe, in dem 4,6 Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten am Arbeitsort Grevenbroich tätig sind, sieht man, dass es eine unterdurchschnittliche Bedeutung im Vergleich zum Land NRW hat. Der Lokalisationsquotient liegt bei 0,88. Dabei konnte die Branche in Grevenbroich in den vergangenen zehn Jahren mit 20,7 Prozent stark wachsen. Allerdings waren die Beschäftigungssteigerungen in NRW (23,7 Prozent) sowie im Rhein-Kreis Neuss (44,7 Prozent) größer. In allen drei Teilbereichen (Hochbau, Tiefbau, Vorbereitende Baustellenarbeiten) sind die Beschäftigtenzahlen gestiegen. Besonders groß war das Plus mit 24,1 Prozent im zuletzt genannten Wirtschaftszweig, der mit einen Beschäftigtenanteil von 3,7 Prozent auch der bedeutendste ist.

13 Prozent der Beschäftigten arbeiten im Handel

Im Handel insgesamt arbeiten knapp 2.900 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in Grevenbroich. Das sind 12,9 Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten. Der Lokalisationsquotient liegt bei 0,92. Die Branche ist dabei mit 6,9 Prozent schwächer gewachsen als der Handel in NRW, allerdings stärker als im Rhein-Kreis Neuss. Im Land legte sie um 11,9 Prozent zu, im Kreis um 3,7 Prozent.

Der Handel lässt sich in drei Teilbereiche untergliedern. Während die Beschäftigung im Bereich des Handels mit Kraftfahrzeugen in Grevenbroich im Vergleich zum Land NRW leicht überdurchschnittlich hoch ist (Lokalisationsquotient: 1,2), sind der Großhandel (Lokalisationsquotient: 0,76) und der Einzelhandel (Lokalisationsquotient: 0,96) schwächer vertreten. Nur der KfZ-Handel ist in Grevenbroich stärker gewachsen als im Land (+16,3 Prozent im Vergleich zu +7,3 Prozent).

Verkehrsdienstleister mit überdurchschnittlicher Bedeutung

In der Branche Verkehr und Lagerei arbeiten 8,3 Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Grevenbroich. Der Lokalisationsquotient liegt damit bei 1,48. Die Branche ist in Grevenbroich in den vergangenen zehn Jahren um rund 62 Prozent gewachsen. Diese Entwicklung ist stärker als im Land und im Kreis (31,7 Prozent und 9,4 Prozent).

Das Gastgewerbe ist in Grevenbroich im Vergleich zum Land unterdurchschnittlich stark vertreten. Hier arbeiten insgesamt 2,2 Prozent aller Beschäftigten. Allerdings sind die Mitarbeiterzahlen höher als vor zehn Jahren. Das Wachstum von 33,6 Prozent liegt über dem Landes- (23,2 Prozent), aber unter dem Kreisdurchschnitt (37,8 Prozent).

Alle unternehmensnahen Dienstleistungsbereiche weniger wichtig als im Land

Alle unternehmensnahen Dienstleistungszweige sind in Grevenbroich weniger stark vertreten. Der Wirtschaftszweig Information und Kommunikation, die Erbringung von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen, das Grundstücks- und Wohnungswesen, die Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen und auch die Erbringung von sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen sind nur wenig bedeutsam in Grevenbroich (Beschäftigtenanteile von zusammen 10,4 Prozent – im Vergleich NRW: mehr als 22 Prozent).  Alle diese Branchen weisen einen Lokalisationsquotienten im Bereich zwischen 0,32 und 0,54 auf. Dies zeigt, welch großen Abstand der Beschäftigtenanteil in Grevenbroich zum Landesschnitt aufweist. Deutlich gewachsen sind die technischen Dienstleister. Angesichts der Bedeutung von technischen Dienstleistungen im anstehenden Transformationsprozess ist dies eine positive Botschaft.

Überdurchschnittliche Bedeutung des Gesundheitswesens

Im Gesundheits- und Sozialwesen arbeiten 17 Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Grevenbroich. Das sind insgesamt knapp 3.800 Beschäftigte. Der Anteil ist damit geringfügig größer als im Land (Lokalisationsquotient: 1,01), wobei das Wachstum der Branche in Grevenbroich in den vergangenen zehn Jahren mit 20,3 Prozent schwächer war als im Land und im Kreis (31,0 bzw. 46,8 Prozent). Während das Gesundheitswesen im Vergleich zum Land unterdurchschnittlich repräsentiert ist (Lokalisationsquotient in Grevenbroich: 0,71), haben Heime und Sozialwesen eine überdurchschnittliche Bedeutung (Lokalisationsquotienten: 1,33 bzw. 1,30).

Der Wirtschaftszweig Erziehung und Unterricht hat in Grevenbroich nur eine unterdurchschnittliche Bedeutung verglichen mit dem Land NRW (Lokalisationsquotient: 0,5). Knapp über 450 Beschäftigte arbeiten dort, was einem Anteil von 2,1 Prozent an der Gesamtbeschäftigung entspricht. Seit 2013 ist der Bereich um 11,5 Prozent geschrumpft. Im Land und im Kreis war die Entwicklung dagegen positiv (31,4 bzw. 9,2 Prozent). Die Bereiche Kunst und Unterhaltung sowie die Erbringung sonstiger Dienstleistungen sind in Grevenbroich im Vergleich zum Land unterdurchschnittlich vertreten (Lokalisationsquotienten: 0,71 bzw. 0,79), wachsen aber dynamischer.

1.3 Volkswirtschaftliche Kennzahlen im Vergleich

Die einzelnen Wirtschaftsstandorte stehen in einem stetigen Wettbewerb um Investoren, Unternehmen und damit auch um Arbeitsplätze. Anhand von regionalwirtschaftlich relevanten Indikatoren wird im folgenden Kapitel überprüft, welche Position die Stadt Grevenbroich im Vergleich mit anderen Standorten einnimmt. Dabei wird Grevenbroich zunächst mit Gemeinden des IHK-Bezirks Mittlerer Niederrhein verglichen, die eine ähnliche Größe aufweisen. Dies sind folgende Kommunen: Dormagen, Kaarst, Meerbusch, Viersen und Willich. Zusätzlich werden die Durchschnittswerte des Rhein-Kreises Neuss für die Einordnung der Werte herangezogen.

Arbeitslosenquote im Zehn-Jahres-Vergleich

 

Die Arbeitslosenquote liegt in Grevenbroich bei 5,2 Prozent und ist damit niedriger als im Rhein-Kreis Neuss (5,6 Prozent) und NRW (7,2 Prozent). Von den Kommunen ähnlicher Größe aus der Region kommen allerdings nur Viersen und Dormagen auf höhere Werte – die Arbeitslosenquoten in Kaarst, Meerbusch und Willich liegen unter dem Grevenbroicher Wert.

2023 gab es in Grevenbroich 1889 gemeldete Arbeitslose. Diese Zahl war damit rund 13 Prozent geringer als noch zehn Jahre zuvor. Der Rückgang ist größer als im Rhein-Kreis Neuss und im nordrhein-westfälischen Durchschnitt. Nur in Viersen war der Rückgang höher. In Dormagen und Meerbusch ist die Zahl der Arbeitslosen sogar gestiegen.

Kaufkraft und Zentralität

 

Mit einem Wert von 101,5 liegt die einzelhandelsrelevante Kaufkraft in Grevenbroich leicht über dem bundesdeutschen Durchschnitt (100). Im Rhein-Kreis Neuss ist sie höher. Dafür sorgen vor allem die Städte Meerbusch und Kaarst mit ihrer deutlich überdurchschnittlichen Kaufkraft.

Die Zentralitätskennziffer gibt an, wie viel der Kaufkraft im Ort selbst verbleibt, also vor Ort auch ausgegeben wird. Ein Wert größer als 100 zeigt dabei an, dass Kaufkraft aus anderen Kommunen in die jeweilige Kommune zufließt, ein Wert von unter 100 deutet auf einen Kaufkraftabfluss hin. Der Wert von 103,9 in Grevenbroich zeigt also an, dass ein Teil der Kaufkraft aus umliegenden Kommunen zufließt. Grevenbroich schneidet damit besser ab als die meisten vergleichbaren Kommunen und der Rhein-Kreis Neuss.

Steuereinnahmekraft und Realsteueraufbringungskraft

Da im Hinblick auf eine Beurteilung der Steuereinnahmen und Verschuldung weitere strukturelle Faktoren wichtig sind, um Grevenbroich mit anderen Kommunen zu vergleichen, werden bei diesem Vergleich zusätzlich noch entsprechende Vergleichskommunen hinzugezogen, die durch eine Analyse des RWI – Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung als Vergleichskommunen identifiziert worden sind. Diese ähneln Grevenbroich zum Beispiel in Bezug auf ihre Größe und die Aufgabengebiete, die die Kommune erfüllen muss.

 

Die Steuereinnahmekraft in Grevenbroich lag im Jahr 2023 bei 1.596 Euro je Einwohner. Sie ist damit geringer als im Rhein-Kreis Neuss und im Land NRW und liegt auch leicht unter dem Schnitt vergleichbarer Kommunen aus Nordrhein-Westfalen. Auch verglichen zu den Kommunen der Region Mittlerer Niederrhein schneidet Grevenbroich schlechter ab.

 

Die Realsteueraufbringungskraft der Gewerbesteuer je Einwohner in Grevenbroich lag 2023 bei 717 Euro je Einwohner. Der Wert in Grevenbroich ist geringer als die Durchschnittswerte in NRW und im Rhein-Kreis Neuss sowie in den Vergleichskommunen aus NRW und der regional näheren Vergleichskommunen am Mittleren Niederrhein.

 

Die Steuereinnahmekraft je Einwohner hat sich in Grevenbroich im Vergleich zum Jahr 2018 um rund 10 Prozent verringert. Sowohl im Land als auch im Kreis war die Entwicklung positiv besser. Auch in den Vergleichskommunen im Land und am Mittleren Niederrhein war die Entwicklung etwas besser. Das liegt insbesondere an der Gewerbesteuerentwicklung. Die Realsteueraufbringungskraft der Gewerbesteuer ist in Grevenbroich in der gleichen Zeit um rund 33 Prozent zurückgegangen. Im Land und in den Vergleichskommunen konnten insgesamt deutliche Steigerungen verzeichnet werden.

Auch bei diesem Indikator werden die Herausforderungen als Tagebau- und Kraftwerksstandort immens deutlich. Schaut man sich die 45-Jahre-Zeitreihe der Realsteueraufbringungskraft je Einwohner an, sieht man, dass Grevenbroich im Durchschnitt gewerbesteuerkräftiger war als die NRW-Kommunen im Schnitt. Die Zeitspanne von 2019 bis 2023 ist der erste Vier-Jahres-Zeitraum seit Beginn der Messung 1978, in dem die Stadt Grevenbroich in jedem Jahr weniger gewerbesteuerstark war als die NRW-Kommunen im Durchschnitt. Die Implikationen des Strukturwandels für den städtischen Haushalts sind immens.

Verschuldung

 

Die öffentliche Verschuldung in Grevenbroich liegt deutlich unter dem NRW-Schnitt. Zum Stichtag 31.12.2022 lag die Bruttoverschuldung bei 2.011 Euro je Einwohner. Im Rhein-Kreis Neuss und in den Vergleichskommunen am Mittleren Niederrhein ist der Durchschnittswert etwas höher. Ein Blick in die vergleichbaren Kommunen aus NRW zeigt, dass Grevenbroich hierbei ebenfalls deutlich unter dem Durchschnitt liegt. Mit Blick auf die Kassenkredite je Einwohner im Kernhaushalt erzielt Grevenbroich einen Wert von 235 Euro je Einwohner. Hier liegt Grevenbroich ebenfalls deutlich unter dem NRW-Schnitt und auch unter dem Schnitt aller vergleichbaren Kommunen in NRW und im IHK-Bezirk.

Realsteuerhebesätze

Der Grundsteuerhebesatz (B) liegt in Grevenbroich mit 625 Punkten unter dem Durchschnitt finanzwissenschaftlich vergleichbarer Kommunen aus Nordrhein-Westfalen, aber über dem der Kommunen in der Region. Der Satz liegt auch über dem Schnitt im Rhein-Kreis Neuss.

Der Gewerbesteuerhebesatz ist in Grevenbroich mit 450 Punkten leicht unter dem Schnitt der Hebesätze der Vergleichskommunen vom Mittleren Niederrhein und des Rhein-Kreises Neuss und der Vergleichskommunen aus dem Land. Allerdings ist das gesamte Bundesland NRW ein Hochsteuerland. 

 

2. Ergebnisse der Unternehmensbefragung

Um die Stärken und Schwächen des Wirtschaftsstandorts Grevenbroich zu ermitteln, hat die IHK Mittlerer Niederrhein zum Jahresbeginn 2024 eine Unternehmensbefragung durchgeführt, bei der rund 140 Betriebe geantwortet haben. Vertreten sind dabei Unternehmen aller Wirtschaftsbereiche.

Bei der Befragungsaktion bewerteten die Betriebe rund 40 Standortfaktoren unter zwei Gesichtspunkten: hinsichtlich der Bedeutung (Wichtigkeit) für den eigenen Betrieb sowie hinsichtlich ihrer Zufriedenheit mit dem jeweiligen Faktor. Die Bewertung wurde auf einer Schulnotenskala von 1 bis 6 vorgenommen, wobei 1 eine Bewertung von sehr wichtig beziehungsweise sehr zufrieden darstellt und 6 für vollkommen unwichtig beziehungsweise sehr unzufrieden steht.

Die Ergebnisse werden im Folgenden aufgegliedert in Kategorien:

  1. Harte Standortfaktoren
  2. Innerstädtische Standortfaktoren
  3. Kommunale Kosten und Leistungen
  4. Arbeitsmarktrelevante Standortfaktoren

Zur Einordung der Ergebnisse werden die Zufriedenheitsbewertungen in Grevenbroich zusätzlich mit den Ergebnissen der vorherigen Standortbefragungen am Mittleren Niederrhein seit 2020 sowie mit den Ergebnissen der letzten Befragung in Grevenbroich im Jahr 2019 verglichen.

2.1 Grevenbroich als Wirtschaftsstandort

In der Befragung sollten die Unternehmerinnen und Unternehmer zunächst Grevenbroich allgemein als Wirtschaftsstandort bewerten. Hierbei erhielt Grevenbroich die Note 2,98. Bei vergangenen Standortanalysen der IHK Mittlerer Niederrhein seit 2020 lag die Durchschnittsnote bei 2,65. Mit dieser Bewertung schneidet Grevenbroich also etwas schlechter ab als der Durchschnitt der Wirtschaftsstandorte am Mittleren Niederrhein in den letzten Jahren.

 

Schaut man in die einzelnen Themenfelder und ihre Zufriedenheitsbewertungen, zeigt sich, dass die verschiedenen Standortfaktoren insgesamt im Durchschnitt in Grevenbroich mit der Zufriedenheit 3,44 bewertet werden. Das ist schlechter als im Schnitt am Mittleren Niederrhein in den vergangenen Jahren. Der Blick in die einzelnen Themenfelder zeigt, dass Grevenbroich als Wirtschaftsstandort aus Sicht der antwortenden Unternehmen in den Themenbereichen kommunale Kosten und Leistungen und Innenstadt deutlich hinter dem Mittleren Niederrhein liegt. Während die Arbeitsmarktfaktoren nur leicht unter dem Durchschnitt vom Mittleren Niederrhein liegen, erreichen die harten Standortfaktoren eine bessere Durchschnittsnote.

Nichtsdestotrotz lohnt ein Blick in die Einzelbewertungen, um zu sehen, welche Standortfaktoren besonders für gute oder schlechtere Bewertungen in den Themenbereichen verantwortlich sind und wo in Grevenbroich Entwicklungspotenziale zu finden sind.

Die folgende Aufzählung gibt zunächst einen Überblick über die zehn insgesamt wichtigsten Standortfaktoren aller Themenfelder aus Sicht der Unternehmen in Grevenbroich. Der insgesamt wichtigste Faktor ist die Informations- und Kommunikationsinfrastruktur. Zusammen mit der Verkehrsanbindung an das Straßen- und Autobahnnetz und der Höhe des Gewerbesteuerhebesatzes bilden diese die Top-3-Faktoren. Des Weiteren spielen auch der Grundsteuerhebesatz, die Höhe der öffentlichen Gebühren, der Zustand der überörtlichen Straßeninfrastruktur (Landstraßen, Autobahnen) und die Energiekosten eine wichtige Rolle für die Grevenbroicher Unternehmerinnen und Unternehmer.

Die 10 wichtigste Standortfaktoren

  1. Informations- und Kommunikationsinfrastruktur (Internet etc.)
  2. Verkehrsanbindung an das Straßen- und Autobahnnetz
  3. Höhe des Gewerbesteuerhebesatzes
  4. Höhe des Grundsteuerhebesatzes
  5. Höhe öffentlicher Gebühren
  6. Zustand der überörtlichen Straßeninfrastruktur (Landstraßen, Autobahnen)
  7. Energiekosten
  8. Gutes Wohnumfeld für Mitarbeitende
  9. Miet- und Pachtpreise
  10. Behördliche Reaktionszeit

2.2 Bewertung im Detail

Im Folgenden werden die einzelnen Standortfaktoren in den Themenfeldern im Hinblick auf ihre Bedeutung und die durch die Unternehmer gegebene Zufriedenheitsbewertung untersucht. Die Abweichung der Zufriedenheitsbewertung zum Mittleren Niederrhein wird anhand der Bewertungslücke (Differenz zwischen Note in Grevenbroich und dem Schnitt des Mittleren Niederrheins in den letzten fünf Jahren) gekennzeichnet. Eine große negative Lücke zeigt dabei an, dass die Bewertung in Grevenbroich schlechter ist als am Mittleren Niederrhein.

Die Unternehmen in Grevenbroich haben außerdem bewertet, wie bedeutsam die einzelnen Standortfaktoren für ihre Tätigkeit sind, da ein besonderes Augenmerkt all jenen Faktoren gelten sollte, die als wichtig angesehen werden, aber eine besonders positive oder auch besonders negative Bewertung erhalten haben. Daher werden die Faktoren in den Abbildungen absteigend nach ihrer Wichtigkeit dargestellt.

Um auch die individuelle Entwicklung des Standorts zu berücksichtigen, werden die Zufriedenheitsbewertungen der aktuellen Umfrage in Grevenbroich mit den Ergebnissen aus der letzten Befragung im Jahr 2019 verglichen.

2.2.1 Harte Standortfaktoren

 

Informations- und Kommunikationsinfrastruktur (IuK) verbessert

Der wichtigste Standortfaktor in diesem Themenfeld (sowie der wichtigste aller Faktoren in der Umfrage) ist die IuK. Sie umfasst sowohl die Breitbandinfrastruktur als auch den Mobilfunkempfang und erhält von den Unternehmen in Grevenbroich die Note 2,90. Die positive Bewertungslücke zum Mittleren Niederrhein beträgt 0,26, was einen deutlichen Vorsprung zum restlichen IHK-Bezirk darstellt. Dieser wichtige Faktor für die Grevenbroicher Unternehmen erhält damit eine überaus positive Bewertung. Zu betonen ist hier zusätzlich, dass sich die Bewertung dieses Faktors trotz erheblich gestiegener Anforderungen seit der letzten Umfrage erheblich verbessert hat. In diesem Handlungsfeld hat die Kommune ihre Hausaufgaben gemacht.

Gute Note für die Verkehrsanbindung an das Straßen- und Autobahnnetz

Der nächste wichtige Faktor in diesem Themenfeld ist die Verkehrsanbindung an das Straßen- und Autobahnnetz. Er erhält von den Unternehmen in Grevenbroich die Note 2,04. Die Bewertung ist fast identisch zum Durchschnitt am Mittleren Niederrhein und hat sich seit der letzten Umfrage im Jahr 2019 um 0,20 Prozentpunkte verbessert. Gerade in Richtung Köln hat sich die Verkehrslage in den vergangenen Jahren wieder verbessert.

Auch weitere Verkehrsinfrastruktur gut bewertet

Der nächste wichtige Faktor in diesem Themenfeld bezieht sich wieder auf die Verkehrsinfrastruktur. Der Zustand der überörtlichen Straßen wird mit 2,74 ebenfalls ordentlich bewertet und kann mit dieser Bewertung mit dem Niveau der letzten Umfrage mithalten. Zum Mittleren Niederrhein gibt es allerdings eine Bewertungslücke von -0,11 Prozentpunkten.

Energiekosten werden kritisch bewertet

Ein weiterer wichtiger Faktor für die Unternehmen sind die Energiekosten. Sie werden mit 3,70 bewertet. Diese Bewertung spiegelt die Energiepreisproblematik wider, wie sie auch den Rest der Wirtschaft in Deutschland und in der Region betrifft. Die Bewertung hat sich seit 2019 entsprechend auch deutlich verschlechtert.

Ladeinfrastruktur ähnlich bewertet wie am Mittleren Niederrhein

Der Faktor „Möglichkeiten für nachhaltiges Wirtschaften am Standort“ wird erst seit 2021 mit erhoben, gehört jedoch aus Sicht der Grevenbroicher Unternehmen bereits zu den wichtigeren harten Standortfaktoren. Das nachhaltige Wirtschaften am Standort erhält jedoch nur eine 3,30, was schlechter ist als am Mittleren Niederrhein. Die Ladeinfrastruktur für E-Fahrzeuge, wenngleich (noch) ein weniger bedeutsamer Faktor, erhält mit einer 3,84 eine nicht mehr zufriedenstellende Note, die allerdings zumindest im Schnitt des restlichen IHK-Bezirks liegt.

Die Nähe zu wichtigen Kunden erhält die gute Note 2,76 und liegt damit im Schnitt des Mittleren Niederrheins, wurde aber mit der Note 2,53 im Jahr 2019 noch deutlich besser bewertet. Das Angebot an unternehmensnahen Dienstleistern (3,23) und der Faktor Image und Bekanntheitsgrad des Standorts (3,47) erhalten lediglich durchschnittliche Bewertungen. Beide Faktoren werden schlechter bewertet als am restlichen Mittleren Niederrhein. Der Standort ist in einem immensen Strukturwandelprozess. Der Aufbau eines neuen Image kostet Zeit.

Die Anbindung an den ÖPNV wird mit der Note 3,30 bewertet – und damit ähnlich wie im Durchschnitt am Mittleren Niederrhein. Angesichts des Fachkräftemangels dürfte eine gute ÖPNV-Erreichbarkeit perspektivisch ein immer bedeutenderer Standortfaktor werden. Die Anbindung an den Luftverkehr (2,60) und die Schienenwege (2,97) werden besser als der Durchschnitt am Mittleren Niederrhein bewertet. Immerhin: Alle drei Faktoren haben bessere Bewertungen erhalten als 2019. Von diesen Faktoren haben vor allem die letzten beiden die geringste Bedeutung für die Grevenbroicher Unternehmen. Dennoch sind diese Faktoren für einzelne, größere und global tätige Unternehmen bedeutsam und damit ein wichtiger Standortfaktor.

Das Wohnungsangebot ist für die Grevenbroicher Unternehmerinnen und Unternehmer einer der weniger wichtigen Faktoren und erhält eine der schlechteren Bewertungen in diesem Themenfeld, wird jedoch besser bewertet als im Schnitt am Mittlerer Niederrhein. Der Faktor hat sich allerdings seit 2019 um 0,20 Prozentpunkte verschlechtert.

2.2.2 Innerstädtische Standortfaktoren

 

Parkplatzangebot als wichtigster Innenstadt-Faktor

Der wichtigste Faktor, das Parkplatzangebot, wird mit 3,24 insgesamt durchschnittlich bewertet. Allerdings ist die Bewertung somit im Schnitt des Mittleren Niederrheins. Der Standortfaktor wird besser bewertet als 2019 in Grevenbroich. Auch die Bewertung der Parkgebühren hat sich seit 2019 verbessert. Dennoch liegt Grevenbroich mit 3,30 deutlich unter der Bewertung am Mittleren Niederrhein im Schnitt. Eine gute Erreichbarkeit ist für Handelsstandorte weiterhin von immenser Bedeutung. Deswegen müssen beide Standortfaktoren weiterhin im Blick behalten werden.

Sicherheit im Stadtzentrum negativ bewertet

Der nächstwichtige Faktor in diesen Themenfeld ist die Sicherheit im Stadtzentrum. Die Bewertung ist seit 2019 um 0,4 Prozentpunkte gesunken und liegt nun bei 3,39. Die Bewertung ist schlechter als am Mittleren Niederrhein im Schnitt, so wie bei jedem folgenden Faktor in diesem Themenfeld.

Innerstädtische Verkehrsinfrastruktur besser bewertet als 2019

Sowohl die innerstädtischen Verkehrsverhältnisse (3,13) als auch der Zustand des innerörtlichen Straßennetzes (3,23) wurden von den Unternehmen in Grevenbroich besser bewertet als 2019. Beide Standortfaktoren werden allerdings in Grevenbroich kritischer gesehen als am Mittleren Niederrhein.

Einkaufsmöglichkeiten in Grevenbroich werden kritisiert

Das Stadtbild wird mit 3,47 nicht gut bewertet. Im Vergleich zur Vorumfrage gibt es hier ebenfalls eine spürbare Verschlechterung. Auch beim Branchenmix beziehungsweise den Einkaufsmöglichkeiten (3,96) erhält Grevenbroich schlechtere Bewertungen als noch vor fünf Jahren. Diese Bewertung ist deutlich schlechter als in der restlichen Region.

Auch das Freizeitangebot kann nicht punkten

Auch das Naherholungs- und Freizeitangebot (3,44) und das kulturelle Angebot (3,71) werden nur mit durchschnittlichen Noten von den Grevenbroicher Unternehmen bewertet. Die Bewertungen haben sich seit 2019 nur geringfügig verschlechtert.

2.2.3 Kommunale Kosten und Leistungen

 

Höhe von Steuern und Gebühren sind die wichtigsten Faktoren

Im Themenfeld der kommunalen Kosten und Leistungen ist die Höhe des Gewerbesteuerhebesatzes der wichtigste Faktor für die Unternehmen. Er wird mit 4,08 deutlich schlechter bewertet als am Mittleren Niederrhein im Schnitt. Im Vergleich zur Vorumfrage ist die Bewertung dieses Faktors damit jedoch weitgehend stabil geblieben. Erhöhungen bei der Gewerbesteuer hat es in dieser Zeit nicht gegeben. Der Gewerbesteuerhebesatz in Grevenbroich liegt mit 450 Punkten etwa im Schnitt des Mittleren Niederrheins. Allerdings ist die gesamte Region ein steuerteurer Standort. Der durchschnittliche Hebesatz liegt bundesweit bei circa 435 Punkten. Die Gewerbesteuerhebesätze liegen somit deutlich über dem Bundesschnitt.

Die Höhe des Grundsteuerhebesatzes wird mit 4,15 deutlich negativer bewertet als am restlichen Mittleren Niederrhein. Hier spiegelt die Bewertung wider, dass der Hebesatz in Grevenbroich deutlich über dem Kreisdurchschnitt liegt und auch zuletzt noch erhöht wurde. Auch die Höhe der öffentlichen Gebühren schneidet mit 3,83 schlechter ab als am Mittleren Niederrhein im Schnitt. Im Vergleich zur Vorumfrage hat sich die Bewertung dieses Faktors nur leicht verschlechtert.

Kritischere Bewertung der behördlichen Erreichbarkeit

Auch bei den kommunalen Leistungen haben sich die Bewertungen seit der letzten Umfrage verschlechtert. Die behördlichen Reaktionszeiten sowie die Erreichbarkeit der Behörden erhalten mit 3,67 beziehungsweise 3,58 unterdurchschnittliche Noten, die verglichen zu 2019 spürbar schlechter sind. Der Digitalisierungsgrad der Verwaltung und die Kommunikation mit der Kommunalverwaltung erhalten mit 3,98 beziehungsweise 3,54 ebenfalls keine positiven Bewertungen. Auch die Dauer von Plan- und Genehmigungsverfahren wird unterdurchschnittlich und deutlich schlechter bewertet als in der Vorumfrage. Die Bewertungen deuten insgesamt auf Potenziale hin, um die Standortvoraussetzungen vor Ort für Unternehmen zu verbessern.

Angebote der Wirtschaftsförderung erhalten Note 3,7

Mit Blick auf die Wirtschaftsförderung in Grevenbroich ergeben sich ebenfalls Hinweise auf Potenziale. Sowohl die Bestandspflege ortsansässiger Betriebe als auch die Service- und (Netzwerk-)Angebote der Wirtschaftsförderung werden deutlich negativer gesehen als im Schnitt im IHK-Bezirk. Allerdings ist der zuletzt genannte Standortfaktor im Vergleich zur Vorumfrage stabil geblieben. Die Veranstaltungen der Wirtschaftsförderung erhalten mit der Note 3,61 die drittbeste Bewertung in diesem Themenfeld.

2.2.4 Arbeitsmarktrelevante Faktoren

 

Fachkräftemangel auch in Grevenbroich

In dem Themenfeld der arbeitsmarktrelevanten Standortfaktoren geht es vor allem um jene Faktoren, die die Bildung, Bindung und Akquise von Fachkräften beeinflussen. Am wichtigsten ist den Grevenbroicher Unternehmen hierbei, dass gute Arbeitskräfte lokal verfügbar sind. Die lokale Verfügbarkeit der Fachkräfte sowie deren Qualifikation werden mit der Note 3,86 beziehungsweise 3,83 bewertet, damit etwas schlechter als 2019 und auch schlechter als am Mittleren Niederrhein. Hier wird sichtbar, dass die Wirtschaft in Grevenbroich in einem ähnlichen Maße vom Fachkräftemangel betroffen ist wie der Rest des Landes. Passend dazu ist den Unternehmen auch wichtig, dass den Mitarbeitenden ein gutes Wohnumfeld geboten wird. Die Bewertung schneidet mit 2,97 gut ab und ist identisch zum Durchschnitt am Mittleren Niederrhein.

Lernqualität an Schulen nicht zufriedenstellend

Auch die Lernqualität an den Schulen der Region hat für die Unternehmen einen hohen Stellenwert. Die Lernqualität an allgemeinbildenden Schulen wird mit 3,75 deutlich schlechter als am restlichen Mittleren Niederrhein bewertet. Ähnlich sieht es auch mit der Lernqualität an Berufsschulen aus, die eine 3,58 erhält. Bei beiden Faktoren gab es im Vergleich zur letzten Umfrage eine auffällige Verschlechterung. Die Zusammenarbeit zwischen Betrieben und Schulen ist mit einer Bewertung von 3,42 durchschnittlich.

Die Möglichkeiten zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf werden mit 3,30 deutlich besser als in der Vorumfrage 2019, aber immer noch schlechter als im Schnitt am Mittleren Niederrhein bewertet. Die Weiterbildungsangebote werden durchschnittlich, das Angebot an Hochschulen mit einer 2,69 dagegen insgesamt recht positiv bewertet.

 

3. Fazit und Handlungsempfehlungen

Die Standortanalyse Grevenbroich zeigt ein ambivalentes Ergebnis auf. Die Arbeitslosigkeit ist gering, die Kaufkraft hoch und die Beschäftigung ist im Dienstleistungssektor und im Verarbeitenden Gewerbe in den vergangenen zehn Jahren spürbar gewachsen. Die Unternehmensumfrage untermauert, dass die Betriebe insbesondere mit vielen harten Standortfaktoren zufrieden sind beziehungsweise zufriedener als noch vor fünf Jahren. Die überörtliche Erreichbarkeit des Standorts über die Straße ist und bleibt ein großer Standortvorteil.

Dennoch zeigt die Analyse ebenfalls, vor welchen Herausforderungen der Standort Grevenbroich durch den Strukturwandel steht, der auf die bundespolitische Entscheidung zurückzuführen ist, aus der Braunkohle auszusteigen. Die Beschäftigung insgesamt ist durch den Wegfall von Arbeitsplätzen im Bereich Energieversorgung und Bergbau in den vergangenen zwei Jahren zurückgegangen. Noch immer sind mehr als 9 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in den dazugehörigen Branchen tätig. Grevenbroich ist von einer eher überdurchschnittlich steuerstarken Kommune zu einer eher steuerschwachen Kommune geworden.

Aber auch bei der Unternehmensumfrage gab es Kritik: Die innerstädtischen Standortfaktoren – als Visitenkarte des Wirtschaftsstandorts – wurden weniger positiv bewertet. Zudem sind die Unternehmen mit dem Image nicht zufrieden. Und beim Themenfeld Kommunale Kosten und Leistungen müssen die Kritikpunkte der Unternehmen angegangen werden.

Die IHK Mittlerer Niederrhein schlägt Folgendes den Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern in Grevenbroich vor, um die Standortqualität der Stadt zu verbessern:

RAL Gütezeichen Mittelstandsorientierte Kommunalverwaltung

Die kommunalen Leistungen werden von den Unternehmen als weniger zufriedenstellend eingeschätzt. Das RAL Gütezeichen Mittelstandsorientierte Kommunalverwaltung ist ein gutes Signal nach außen, um die Wirtschaftsfreundlichkeit der Mitarbeitenden zu dokumentieren. Die Stadt Grevenbroich sollte eine Zertifizierung mit dem RAL Gütezeichen beantragen. Das gibt der Kommune die Möglichkeit, zu erfassen, in welchen Bereichen weitere Potenziale stecken, um die Wirtschaftsfreundlichkeit weiter zu erhöhen – gerade im Hinblick auf die Herausforderungen des anstehenden Strukturwandels sollte die Stadt diese Chancen nutzen.

Innerstädtische Verkehrsverhältnisse verbessern: L361n angehen

Die innerstädtischen Faktoren wurden von den Unternehmen kritischer als in der Gesamtregion bewertet. Deswegen sollte die Kommune mit den überörtlichen Behörden den Lückenschluss der L361n angehen. Die L361n verbindet die nördlichen Stadtteile Grevenbroichs mit dem überregionalen Straßennetz. Durch eine fehlende Ortsumgehung in Kapellen ist der Verkehrsdruck groß. Ein entsprechender Lückenschluss würde die Bürgerinnen und Bürger entlasten, und das Industriegebiet Ost würde besser angebunden werden. Verbunden mit der Renaturierung der Erft bietet sich eine nachhaltige Ausgleichsmaßnahme für Natur und Mensch. Wir fordern den Lückenschluss der L361n.

Erreichbarkeit von Innenstadt und Bahnhof verbessern, Höhe der Parkgebühren überprüfen

Die innere Verkehrsinfrastruktur der Stadt Grevenbroich wird der wachsenden Wohnsiedlungsentwicklung nicht mehr gerecht. Wir fordern gerade mit Blick auf die Berufspendler ein verbessertes Infrastrukturkonzept für die Erreichbarkeit des Bahnhofs Grevenbroich. Im Wettbewerb der Standorte sind kleine und mittlere Städte auf ein attraktives Angebot an Parkraum und eine bessere Erreichbarkeit angewiesen. Einfache Wegebeziehungen sind Grundlagen hierfür. Die Höhe der Parkgebühren der städtischen Parkplätze sollte überprüft werden. Durch zu hohe Parkgebühren sehen Kunden von einem Besuch der Innenstadt ab. Eine Reduzierung der Parkgebühren könnte allerdings eine Maßnahme sein, um die Innenstadt wieder zu beleben. Die Innenstadt von Grevenbroich hat als Mittelzentrum Potenzial für einen weiteren Kaufkraftzufluss.

Strukturwandel erfordert weitreichende Gewerbeflächenpolitik

Die Analyse zeigt, dass die Kommune einiges tun muss, um weiter steuerkräftig zu bleiben und die hohe Anzahl an sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Grevenbroich halten zu können. Dazu ist es auch erforderlich, dass Gewerbeflächen für ansiedlungsinteressierte Unternehmen geschaffen werden.

Raum für Hyperscale-Rechenzentren

In Grevenbroich werden Flächen reserviert, die im Zusammenhang mit der Ansiedlung von Hyperscale-Rechenzentren und der Digitalpark-Strategie des Rhein-Kreises Neuss stehen. Im Ortsteil Wevelinghoven sind circa 23 Hektar regionalplanerisch dargestellt worden. Die Fläche muss nun bauleitplanerisch vorbereitet werden. In Grevenbroich-Neurath ändert die Stadt Flächennutzungs- und Bebauungsplan, um auf 12 Hektar entsprechende Potenziale, auch für die Ansiedlung von mittleren und größeren Betrieben, zu schaffen. Wir erwarten, dass sich aus der Kombination Hyperscale-Rechenzentrum und Digitalpark weitere positive Effekte für Ansiedlungen und neue Geschäftsmodelle ergeben. Diese Entwicklungen müssen nun mit schnellen Planungs- und Genehmigungsverfahren unterstützt werden.

Digital- und Innovationspark Kraftwerk Frimmersdorf

Die Entscheidungen für eine Nachnutzung der Kraftwerksflächen in Frimmersdorf sind gefallen. Künftig soll dort ein Digital- und Innovationspark entstehen. Ankernutzer wird IT.NRW sein. Das landeseigene Rechenzentrum soll in der Maschinenhalle platziert werden und so Denkmalschutz und wirtschaftliche Nachnutzung möglich machen. Die Entwicklung hin zu einem Digital- und Innovationspark bietet die Chance, weitere Unternehmen aus der Digitalbranche anzusiedeln. Der Erfolg hängt maßgeblich davon ab, dass das Land NRW seine Zusage zur Ansiedlung des Rechenzentrums in die Tat umsetzt. Dies ist vor einer Unterschutzstellung rechtlich sicherzustellen. Mit der neuen Strategie ist eine Aufgabe von 70 Hektar industrietauglicher Fläche verbunden. Mit Blick auf den zunehmenden Verlust von Industrieflächen in unserer Region erwartet die IHK Mittlerer Niederrhein eine Kompensation.

Kraftwerk Neurath und Umfeld im Einklang mit der Energiewende entwickeln

Der ursprüngliche östliche Standort der fünf Kraftwerksblöcke Neurath ist stillgelegt. Die im Jahr 2012 ans Netz gegangenen BoA-Blöcke sollen mit dem vorzeitigen Kohleausstieg im Jahr 2030 stillgelegt werden. Am Standort bietet sich die Option, auch ein wasserstofffähiges Gaskraftwerk zu errichten. Die Entwicklung des Standorts Neurath und dessen Umfeld sollte perspektivisch weiter auf Energiethemen einzahlen. Der Standort eignet sich für die Energieerzeugung sowie weitere Betriebe, die eine gute Netzanbindung benötigen, wie Speicherkraftwerke oder eine Batteriezellenproduktion. Hierfür bieten sich auch die landesbedeutsamen Flächen (LEP VI) an. Die Entwicklung dieses Standorts muss im Gleichschritt mit den energiepolitischen Entscheidungen vorangetrieben werden. Die Fläche sollte für industrielle und energetische Nutzungen vorgehalten werden.

Industriepark Elsbachtal weiterführen

Die Kommunen Jüchen und Grevenbroich bereiten in Zusammenarbeit mit der RWE Power AG die Entwicklung des interkommunalen Industriegebiets an der B59n vor. Hier wurde auf einer Fläche von 50 Hektar ein Angebot für emittierende und flächenintensive Betriebe des Produzierenden und Verarbeitenden Gewerbes geschaffen, die derzeit unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten entwickelt und vermarktet werden. Vor dem Hintergrund des anstehenden Strukturwandels bietet das Standortumfeld ein großes strategisches Potenzial für eine Ausdehnung des Flächenangebots. Im Regionalplan Düsseldorf wurden weitere 92 Hektar als Potenzialfläche dargestellt. Für diese Fläche muss die Bauleitplanung angestoßen werden.

 

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