Bewachungsgewerbe: Unterrichtung oder Prüfung
Die Einführung der Sachkundeprüfung im Bewachungsgewerbe führt zu Abgrenzungsproblemen. Nur "wer gewerbsmäßig Leben oder Eigentum fremder Personen bewachen will“, muss eine Unterrichtung oder Sachkundeprüfung vorweisen.
Diese fünf Tätigkeitsgebiete:
- Kontrollgänge im öffentlichen Verkehrsraum oder in Hausrechtsbereichen mit tatsächlich öffentlichem Verkehr,
- Schutz vor Ladendieben,
- Bewachung im Einlassbereich gastgewerblicher Diskotheken,
- leitende Bewachung von Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünften und anderen Immobilien und Einrichtungen, die der auch vorübergehenden amtlichen Unterbringung von Asylsuchenden oder Flüchtlingen dienen, und
- leitende Bewachung von zugangsgeschützten Großveranstaltungen,
hat der Gesetzgeber dem Erfordernis einer Sachkundeprüfung zugeordnet.
Für die übrigen Tätigkeiten reicht die Teilnahme an einer Unterrichtung aus. Die Unterrichtung muss mindestens 40 Unterrichtsstunden umfassen.
Die verschiedenen Tätigkeitsgebiete der Sicherheitsdienstleister müssen ausgelegt und Fallgestaltungen aus der Praxis daraufhin überprüft werden, ob sie unter den Anwendungsbereich der Sachkundeprüfung fallen. Im Folgenden finden Sie eine erste unverbindliche Zuordnung verschiedener Bewachungstätigkeiten auf Grundlage der Gesetzesbegründung und von Gesprächen mit Vertretern der Gewerbeämter. Es ist letztendlich entscheidend, wie die Gewerbeämter einzelne Tätigkeitsbereiche zuordnen. Die Industrie- und Handelskammern haben dabei lediglich beratende Funktion.
Für folgende Tätigkeiten ist weder ein Unterrichtungs- noch ein Sachkundenachweis erforderlich:
Für folgende Tätigkeiten benötigt der Gewerbetreibende keine Erlaubnis und die Mitarbeiter weder einen Unterrichtungs- noch einen Sachkundenachweis:
- Ausübung von bewachenden Tätigkeiten durch Angestellte / Mitarbeiter des Objektbetreibers
- Ausschließliche Entgegennahme und Weiterbildung von Alarmmeldungen durch Notrufzentralen, Installation von Notruf-, Alarmanlagen
- Signalposten, sofern nicht im Zusammenhang damit weitere Aufgaben wahrgenommen werden, die als Bewachungstätigkeit einzustufen sind
- Babysitter
- Kinderbetreuung in Kaufhäusern
- Kartenabreißer (ohne Zugangskontrolle und -verweigerung; z. B. bei Konzerten oder im Stadion)
- Hostessendienst
- Auskunftserteilung bei Messen, Informationsschaltern etc.
- Parkplatzanweiser/-ordner – soweit nur Zugangsberechtigung geprüft wird und geordnetes Parken ermöglicht werden soll
- Reine Fahrer- und Kurierdiensttätigkeiten (außer, es werden Personen oder besonders wertvolle Gegenstände befördert / transportiert und es ist offensichtlich bzw. vertraglich geregelt, dass auch Bewachungstätigkeiten vorgenommen werden sollen, vgl. Geld- und Werttransport)
- Geldbe- und -verarbeitung, Geldsortierung und -konfektionierung, soweit andere Personen die Bewachung der Wertgegenstände übernehmen
- Revierfahrer
Bewachungstätigkeiten liegen nur dann vor, wenn „fremde“ Gegenstände bewacht werden. Angestellte in einem Kaufhaus, die die Aufgaben haben auf die Waren aufzupassen, bewachen keine fremden Gegenstände. Folglich muss das im Kaufhaus angestellte Personal keine Sachkundeprüfung nach § 34a GewO absolviert haben. Angestellte, die Pfortendienste ausüben, bewachen ebenfalls kein fremdes Gebäude, folglich liegt keine Tätigkeit im Sinne des § 34a GewO vor, eine Unterrichtung ist nicht erforderlich.
Die Unterrichtungsbescheinigung muss vorliegen, wenn es sich um folgende Tätigkeiten handelt:
- Geld- und Werttransporte
- Pfortendienste, soweit eine Zugangskontrolle und nicht nur reine Informationsvergabe vorgenommen wird
- Tätigkeit im Auslassbereich einer Diskothek, die von dem Einlassbereich getrennt ist (dort wird häufig die Verzehrrechnung kassiert)
- Zugangskontrolle bei Gaststätten (soweit keine Diskothek, vgl. unten)
- Zugangskontrolle mit ggf. Zutrittsverweigerung bei sonstigen Veranstaltungen (z. B. Konzerten),
inkl. Durchsuchungen nach unerlaubten Gegenständen am Eingang - Zugangskontrolle mit ggf. Zutrittsverweigerung zum (Fußball-)Station
- Posten an den Stadiontoren, die als Fluchtweg nicht verschlossen sind, der unberechtigte Zutritt jedoch verhindert werden muss
- Bewachungspersonal direkt vor der Bühne oder vor dem Backstage-Bereich (z. B. zum Schutz der Musiker)
- Bewachungspersonal bei Veranstaltungen direkt in den sog. Wellenbrechern, die für Ordnung sorgen und ggf. bewusstlose Besucher bergen sollen
- Zugangskontrolle mit ggf. Zutrittsverweigerung wegen Überfüllung in Bierzelten
- Nach Dienstschluss „Revierwachmann“ in verschlossenen öffentlichen Gebäuden sowie in und um abgezäunten Firmengebäuden
- Personenschützer unabhängig von öffentlichen oder nicht öffentlichen Verkehrsraum
- Haushüter mit Schwerpunkt Bewachungstätigkeit
- Tätigkeit als Museumswächter (hier sitzt die Wachperson in einem Raum, der ab und zu gewechselt wird – Hauptleistung bleibt aber Bewachung der Museumsräume in abwechselnder Reihenfolge – als im Stand). Die Tätigkeit in Museen wird von den zuständigen Behörden teils unterschiedlich eingestuft. Deshalb sollten sich Bewachungsgewerbetreibende oder ihre Mitarbeiter dort erkunden, was tatsächlich als Nachweis gefordert wird.
Teilnahme am Unterrichtungsverfahren: Für alle Mitarbeiter, die mit der Durchführung von Bewachungsaufgaben beschäftigt werden sollen, schreibt die Bewachungsverordnung ein mindestens 40-stündiges Unterrichtungsverfahren vor.
Folgende Prüfungszeugnisse werden als Nachweis der erforderlichen Unterrichtung anerkannt:
- Die Sachkundeprüfung nach § 5c Abs. 6 BewachV
- Ein einschlägiger Berufsabschluss, wie z.B. IHK-geprüfte Werkschutzfachkraft, geprüfter Werkschutzmeister, Fachkraft für Schutz und Sicherheit, geprüfter Meister für Schutz und Sicherheit, geprüfte Schutz- und Sicherheitskraft etc.
- Abschlüsse im Rahmen einer Laufbahnprüfung zumindest für den mittleren Polizeivollzugsdienst, auch im Bundesgrenzschutz, für den mittleren Justizvollzugsdienst sowie für Feldjäger in der Bundeswehr
Die Sachkundeprüfung muss abgelegt werden, wenn es sich um folgende Tätigkeiten handelt:
- Kontrollgänge im öffentlichen Verkehrsraum
(wie z. B. öffentliche Straßen, Bahnhöfe, Wege, Parkanlagen, Vorplätze von öffentlich zugänglichen Gebäuden) oder
Kontrollgänge in Hausrechtsbereichen mit tatsächlich öffentlichem Verkehr
(wie z. B. private Räumlichkeiten oder privates Gelände, die der Eigentümer der Allgemeinheit, also keinem speziell vorab feststellbaren Personenkreis, zugänglich macht; Flughäfen, Schulgebäude, Krankenhäuser, z. T. in Universitäten und Kongresshallen und – soweit frei zugänglich Gerichte, Sportanlagen aller Art, Einkaufszentren);
Unter Kontrollgängen versteht man das Bewachen durch Umhergehen oder Umherfahren in einem größeren Raum. Die Bewachung besteht gerade im Kontrollgehen; nicht, wenn verschiedene Gebäude in einer Straße/Stadt (stationär) bewacht und die Wege zwischen den verschiedenen Gebäuden von Zeit zu Zeit zu Fuß oder mittels Auto zurückgelegt werden. Revierfahrer sind folglich nicht erfasst. Kontrollgänge müssen dabei die Hauptleistung der Bewachung sein. Selbst regelmäßiger Raumwechsel, z. B. im Museum (verschiedene Räume werden abwechselnd bewacht), wird in der Regel nicht als Kontrollgang eingeordnet (Achtung: Bitte bei zuständiger Behörde erkundigen!) - Schutz vor Ladendieben
- Bewachung im Einlassbereich von gastgewerblichen Diskotheken;
Gewerbeämter können bspw. bei Erlaubniserteilung für Diskotheken anordnen, dass die Zugangskontrolle zur Diskothek von Personal ausgeübt wird, dass die Sachkundeprüfung nach § 34a Abs. 1 Satz 6 GewO absolviert haben muss, auch wenn das Personal bei dem Diskothekenbesitzer angestellt ist. Solche Auflagen seitens der Gewerbeämter können auch bei anderen Veranstaltungen erteilt werden. - Leitende Bewachung von Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünften und anderen Immobilien und Einrichtungen, die der auch vorübergehenden amtlichen Unterbringung von Asylsuchenden oder Flüchtlingen dienen
- Leitende Bewachung von zugangsgeschützten Großveranstaltungen
Seit 2016 muss darüber hinaus jeder Bewachungsunternehmer, d.h. jeder, der ein Bewachungsunternehmen selbstständig betreibt oder mit der Leitung eines solchen Unternehmens beauftragt ist, eine Sachkundeprüfung ablegen. Wer bereits vor dem 01.12.2016 eine Erlaubnis auf der Grundlage eines Unterrichtungsnachweises erhalten hat, oder wer am 01.01.2003 seit mindestens drei Jahren befugt und ohne Unterbrechung im Bewachungsgewerbe Tätigkeiten nach den Nummern 1 bis 3 ausgeführt haben, muss nachträglich keinen Sachkundenachweis erbringen. Die entsprechende Erlaubnisbescheinigung muss jedoch auf Verlangen der Behörde vorgelegt werden können. Diese Ausnahme gilt nicht für beschäftigte Personen. Diese müssen immer für die Ausübung der Tätigkeiten des § 34a Absatz 1a Satz 2 Nummer 1 bis 5 Gewerbeordnung den Sachkundenachweis erbringen (§ 17 Absatz 3 BewachV iVm § 5a Absatz 2 Nr. 4 BewachV iVm § 34a Absatz 1a Satz 2 GewO). Eine vor dem 1.12.2016 abgelegte Sachkundeprüfung zu den Nummern 1 bis 3 genügt nicht.