Brexit: Britische Limited in Deutschland müssen handeln
Bislang wurden britische Gesellschaften, wie z. B. Limited (private limited company) etc., die in Großbritannien gegründet wurden und hauptsächlich in Deutschland aktiv sind und in Deutschland ihren Verwaltungssitz haben, auf Basis der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Niederlassungsfreiheit, als britische Rechtsform anerkannt. Dies ändert sich mit Ablauf des Übergangszeitraums zum 31. Dezember 2020, der im Austrittsabkommen zwischen dem Vereinigten Königreich und der Europäischen Union (EU) vereinbart wurde, grundlegend und hat weitreichende zivilrechtliche Konsequenzen.
Nach dem Ablauf des Übergangszeitraums ist das Vereinigte Königreich wie jeder andere Drittstaat zu behandeln. Das Handelsabkommen zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU vom 24. Dezember 2020 trifft dazu keine abweichenden Regelungen. Für die zivilrechtliche Anerkennung einer Gesellschaft britischer Rechtsform mit statutarischem Sitz im Vereinigten Königreich und Verwaltungssitz in Deutschland gibt es damit unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des BGH auf nach dem Recht eines Drittstaats gegründete Gesellschaften nach Ablauf des Übergangszeitraumes in Deutschland keine zivilrechtliche Grundlage mehr. Betroffen sind hiervon Unternehmen insbesondere in der Rechtsform einer „private company limited by shares“ (Limited).
Nach der Rechtsprechung des BGH gilt für nach dem Recht eines Drittstaats gegründete Gesellschaften die sogenannte „Sitztheorie“, wonach sich das auf eine Gesellschaft anwendbare Gesellschaftsstatut nach dem Recht desjenigen Staates richtet, in dem die betroffene Gesellschaft ihre Geschäftsleitung hat. Für eine Limited mit Geschäftsleitung in Deutschland hat dies zur Folge, dass sie – mangels Gründung der Gesellschaft nach deutschen Rechtsvorschriften – in Deutschland zivilrechtlich nicht mehr nach ihrem Gründungsstatut behandelt und deshalb nicht mehr als Limited anerkannt wird. Unerheblich für die zivilrechtliche Anerkennung ist, ob für die Limited eine Zweigniederlassung im deutschen Handelsregister eingetragen ist.
Die Gesellschaft wird nunmehr zivilrechtlich – sofern mehrere Personen an ihr beteiligt sind (Mehr-Personen-Limited) – als eine der in Deutschland zur Verfügung stehenden Auffangrechtsformen behandelt, das heißt als offene Handelsgesellschaft (OHG) oder als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Ist nur eine Person an der Gesellschaft beteiligt (Ein-Personen-Limited), tritt zivilrechtlich der bisherige Alleingesellschafter als natürliche oder juristische Person an die Stelle der Limited. Mit Ablauf des Übergangszeitraums sind zivilrechtlich alle Aktiva und Passiva einer Mehr-Personen-Limited der Personengesellschaft, alle Aktiva und Passiva einer Ein-Personen-Limited ihrem bisherigen Alleingesellschafter zuzuordnen.
Eine Limited mit tatsächlichem Verwaltungssitz im Vereinigten Königreich oder im sonstigen Ausland ist hingegen auch nach dem 31. Dezember 2020 uneingeschränkt als nach britischem Recht gegründete Limited und damit als rechtsfähige Gesellschaft anzuerkennen.
Nähere Informationen zu den zivilrechtlichen Auswirken sowie der Bekanntgabe und Vollstreckung von Steuerbescheiden können Sie dem BMF-Schreiben vom 30. Dezember 2020 entnehmen.