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Aufbewahrungspflichten von Unterlagen

Jeder Gewerbetreibende ist verpflichtet, geschäftliche Unterlagen über einen bestimmten Zeitraum aufzubewahren. Man unterscheidet dabei Fristen von sechs und zehn Jahren. Im Bereich des Steuerrechts sind die Aufbewahrungspflichten in der Abgabenordnung (AO) und im Bereich des Handelsrechts im Handelsgesetzbuch (HGB) geregelt. Darüber hinaus bestehen für bestimmte Berufe und Tätigkeiten weitere Aufbewahrungspflichten, so z. B. für Apotheken, Fahrschulen und Makler. Hier bekommen Sie einen Überblick über die nach handels- und steuerrechtlichen Vorgaben zu beachtenden Aufbewahrungspflichten. 

1. Aufbewahrungspflichtige

Die Aufbewahrungspflicht ist Teil der steuerlichen und handelsrechtlichen Buchführungs- und Aufzeichnungspflicht. Folglich ist derjenige, der nach Steuer- oder Handelsrecht zum Führen von Büchern und Aufzeichnungen verpflichtet ist, auch verpflichtet, diese aufzubewahren.

Handelsrechtlich verpflichtet § 257 HGB zur Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen (Handelsbücher, Eröffnungsbilanzen, Jahresabschlüsse, Handelsbriefe u.a.). Nach den Vorschriften des Steuerrechts (§§ 140 - 147 AO) sind darüber hinaus alle diejenigen zur Buchführung und Führung von Aufzeichnungen verpflichtet, die nach anderen Gesetzen buchführungspflichtig sind. Mit „anderen Gesetzen“ ist nicht nur das Handelsgesetzbuch (HGB) gemeint, sondern sämtliche Gesetze und Verordnungen, die Aufzeichnungs- und Buchführungspflichten vorschreiben.

Außerdem verpflichtet die Abgabenordnung alle Gewerbetreibenden ab Überschreiten bestimmter Umsatz- bzw. Gewinngrenzen zur Führung von Büchern und Aufzeichnungen. Die Umsatzgrenze liegt gem. § 141 AO bei 800.000 Euro, die Gewinngrenze bei 80.000 Euro.

Zur Aufbewahrung der Unterlagen sind folgende Personen verpflichtet:

  • bei Einzelunternehmen der Geschäftsinhaber
  • bei stillen Gesellschaften nur der Inhaber des Handelsgeschäfts
  • bei der BGB-Gesellschaft und OHG die Gesellschafter
  • bei der KG die persönlich haftenden und die zur Geschäftsführung berufenen Gesellschafter
  • bei der AG, Vereinen, Stiftungen und Genossenschaften die Vorstände
  • bei der GmbH der/die Geschäftsführer

2. Aufbewahrungsobjekte

Grundsätzlich sind aus steuerlichen Gründen sämtliche Bücher und Aufzeichnungen aufzu-bewahren, die für die Berechnung der Steuergrundlage von Bedeutung sind.

Folgende Unterlagen werden ausdrücklich in § 147 Abs. 1 AO genannt:

  • Bücher und Aufzeichnungen
  • Inventare
  • Jahresabschlüsse, bestehend aus Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung
  • Lageberichte
  • Eröffnungsbilanz
  • die zum Verständnis dieser Unterlagen erforderlichen Arbeitsanweisungen und sonstigen Organisationsunterlagen
  • empfangene Handels- und Geschäftsbriefe
  • Wiedergaben der abgesandten Handels- und Geschäftsbriefe
  • Buchungsbelege
  • Unterlagen, die einer mit Mitteln der Datenverarbeitung abgegebenen Zollanmeldung nach Art. 15 Abs. 1 und Art. 163 des Zollindex der Union beizufügen sind, sofern die Zollbehörden auf ihre Vorlage verzichtet oder sie nach erfolgter Vorlage zurückgegeben haben
  • sonstige steuerlich relevante Unterlagen

Zu den Büchern und Aufzeichnungen gehören Grundbuch sowie Haupt- und Nebenbücher, wobei Letztere in Form von Konten geführt werden. Inventare sind Aufzeichnungen über die körperliche und wertmäßige Bestandsaufnahme aller Vermögensgegenstände und Schulden. Nach AO und HGB sind die Arbeitsanweisungen und Organisationsvorschriften aufzubewahren, die zum Verständnis der Bücher etc. notwendig sind. Dazu gehören auch Unterlagen, die die Benutzung von Buchführungssystemen thematisieren. Geschäfts- und Handelsbriefe bilden jegliche Korrespondenz, die ein Geschäft vorbereitet, durchführt oder rückgängig macht. Buchungsbelege sollen den tatsächlich zugrunde liegenden Vorgang beweisen. Dabei sind alle Sachverhalte buchungspflichtig, die die Vermögens-, Finanz- oder Ertragslage des Unternehmens beeinflussen. Beispiele für sonstige Unterlagen sind Kalkulationsunterlagen, Ausfuhrbelege oder Bewertungen von Eigenleistungen. Entscheidend ist im Einzelfall die Bedeutung für die Besteuerung.

Das Umsatzsteuergesetz regelt speziell die Aufbewahrung von Rechnungen. Nach § 14 b UStG hat ein Unternehmer ein Doppel der Rechnungen, die er selbst oder ein Dritter in seinem Namen und auf seine Rechnung ausgestellt hat, sowie alle Rechnungen, die er erhalten oder die ein Leistungsempfänger oder in dessen Namen und auf dessen Rechnung ein Dritter ausgestellt hat, acht Jahre (statt bisher 10 Jahre) aufzubewahren.

Privatpersonen müssen Rechnungen für Leistungen an Grundstücken zwei Jahre aufbewahren. Auf diese Pflicht muss in der Rechnung hingewiesen werden. Betriebsinterne Aufzeichnungen (wie z. B. Kalender, Arbeits- und Fahrberichte) sind nicht aufzubewahren. Diese Unterlagen können fristlos vernichtet werden.

3. Aufbewahrungsfristen

Die Aufbewahrungsfrist für Bücher und Aufzeichnungen, Jahresabschlüsse, Inventare, Lageberichte, Eröffnungsbilanzen und Unterlagen, die einer Zollanmeldung beizufügen sind (sofern die Zollbehörden auf die Vorlage verzichtet oder sie nach erfolgter Vorlage zurückgegeben haben), beträgt zehn Jahre. Die Aufbewahrungsfrist für Buchungsbelege und Rechnungen beträgt seit dem 1. Januar 2025 acht Jahre. Alle anderen aufbewahrungspflichtigen Geschäftsunterlagen sind sechs Jahre aufzubewahren.

Die Frist beginnt stets mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die letzte Eintragung in das Buch gemacht, das Inventar, die Eröffnungsbilanz, der Jahresabschluss oder der Lagebericht aufgestellt, der Handels- oder Geschäftsbrief empfangen oder abgesandt worden oder der Buchungsbeleg entstanden ist, ferner die Aufzeichnung vorgenommen worden ist oder die sonstigen Unterlagen entstanden sind.

Eine Aufbewahrung von Schriftstücken, die über den vorgeschriebenen Zeitraum hinausgeht, kann bei Vorliegen spezieller Sachverhalte geboten sein (Beispiele: begonnene Außenprüfung, vorläufige Steuerfestsetzung, anhängige steuerstraf- oder bußgeldrechtliche Ermittlungen, schwebende oder zu erwartende Rechtsbehelfsverfahren sowie zur Begründung von Anträgen an das Finanzamt).

4. Form der Aufbewahrung und Aufbewahrungsort

Für die Aufbewahrung der Geschäftsunterlagen sind gesetzlich folgende Formen vorgeschrieben:

  • Jahresabschlüsse und Eröffnungsbilanzen sind gem. § 147 AO im Original aufzubewahren. Bei den in § 147 Abs.1 Nr. 4a AO genannten Unterlagen, die einer mit Mitteln der Datenverarbeitung abgegebenen Zollanmeldung beizufügen sind, sofern die Zollbehörden auf ihre Vorlage verzichtet oder sie nach erfolgter Vorlage zurückgegeben haben, ist abweichend von der gesetzlichen Regelung keine Aufbewahrung im Original mehr notwendig. Eine Aufbewahrung auf Bild- bzw. sonstigen Datenträgern reicht aus.
  • Handels- und Geschäftsbriefe sowie Buchungsbelege sind so aufzubewahren, dass ihre Wiedergabe bildlich mit dem Original übereinstimmt.
  • Bei allen anderen aufbewahrungspflichtigen Unterlagen reicht eine inhaltliche Wiedergabe aus.

a) Aufbewahrung im Original

Die Aufbewahrung im Original muss gesichert und geordnet erfolgen. Eine gesicherte Aufbewahrung bedeutet, dass der Raum oder das Gebäude, in dem die Unterlagen aufbewahrt werden, vor Einwirkungen wie Feuer, Wasser und Feuchtigkeit geschützt ist. Insbesondere muss auch gewährleistet sein, dass die Schrift auf dem verwendeten Papier nicht verblasst. Die geordnete Aufbewahrung erfordert, dass ein sachverständiger Dritter die Unterlagen in angemessener Zeit prüfen können muss. Hierzu kann beispielsweise ein Regelwerk dienen, in dem unter anderem festgelegt wird, welche Unterlagen nach welchen Ordnungskriterien archiviert werden und wer dafür verantwortlich ist.

b) Aufbewahrung durch bildliche Wiedergabe

Die bildliche Wiedergabe erfordert die originalgetreue Übertragung des Bildes auf das Speichermedium sowie die gesicherte und geordnete Aufbewahrung der Speichermedien und eine lesbare bildliche Wiedergabe bei Bedarf. Dabei kann die bildliche Wiedergabe auch kleinformatiger wiederhergestellt werden. Sie muss allerdings alle auf dem Original angebrachten Sicht-, Kontroll- und Bearbeitungsvermerke enthalten. Im Einzelfall kann auch der Farbe Beweiskraft zukommen, z.B. bei einer Rechnung, wenn allein die Farbe beweist, dass es sich dabei um das Original und nicht um den Durchschlag handelt.

c) Aufbewahrung durch inhaltliche Wiedergabe

Die inhaltliche Wiedergabe erfordert, dass die aufzubewahrenden Informationen vollständig und richtig auf das magnetische Speichermedium übernommen werden, dass der Inhalt während der Aufbewahrung nicht verändert wird und dass die Wiedergabe während der Aufbewahrungsfrist möglich ist.

Als Unternehmer sollten Sie sich vor Vernichtung der Originalunterlagen immer fragen, ob eine Aufbewahrung im Original aus Beweisgründen notwendig ist. Insbesondere gilt dies für Rechnungen, die zur Geltendmachung des Vorsteuerabzugs gemäß § 15 UStG notwendig sind. Die Aufbewahrung des Originals kann auch aus Gründen der Beweiserheblichkeit im Prozess notwendig sein. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn ein Rechtsanspruch nur durch das Original zu beweisen ist (z. B. bei Vollmachten, Wertpapieren). Grundsätzlich genügt die Möglichkeit der bildlichen Wiedergabe zur Beweissicherung. Sie unterliegt der freien richterlichen Beweiswürdigung. Als Urkundenbeweise gelten nur schriftliche Äußerungen. Elektronisch gespeicherte Daten gelten deshalb vor Gericht nicht als Urkunden im Sinne der Zivilprozessordnung. Ihnen fehlt die für Urkunden erforderliche Schriftlichkeit, da bei diesen Speichermedien Belege digital aufgezeichnet werden und sie deshalb nur maschinell darstellbar sind.

Nach den steuerrechtlichen Vorschriften (§ 146 Abs. 2 AO) sind die aufbewahrungspflichtigen Unterlagen grundsätzlich in Deutschland aufzubewahren. Das Handelsgesetzbuch schreibt keinen bestimmten Ort vor, doch müssen die Unterlagen in einer angemessenen Zeit vorgelegt werden können (§ 239 Abs. 4 HGB). Hinsichtlich der Aufbewahrung von Rechnungen ist zu beachten, dass im Inland ansässige Unternehmer alle Rechnungen im Inland aufzubewahren haben. Handelt es sich allerdings um eine elektronische Aufbewahrung, die eine vollständige Fernabfrage der betreffenden Daten gewährleistet, darf der Unternehmer die Rechnungen auch im übrigen Gemeinschaftsgebiet aufbewahren. Es ist jedoch dem Finanzamt mitzuteilen, wenn die Rechnungen nicht im Inland aufbewahrt werden.

5. Rechtsfolgen bei Verstoß

Bei einem Verstoß gegen diese Vorschriften muss ein Unternehmer mit unterschiedlichen Folgen rechnen. In Bezug auf die Besteuerungsgrundlage ist das Finanzamt bei Nichtvorlage der erforderlichen Dokumente berechtigt, den Betrag zu schätzen (§§140–148 AO). Des Weiteren können auf Grundlage der Steuerstraftatbestände im Strafgesetzbuch Geld- und Freiheitsstrafen verhängt werden. 

Eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe droht demjenigen, der vor Ablauf der gesetzlichen Aufbewahrungsfrist Handelsbücher oder sonstige aufbewahrungspflichtige Unterlagen beiseiteschafft, verheimlicht, zerstört oder beschädigt und dadurch die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert. Wird die Tat im Zustand der Unternehmenskrise begangen (z. B. drohende Zahlungsunfähigkeit), liegt ein sogenanntes Bankrottdelikt vor, das mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe geahndet werden kann.

Lediglich ein Verstoß aufgrund höherer Gewalt ohne Verschulden des betroffenen Unternehmers schließt negative Rechtsfolgen aus.

6. Auflistung

Folgende Auflistung enthält alle wesentlichen Schriftgüter in alphabetischer Reihenfolge. Schriftgüter, in denen die letzte Eintragung in dem in der letzten Spalte genannten Jahr oder früher erfolgt ist, können seit dem 1. Januar 2025 vernichtet werden, soweit keine besonderen Umstände vorliegen, die eine verlängerte Aufbewahrung erforderlich machen.

SchriftgutFrist (Jahre)Aus dem Jahr
­Abrechnungsbelege­82016
Abtretungserklärungen62018
Akkreditive62018
Aktenvermerke (soweit steuerrechtlich relevant)82016
Angebote mit Auftragsfolge62018
Angestelltenversicherung102014
Anlagenvermögensbücher und -karteien102014
Arbeitsanweisungen für EDV-Buchführung102014
Ausgangsrechnungen82016
Außendienstabrechnungen82016
   
Bankbelege82016
Bankbürgschaften62018
Beitragsabrechnungen der Sozialversicherungsträger82016
Betriebsabrechnungsbögen mit Belegen als Bewertungsunterlagen82016
Betriebskostenrechnungen82016
Betriebsprüfungsberichte62018
Bewertungsunterlagen82016
Bewirtungsunterlagen82016
Bilanzen (Jahresbilanzen)82016
Buchungsbelege82016
   
Darlehensunterlagen62018
Dauerauftragsunterlagen82016
Debitorenlisten82016
Depotauszüge und -bestätigungen82016
   
Einfuhrunterlagen62018
Eingangsrechnungen82016
Einheitswertunterlagen62018
Essenmarkenabrechnungen82016
Exportunterlagen62018
   
Fahrkostenerstattungsunterlagen82016
Frachtbriefe62018
   
Gehaltslisten82016
Geschäftsberichte82016
Geschäftsbriefe62018
Geschenknachweise62018
Gewinn- und Verlustrechnung (Jahreserfolgsrechnung)82016
Grundbuchauszüge (Inventarunterlagen)82016
Grundstücksverzeichnis (soweit Inventar)82016
Gutschriften82016
   
Handelsbriefe (mit Ausnahme von Rechnungen/Gutschriften)62018
Handelsbücher102014
Hauptabschlussübersicht (wenn anstelle der Bilanz)102014
   
Investitionszulage (Unterlagen)62018
   
Jahresabschlüsse (soweit Bilanzunterlagen)102014
Journale für Hauptbuch und Kontokorrent102014
   
Kalkulationsunterlagen62018
Kassenberichte82016
Kassenbücher und -blätter82016
Kassenzettel82016
Kontenpläne und Kontenplanänderungen82016
Kontenregister82016
Kontoauszüge (über Neubaukonten)62018
Kreditunterlagen (soweit Buchungsbelege)82016
Kreditunterlagen (soweit Korrespondenz)62018
   
Lagerbücher82016
Lieferungsunterlagen (soweit Buchungsbelege)82016
Lohnbelege82016
Lohnkonto62018
Lohnlisten82016
   
Magnetbänder mit Buchfunktion82016
Mahnbescheide62018
Mietunterlagen (soweit empfangene Handelsbriefe)62018
Mietunterlagen (soweit Buchungsbelege)82016
   
Nachnahmebelege82016
Nebenbücher82016
   
Organisationsunterlagen und -pläne82016
   
Pachtunterlagen (soweit Handelsbriefe)62018
Pachtunterlagen (soweit Buchungsbelege)82016
Postquittungsbücher82016
Preislisten (soweit Bewertungsunterlagen)82016
Protokolle82016
Prozessakten (nach Abschluss des Prozesses)82016
   
Quittungen82016
   
Rechnungen82016
Reisekostenabrechnungen82016
Repräsentationsaufwendungen (Unterlagen)82016
   
Sachkonten82016
Saledenbilanzen82016
Schadensunterlagen (soweit nicht Bilanzbelege)62018
Scheckbelege62018
Schriftwechsel62018
Spendenbescheinigungen82016
Steuerunterlagen82016
   
Überstundenlisten (soweit Lohnbelege)82016
   
Verbindllichkeiten (Zusammenstellungen)82016
Verkaufsbücher82016
Vermögensverzeichnis82016
Vermögenswirksame Leistungen (Unterlagen)82016
Versand- und Frachtunterlagen (soweit Buchungsbelege)82016
Versicherungspolicen (nach Ablauf der Versicherungen)62018
Verträge (nach Vertragsende, soweit steuerrechtlich interessant)62018
   
Wareneingangs- und -ausgangsbücher82016
Wechsel82016
   
Zahlungsanweisungen82016
Zollbelege62018
Zwischenbilanz (bei Gesellschafterwechsel oder Umstellung des Wirtschaftsjahres)82016

 

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