Fachkräftemangel: Risiko Nummer 1

Fachkräftemangel: Risiko Nummer 1
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Stand: 15.12.2023

Trotz der angespannten wirtschaftlichen Lage stellt der Fachkräftemangel aktuell das größte Geschäftsrisiko für die Betriebe dar. Vor allem Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit einer dualen Berufsausbildung werden gesucht. Das ist das Ergebnis einer Umfrage der Industrie- und Handelskammern Mittlerer Niederrhein und Düsseldorf bei 750 Unternehmen aus der Region. „Unser Report zeigt außerdem: Das Modell der 4-Tage-Woche, das in den Medien häufig als Instrument für die Gewinnung von Fachkräften genannt wurde, ist für die große Mehrheit der Betriebe in unserer Region überhaupt kein Thema“, erklärt Jürgen Steinmetz, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein.

Die Zahlen aus der IHK-Umfrage verdeutlichen, wie angespannt die Personalsituation in den Betrieben ist. 56,4 Prozent der Betriebe sehen im Mangel an qualifizierten Mitarbeitenden ein wesentliches Geschäftsrisiko für die kommenden zwölf Monate. Keines der weiteren abgefragten Geschäftsrisiken – etwa die Energiekosten, die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen oder die Entwicklung der Inlandsnachfrage – kam auf diesen Wert. In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Bedeutung des Risikos dabei mehr als verdreifacht. „Die Konjunktur lahmt, und trotzdem haben wir einen Arbeitnehmermarkt“, erklärt Steinmetz. Besonders gravierend ist das Problem in der Bauwirtschaft. Dort sehen 74 Prozent der Betriebe im Fachkräftemangel ein wesentliches Geschäftsrisiko. Dazu passt: Im Vergleich zum Vor-Corona-Niveau 2019 ist der Anteil der Unternehmen, die offene Stellen längerfristig – das heißt länger als zwei Monate – nicht besetzen können, deutlich angestiegen. Im Herbst 2023 gaben dies gut 55 Prozent der Betriebe an. Im Dienstleistungssektor waren es knapp 59 Prozent der Befragten, im produzierenden Gewerbe 58 Prozent.

Die Unternehmen suchen Arbeitskräfte aus allen Qualifikationsstufen. Die größten Schwierigkeiten melden Unternehmen, die Beschäftigte mit Abschlüssen suchen. Für Berufsausbildungsabschlüsse, also einem Fachwirt oder Meisterabschluss oder eine duale Berufsausbildung, melden 48 Prozent beziehungsweise 49 Prozent der befragten Unternehmen eine erfolglose Suche. Für den IHK-Hauptgeschäftsführer zeigt dies: Die duale Berufsausbildung ist ein Schlüssel zur Linderung des Fachkräftemangels im eigenen Betrieb. „Ich rate allen Unternehmen, die noch nicht ausbilden, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen“, so Steinmetz. „Als IHK stehen wir den Betrieben mit Rat und Tat und einer Vielfalt von Dienstleistungen zur Seite.“

In der aktuellen Diskussion um mögliche Instrumente zur Verbesserung der Arbeitgeberattraktivität wird häufig über die 4-Tage-Woche diskutiert. Lediglich 6,1 Prozent der befragten Unternehmen bieten eine 4-Tage-Woche an. Weitere 8,5 Prozent gaben an, eine Einführung der 4-Tage-Woche zu prüfen. „Bei Betrieben mit festen Öffnungszeiten oder einem 3-Schicht-System ist eine 4-Tage-Woche nur schwer umsetzbar“, so Steinmetz. Wenn die Betriebe eine 4-Tage-Woche anbieten, sind die Modelle sehr unterschiedlich. Die Möglichkeit der vollen Bezahlung bei 32 Stunden an vier Tagen oder 38 bis 40 Stunden an vier Tagen mit individueller Aufteilung bieten 1,3 beziehungsweise 1,6 Prozent der Unternehmen an. Die übrigen 3,2 Prozent bieten ihren Beschäftigten andere Regelungen für die 4-Tage-Woche an.

Ein seit der Corona-Pandemie etabliertes Instrument für mehr Arbeitgeberattraktivität ist Homeoffice. Mittlerweile bieten 57 Prozent der befragten Unternehmen aus der Region ihren Mitarbeitenden die Möglichkeit an, im Homeoffice zu arbeiten, wenn es dies die jeweilige Tätigkeit erlaubt. „19 Prozent gaben allerdings an, dass dies aus betrieblichen Gründen überhaupt nicht möglich sei“, so Steinmetz. Bei den Unternehmen, die Homeoffice anbieten, überwiegt der Anteil der Betriebe, die ein bis zwei Tage Homeoffice pro Woche anbieten. Nur knapp 5 Prozent bieten das Arbeiten zuhause unbegrenzt an. „Homeoffice ist ein wichtiges Instrument, aber auch der persönliche Austausch im Betrieb ist für Unternehmen und Mitarbeitende von großer Bedeutung“, sagte Steinmetz. „Deswegen glaube ich nicht daran, dass das ausschließliche Arbeiten zuhause ein Modell der Zukunft ist.“

Alle Zahlen und Fakten finden Sie unter www.mittlerer-niederrhein.ihk.de/29008