Note 2,56 für Neuss

Note 2,56 für Neuss
© IHK Mittlerer Niederrhein

Stand: 01.12.2023

Die Unternehmerinnen und Unternehmer in Neuss geben ihrem Standort die Note 2,56. Sie sind vor allem mit vielen harten Standortfaktoren, wie der überörtlichen Verkehrsanbindung, zufrieden. Die Beschäftigung in der Stadt wächst auf hohem Niveau weiter überdurchschnittlich. Und: Bei vielen wichtigen volkswirtschaftlichen Indikatoren, wie etwa der Steuerkraft je Einwohner, schneidet Neuss im interkommunalen Vergleich gut ab. Das sind wesentliche Ergebnisse der Standortanalyse Neuss, die nun von der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein den Unternehmerinnen und Unternehmern in Neuss vorgestellt wurde. Trotz aller positiven Entwicklungen gibt es für IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz auch Grund zur Kritik: „Die kommunalen Leistungen sind in Neuss kein Standortvorteil. Sie werden deutlich negativer bewertet als bei der vergangenen Analyse vor vier Jahren.“ Aus Sicht der IHK gibt es daher weiterhin viel zu tun, damit der Wirtschaftsstandort sein hohes Niveau halten kann.

Mit Blick auf die Daten aus der amtlichen Statistik, die für die Standortanalyse ausgewertet wurden, erklärte Gregor Werkle, Leiter des IHK-Bereichs Wirtschaftspolitik: „Seit 1999 ist die Beschäftigung in der Quirinusstadt deutlich gewachsen – um 29,1 Prozent“, so Werkle. „Auch im Vergleich zum Land Nordrhein-Westfalen – 24,9 Prozent – und zum Rhein-Kreis – 27,8 Prozent – war das Wachstum überdurchschnittlich stark.“ In den vergangenen zehn Jahren waren Industrie und Dienstleistungssektor gleichermaßen Treiber des Neusser Beschäftigungswachstums. Im Produzierenden Gewerbe gab es einen überdurchschnittlichen Beschäftigungsaufbau. Die Beschäftigtenzahl ist um 12,4 Prozent gestiegen, während das Plus im Rhein-Kreis (5,7 Prozent) und in NRW (3,3 Prozent) deutlich darunter lag. „Die Industrie bleibt eine wichtige Branche für Neuss. Deswegen sind die aktuellen Debatten um die Wettbewerbsfähigkeit energieintensiver Branchen für den Wirtschaftsstandort Neuss von enormer Bedeutung“, sagte Werkle. Im Dienstleistungsgewerbe fand mit einem Anstieg von 29,1 Prozent ebenfalls ein spürbarerer Beschäftigungsanstieg statt, der über den Werten des Landes und des Rhein-Kreises (jeweils +24 Prozent) lag.

Beim Vergleich wichtiger volkswirtschaftlicher Indikatoren mit Kommunen ähnlicher Größe und dem Land NRW fällt außergewöhnlich positiv auf: Neuss ist besonders steuerstark. Neuss gehörte auch im Jahr 2022 zu den 40 steuerstärksten Städten und Gemeinden in NRW und ist ebenfalls wieder die steuerstärkste Kommune im IHK-Bezirk Mittlerer Niederrhein gewesen. „Das liegt in erster Linie an den steuerstarken Unternehmen, denn insbesondere die Gewerbesteueraufbringungskraft ist sehr hoch“, erklärt Werkle. Zudem ist die Kaufkraft höher als in den Vergleichskommunen, und die Verschuldung ist geringer. Die hohe Zentralität zeigt zudem, dass es Neuss gelingt, Kaufkraft aus den umliegenden Kommunen anzuziehen. „Und das trotz der Nähe zur Landeshauptstadt Düsseldorf“, ergänzt Werkle. Ein Wermutstropfen bei diesem Vergleich: Die Arbeitslosigkeit liegt leicht über dem NRW-Schnitt.

Die insgesamt ambivalenten Ergebnisse werden auch durch die Resultate der Unternehmensbefragung bestätigt. Knapp 300 Unternehmen hatten sich daran beteiligt. Sie bewerteten den Standort insgesamt sowie mehr als 40 Standortfaktoren mit einer Schulnote zwischen 1 und 6. „Das Urteil für den Standort insgesamt fällt zufriedenstellend aus“, erläuterte Steinmetz. „Die Note von 2,56 ist etwas besser als der Durchschnitt der Städte, die wir in den vergangenen vier Jahren untersucht haben.“

Positiv werden nahezu alle Verkehrsstandortfaktoren wie der ÖPNV und die Anbindung an den Luftverkehr beurteilt. Steinmetz: „Die Verkehrsanbindung an das Straßen- und Autobahnnetz wird mit 1,96 sogar gut bewertet. Sie ist den Betrieben auch besonders wichtig.“ Das Ergebnis zeige, dass Neuss ein wichtiger Verkehrsstandort ist und alles daransetzen müsse, es auch zu bleiben. „Die Ablastung der Kardinal-Frings-Brücke war eine Hiobsbotschaft “, betonte Steinmetz. „Nun müssen alle Beteiligten dafür sorgen, dass die Brücke so schnell wie möglich wieder für den Schwerlastverkehr befahrbar sein wird.“

Einer der wichtigsten Standortfaktoren ist für die Unternehmen die Informations- und Kommunikationsinfrastruktur. „Die Bewertung von 3,04 ist besser als am Mittleren Niederrhein im Schnitt und etwa auf dem Niveau von vor fünf Jahren“, erklärte Steinmetz. „Diese im Vergleich gute Bewertung ist auch auf das Wirken der Kommunalverwaltung zurückzuführen.“

Bei den Standortfaktoren rund um die kommunalen Kosten und Leistungen schneidet die Stadt weniger zufriedenstellend ab. Die behördliche Reaktionszeit, die Erreichbarkeit der Verwaltung und die Dauer von Plan- und Genehmigungsverfahren werden schlechter bewertet als am Mittleren Niederrhein im Durchschnitt. Alle einzelnen Standortfaktoren werden zudem schlechter bewertet als vor fünf Jahren. „Die Betriebe zeigen da klaren Handlungsbedarf auf. Das weist auf eine deutliche Unzufriedenheit hin“, sagte Steinmetz. „Wir werben dafür, dass es die Unternehmen gerade bei Genehmigungen mit verlässlichen Verfahren zu tun haben.“

Die besten Bewertungen in diesem Themenfeld erhalten die Kommunikation mit der Kommunalverwaltung und die Arbeit der Wirtschaftsförderung. „Bei der Wirtschaftsförderung gab es zuletzt Vakanzen und einen Personalwechsel bei der Amtsleitung“, so Steinmetz. „Wir haben den Eindruck, dass das neue Team gute Arbeit macht.“

Im Anschluss an die Vorstellung diskutierte Steinmetz die Ergebnisse mit Bürgermeister Reiner Breuer, Oliver Hommel (Aluminium Norf GmbH), Manja Freistühler (Gewürzmühle Engels) und IHK-Vizepräsidentin Susanne Thywissen. „Ich freue mich sehr über das gute Ergebnis. Neuss ist ein Hidden Champion und spielt in der ersten Liga“, sagte der Bürgermeister. „Hinweise für Verbesserungspotenzial nehme ich gerne mit.“

Der Kaufmännische Geschäftsführer der Aluminium Norf GmbH lobte die Zusammenarbeit mit der Neusser Wirtschaftsförderung generell und insbesondere bei der Umstellung auf eine klimafreundlichere Produktion. „Es gibt Pläne für eine Wasserstoffpipeline, die in der Nähe von Neuss verlaufen soll“, berichtete Hommel. „Die Stadt kann sicher bei der möglichen Anbindung der Standorte unterstützen.“

Für solche Projekte – da waren sich Steinmetz und Breuer einig – sei mehr Akzeptanz der Bürgerinnen und Bürger für die Bedürfnisse der Unternehmen notwendig. „Das gilt auch für die Realisierung von 100 Hektar zusätzlichen Gewerbeflächen“, betonte der Bürgermeister und verwies auf einen entsprechenden kürzlich vom Stadtrat verabschiedeten Beschluss zur Neuausweisung von Gewerbegebieten.

Auch die Situation in der Neusser Innenstadt wurde angesprochen. „Die Besucher müssen sich wohlfühlen – es geht um Sauberkeit und Sicherheit. Da sind Polizei und Ordnungsamt gefragt“, sagte Manja Freistühler, die dafür appellierte, die Stadt nicht schlecht zu reden. „Neuss ist eine lebendige und schöne Stadt.“ Mit Blick auf die Landesgartenschau ginge es nun darum, die City an die Gartenschau anzubinden. Solche und viele weitere Projekte könnten durch einen intensiveren Austausch und mehr Kooperation zwischen Unternehmen und Verwaltung effizienter und innovativer umgesetzt werden – davon ist Susanne Thywissen überzeugt. „Wir müssen das Bewusstsein dafür schaffen, dass Stadt und Wirtschaft gemeinsam und im Austausch mehr erreichen können.“

Die Standortanalyse Neuss steht online zur Verfügung unter: www.mittlerer-niederrhein.ihk.de/30500

Bildtext: Sie diskutierten über die Standortanalyse Neuss (v.l.): Jürgen Steinmetz (IHK Mittlerer Niederrhein), Manja Freistühler (Gewürzmühle Engels), IHK-Vizepräsidentin Susanne Thywissen, Moderatorin Beate Kowollik, Bürgermeister Reiner Breuer und Oliver Hommel (Aluminium Norf GmbH).                                           Foto: IHK