IHK stellt Standortanalyse Willich vor

IHK stellt Standortanalyse Willich vor
© IHK Mittlerer Niederrhein

Stand: 08.12.2023

Die Unternehmerinnen und Unternehmer in Willich geben ihrem Standort die Note 2,22. Sie schätzen die Verkehrsanbindung und den Service der Wirtschaftsförderung. Und: Bei vielen wichtigen volkswirtschaftlichen Indikatoren, wie zum Beispiel der Steuerkraft je Einwohner, schneidet Willich im interkommunalen Vergleich gut ab. Das sind wesentliche Ergebnisse der Standortanalyse Willich, die die Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein im Gründerzentrum vorgestellt hat. „In den vergangenen Jahren hat keine Kommune bei unseren Befragungen besser abgeschnitten“, erklärte IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz. „Dennoch zeigt etwa die geringe Zufriedenheit mit der Dauer von Plan- und Genehmigungsverfahren, dass auch der Standort Willich noch Verbesserungspotenziale hat.“

In Willich haben zum 30. Juni 2022 insgesamt rund 17.500 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte gearbeitet. Von allen kreisangehörigen Kommunen am Mittleren Niederrhein hat Willich damit nach den Kreisstädten Neuss und Viersen sowie dem ebenfalls wirtschaftsstarken Standort Kempen das beste Verhältnis von Beschäftigten am jeweiligen Arbeitsort und Einwohnern. „Das zeigt: Willich ist ein echter Wirtschaftsstandort“, so Gregor Werkle, Leiter Wirtschaftspolitik bei der IHK Mittlerer Niederrhein. Seit 1999 ist die Beschäftigung sehr deutlich gewachsen (36,7 Prozent). Im Land NRW und im Kreis Viersen hingegen gab es im gleichen Zeitraum „nur“ ein Wachstum von 24,9 beziehungsweise 17,7 Prozent. „Das überdurchschnittliche Wachstum in Willich liegt an der exzellenten Lage, die sich durch den Bau der Flughafenbrücke an der A44 weiter verbessert hat, und der Verfügbarkeit von freien Gewerbeflächen – insbesondere durch die Entwicklung der Gewerbegebiete Münchheide und Stahlwerk Becker“, erklärte Werkle.

Beim Vergleich wichtiger volkswirtschaftlicher Indikatoren Willichs mit Kommunen ähnlicher Größe und dem Land NRW fällt besonders positiv auf: Die Arbeitslosigkeit ist gering, die Steueraufbringungskraft ist groß. Die Kaufkraft ist zwar im Vergleich zum Bund und zum Land überdurchschnittlich hoch, liegt allerdings unter einigen Vergleichskommunen wie zum Beispiel Kaarst oder Meerbusch. „Dennoch zeigt das Ergebnis, dass Willich es geschafft hat, sich sowohl als Wohn- als auch als Wirtschaftsstandort zu positionieren“, sagte Werkle. Kritisch fällt die niedrige Zentralitätskennziffer ins Auge, die anzeigt, dass Willich Kaufkraft an die umliegenden Kommunen verliert. „Keine andere Kommune am Mittleren Niederrhein ist von den beiden Oberzentren Krefeld und Mönchengladbach sowie der Landeshauptstadt Düsseldorf dermaßen eingekreist wie Willich“, betonte Werkle. „Deswegen ist das kein Zeichen mangelnder Attraktivität.“

Die insgesamt positiven Ergebnisse werden auch durch die Resultate einer Unternehmensbefragung bestätigt. Daran haben sich knapp 150 Willicher Betriebe beteiligt. Sie bewerteten den Standort insgesamt sowie mehr als 40 Standortfaktoren mit einer Schulnote zwischen 1 und 6. „Das Urteil für den Standort insgesamt fällt zufriedenstellend aus“, erläuterte Steinmetz. Willich schneidet in allen vier Themenfeldern (Harte Standortfaktoren, Kommunale Kosten und Leistungen, Innenstädtische Standortfaktoren, Arbeitsmarktfaktoren) besser ab als die übrigen Kommunen am Mittleren Niederrhein im Durchschnitt.

Willichs Stärke bei den harten Standortfaktoren ist vor allem die Erreichbarkeit. Steinmetz: „Die Verkehrsanbindung an das Straßen- und Autobahnnetz wird mit 2,04 gut bewertet. Sie ist den Betrieben auch besonders wichtig.“ Die Anbindung an den Luftverkehr wird von den Unternehmen hervorgehoben. Problematischer wird dagegen die ÖPNV-Anbindung bewertet. Die Note 4,04 ist sogar noch schlechter als bei der vergangenen Umfrage. „Wir erhalten immer wieder Nachrichten von Betrieben aus den Gewerbegebieten, dass Ausbildungsverträge nicht zustande kommen, weil es keine passende Busverbindung gibt“, mahnte Steinmetz.

Einer der wichtigsten Standortfaktoren für die Unternehmen ist die Informations- und Kommunikationsinfrastruktur. „Die Note 2,86 ist deutlich besser als am Mittleren Niederrhein im Schnitt und deutlich über dem Niveau von vor fünf Jahren“, erklärte Steinmetz. „Diese im Vergleich gute Bewertung ist sicherlich auch auf das Wirken der Kommunalverwaltung zurückzuführen.“

Bei den Standortfaktoren rund um die Kommunalen Kosten und Leistungen schneidet die Stadt ebenfalls insgesamt positiv ab. „Die Wirtschaftsförderung erhält gute Noten, der Gewerbesteuerhebesatz wird besser bewertet als in der Region im Schnitt. Gleiches gilt für die Kommunikation mit der Kommunalverwaltung“, fasste Steinmetz das gute Ergebnis zusammen. Allerdings zeigt die Umfrage auch: Bei der behördlichen Reaktionszeit, der Erreichbarkeit der Verwaltung und insbesondere bei der Dauer von Plan- und Genehmigungsverfahren kommt Willich auf schlechtere Noten als am Mittleren Niederrhein im Durchschnitt. Diese Standortfaktoren werden schlechter bewertet als vor fünf Jahren. „Trotz des insgesamt positiven Bilds ist das sicherlich ein Handlungsfeld. Jetzt steht die Vermarktung und finale Entwicklung von Münchheide V an. Da sind schnelle Genehmigungsverfahren ein bedeutender Faktor.“ Steinmetz animierte die Stadt, das RAL-Gütesiegel „Mittelstandsorientierte Kommunalverwaltung“ zu beantragen. „Willich hat die besten Voraussetzungen dafür, das Gütesiegel schnell zu erhalten. Beim Zertifizierungsprozess werden auch vorhandene Schwächen, die zu den schwachen Bewertungen der Dauer von Plan- und Genehmigungsverfahren geführt haben, identifiziert.

Die Zufriedenheit mit dem Wirtschaftsstandort spiegelte sich zum Teil auch in der anschließenden Diskussion mit Bürgermeister Christian Pakusch, IHK-Vizepräsident Rainer Höppner (Höppner Moden) und Christian Cichon (Cichon Personalmanagement GmbH) wider. So berichtete Cichon, dass er mit seinem Unternehmen unter anderem deswegen nach Willich gezogen sei, weil er den Gewerbesteuerhebesatz und die Infrastruktur schätze: „Hier können wir alles bündeln, sind aber auch schnell bei unseren Kunden und unseren anderen Standorten.“ Darüber hinaus hätten Stadt und Wirtschaftsförderung ein Büro-Objekt zur Verfügung gestellt, das dazu beitrage, gerne zur Arbeit zu gehen. „Die Stadt Willich hat sich sehr gut um uns gekümmert“, betonte er.

Zu einer lebenswerten Stadt, die für Unternehmen mit Blick auf die Gewinnung von Mitarbeitenden immer wichtiger wird, gehören auch attraktive Innenstädte mit einem vielseitigen Freizeitangebot. „In den vergangenen Jahren hat sich hier einiges getan“, betonte Höppner. „Es war richtig, dass der Bürgermeister das Citymanagement zur Chefsache gemacht hat.“ Die Besucherfrequenz gehe in allen Städten zurück. „Umso wichtiger sind unsere vielen Feste, die natürlich auch eine Menge Geld kosten. Da sind wir Händler und Ehrenamtliche gemeinsam mit der Wirtschaftsförderung gut unterwegs. “ Um dies überhaupt zu ermöglichen, habe die Politik wichtige strategische Entscheidungen getroffen. Kritisch sieht Christian Cichon das Gastronomie-Angebot: „Da könnte man noch etwas tun.“

Unternehmerinnen und Unternehmer aus dem Publikum kritisierten vor allem das ÖPNV-Angebot. „Innerstädtisch müssen wir noch besser werden, aber das ist auch alles eine finanzielle Frage“, erklärte Pakusch und sprach sich dafür aus, das On-Demand-Angebot auszubauen. Dabei handelt es sich um ein Mobilitätsangebot, das sich nach der Nachfrage richtet. Steinmetz bot an, die Bedürfnisse der Unternehmen gemeinsam mit der Stadt im Rahmen einer Befragung oder eines Workshops zu erarbeiten.

Einig waren sich alle, dass die Planungs- und Genehmigungsverfahren auf allen politischen Ebenen vereinfacht werden müssen. „Was Politik da macht, ist unverantwortlich“, betonte Steinmetz mit Blick auf gesetzliche Vorschriften und Regelungen, die Unternehmen und Wirtschaftsstandorte in ihrer Entwicklung hemmen.

Bei allem Lob für die Verwaltung verwies er am Ende der Diskussion noch einmal auf die Umfrageergebnisse, die Verbesserungspotenzial aufzeigen: „Da benötigen wir strukturelle Lösungen“, betonte er. „Das haben Sie in der Hand.“ Pakusch entgegnete, dass seine Verwaltungsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter verinnerlichen müssten, dass „der Chef hinter ihnen steht“. Ihm gehe es darum, die Spielräume gesetzlicher Zwänge zugunsten der Unternehmen auszuloten und auszureizen.

Die komplette Analyse ist zu finden unter:

www.mittlerer-niederrhein.ihk.de/30455

 

Bildunterschrift:

Sie diskutierten über den Wirtschaftsstandort Willich (v.l.): IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz, Bürgermeister Christian Pakusch, Christian Cichon (Cichon Personalmanagement GmbH), Moderatorin Beate Kowollik und IHK-Vizepräsident Rainer Höppner (Höppner Moden). Foto: IHK