Aufhebungsvertrag im Arbeitsrecht

Ein Arbeitsverhältnis kann auf verschiedene Arten beendet werden. Während die Kündigung einseitig und mitunter gegen den Willen des Vertragspartners erfolgt, handelt es sich bei einem Aufhebungsvertrag um eine beidseitige und damit einvernehmliche Beendigungsmöglichkeit.
Abzugrenzen ist der Aufhebungsvertrag vom sogenannten Abwicklungsvertrag. Der beendet das Arbeitsverhältnis nicht, sondern regelt lediglich die Modalitäten und Folgen der aus einem anderen Grund (beispielsweise einer Kündigung) erfolgten Vertragsbeendigung.
Welche Vor- und Nachteile bietet der Aufhebungsvertrag gegenüber einer Kündigung?
Für Arbeitgeber bietet der Aufhebungsvertrag die Möglichkeit, sich schnell und unkompliziert von einem (lösungswilligen) Arbeitnehmer trennen zu können. Unkompliziert ist die Beendigung durch Aufhebungsvertrag insbesondere, weil kein allgemeiner oder besonderer Kündigungsschutz greift. Es muss damit also beispielsweise kein Fehlverhalten des Mitarbeitenden als soziale Rechtfertigung in Form eines verhaltensbedingten Kündigungsgrundes gegeben sein oder bei Vorliegen einer Schwerbehinderung die Zustimmung des Integrationsamtes eingeholt werden. Auch müssen keine Kündigungsfristen eingehalten werden (s. jedoch Frage 9), und eine vorherige Anhörung des Betriebsrats nach § 102 Abs. 1 BetrVG muss nicht erfolgen.
Aus Arbeitgebersicht liegt der wesentliche Nachteil des Aufhebungsvertrags darin, dass er nicht ohne das Einverständnis des betroffenen Arbeitnehmers zustande kommen kann. Für Arbeitnehmer wiederum ist der Abschluss eines Aufhebungsvertrages oftmals wenig attraktiv, da er mit schwerwiegenden sozialrechtlichen Konsequenzen verbunden sein kann (s. Frage 9).
Müssen bestimmte Formvorschriften eingehalten werden?
Um den Arbeitnehmer vor einem übereilten Vertragsschluss zu schützen, ist gesetzlich angeordnet, dass die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Kündigung oder Auflösungsvertrag nur in Schriftform wirksam sind (vgl. § 623 BGB). Damit ist beispielsweise der Abschluss eines Aufhebungsvertrages per WhatsApp oder E-Mail nicht möglich, es ist vielmehr eine eigenhändig unterschriebene Vertragsurkunde nötig. Ein Aufhebungsvertrag, der die Schriftform nicht wahrt, ist nichtig, und das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien besteht weiterhin.
Welchen Inhalt hat der Aufhebungsvertrag?
Der Aufhebungsvertrag muss mindestens die Beendigung eines konkreten Arbeitsverhältnisses zu einem näher bestimmten Zeitpunkt zum Inhalt haben. Häufig finden sich daneben noch weitere Regelungen, wie beispielsweise über
- die Zahlung einer Abfindung,
- die Freistellung von der Arbeitspflicht und die Gewährung von Resturlaub,
- die Erteilung von Arbeitszeugnissen und Rückgabe von Papieren,
- die Rückgabe überlassener Arbeitsmittel,
- nachvertragliche Wettbewerbsverbote und Geheimhaltungspflichten,
- Ansprüche auf betriebliche Altersversorgung sowie
- die Erledigung wechselseitiger Ansprüche.
Bei der Vertragsgestaltung ist zu beachten, dass Arbeitnehmer als Verbraucher gelten und damit die – bei Verbraucherverträgen besonders strengen – Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen greifen, sobald vorformulierte Bedingungen vom Arbeitgeber (nicht vom Arbeitnehmer) in den Vertrag eingeführt und diese nicht individuell zwischen den Vertragsparteien ausgehandelt werden.
Bin ich zur Zahlung einer Abfindung verpflichtet?
Ein allgemeiner gesetzlicher Anspruch auf Zahlung einer Abfindung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses besteht nicht. Lediglich in bestimmten Situationen – etwa, wenn der Arbeitgeber wegen dringender betrieblicher Erfordernisse kündigt, der Arbeitnehmer keine Kündigungsschutzklage erhebt und der Arbeitgeber zuvor eine Abfindung bei verstreichen lassen der Klagefrist in Aussicht gestellt hat – oder wenn hierfür ein besonderer Rechtsgrund (beispielsweise aus einem Sozialplan oder einer vertraglichen Vereinbarung) besteht, hat der Arbeitnehmer einen solchen Anspruch.
Bestehen besondere Aufklärungs- und Hinweispflichten?
Zwar liegt es prinzipiell im Verantwortungsbereich einer jeden Vertragspartei, sich selbst über die Folgen eines Vertragsschlusses zu informieren, ob seitens des Arbeitgebers besondere Aufklärungspflichten bestehen, muss jedoch bezogen auf den konkreten Einzelfall bewertet werden. Im Rahmen der dabei durchzuführenden Interessenabwägung spielt beispielsweise eine Rolle, ob der Arbeitnehmer ein erkennbares Informationsbedürfnis hat, wie gravierend die Folgen des Aufhebungsvertrags sind und auf wessen Initiative der Vertragsschluss erfolgte.
Eine spezielle Regelung enthält § 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 SGB III, wonach der Arbeitgeber gehalten ist, auf die Pflicht des Arbeitnehmers, sich bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses fristgerecht bei der Agentur für Arbeit persönlich arbeitsuchend zu melden, hinzuweisen. Unterbleibt dieser spezielle Hinweis, begründet dies keinen Schadensersatzanspruch gegen den Arbeitgeber, wenn der Arbeitnehmer die entsprechende Frist versäumt und es deswegen zur Verhängung einer Sperrzeit kommt.
Wenn der Arbeitgeber über die Folgen eines Aufhebungsvertrags aufklärt, müssen die erteilten Hinweise richtig und vollständig sein. Für den Fall, dass eine notwendige Auskunft unterlassen wurde, unrichtig oder unvollständig ist, führt dies zwar nicht zur Unwirksamkeit des Vertrages, kann allerdings einen Schadensersatzanspruch begründen. Bewusst falsche Auskünfte können überdies eine Anfechtung des Aufhebungsvertrages wegen arglistiger Täuschung begründen.
Gibt es weitere Nebenpflichten, die Arbeitgeber beachten müssen?
Eine weitere Nebenpflicht beim Abschluss eines Aufhebungsvertrags ist die Einhaltung des Gebotes fairen Verhandelns. Das bedeutet, dass die Vertragsparteien beim Abschluss eines Aufhebungsvertrags keine Vertragssituation herbeiführen oder ausnutzen dürfen, die eine unfaire Behandlung des anderen Teils darstellt. Ein Verstoß ist allerdings nicht schon dann gegeben, wenn dem Arbeitnehmer beispielsweise weder eine Bedenkzeit noch ein Widerrufs- oder Rücktrittsrecht zugestanden wird. Voraussetzung für das Vorliegen einer unfairen Behandlung ist vielmehr, dass eine psychische Drucksituation geschaffen oder ausgenutzt wird, die eine freie Entscheidung des Vertragspartners erheblich erschwert oder unmöglich macht. Beispielsweise kann das dann anzunehmen sein, wenn mangelnde Sprachkenntnisse oder die Überrumpelung des Vertragspartners ausgenutzt werden, letztlich handelt es sich aber immer um eine Einzelfallbetrachtung. Ein Verstoß gegen das Verbot fairen Verhandelns führt zur Unwirksamkeit des Aufhebungsvertrags und damit zum Fortbestand des Arbeitsverhältnisses.
Können sich Arbeitnehmer wieder vom Aufhebungsvertrag lösen?
Es mag Situationen geben, in denen der Arbeitnehmer den Abschluss des Aufhebungsvertrages im Nachgang bereut, der Arbeitgeber aber daran festhalten möchte. Auch beim Aufhebungsvertrag gilt grundsätzlich, dass die Vertragsparteien an einen einmal geschlossenen Vertrag gebunden sind. Nur in bestimmten Situationen kommt eine Lösung in Betracht. So ist es etwa denkbar, den Aufhebungsvertrag wegen widerrechtlicher Drohung anzufechten, wenn der Arbeitgeber eine (außerordentliche oder ordentliche) Kündigung für den Fall androht, dass der Arbeitnehmer nicht selbst kündigt oder einen Aufhebungsvertrag abschließt, obwohl ein verständiger Arbeitgeber eine solche Kündigung nicht ernsthaft in Erwägung ziehen durfte, die Kündigung also einer gerichtlichen Überprüfung nicht standhalten würde. Auch kann beispielsweise ein Rücktrittsrecht bestehen, wenn der Arbeitgeber eine vereinbarte Abfindung nicht zahlt (dies setzt jedoch u.a. voraus, dass der Rücktritt nicht vertraglich ausgeschlossen wurde). Ein gesetzliches Widerrufsrecht besteht dagegen nicht.
Wirkt sich ein Aufhebungsvertrag auf den Arbeitslosengeld-Anspruch aus?
Viele Arbeitnehmer scheuen den Abschluss eines Aufhebungsvertrags, weil sie negative Konsequenzen auf ihren Arbeitslosengeldanspruch fürchten. Hintergrund ist, dass es sich beim Arbeitslosengeld um eine Versicherungsleistung handelt, die erbracht wird, wenn das versicherte Risiko „Arbeitslosigkeit“ eintritt. Wie bei den meisten Versicherungen gibt es auch hier Mechanismen, die eine Herbeiführung des Versicherungsfalls durch den Versicherten selbst ahnden. Zwar entfällt der Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht in Gänze, wenn ein Arbeitnehmer in versicherungswidriger Weise die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses – beispielsweise durch den Abschluss eines Aufhebungsvertrages - (mit-)herbeiführt. Es kommt aber zu einem Ruhen des Anspruchs für die Dauer einer Sperrzeit von grundsätzlich zwölf Wochen (§ 159 Abs. 3 Satz 1 SGB III) sowie einer nicht unerheblichen Anspruchskürzung.
Entscheidend für die Frage, ob die Bundesagentur für Arbeit eine solche Sperrzeit verhängt und den Arbeitslosengeldanspruch kürzt, ist die Versicherungswidrigkeit des arbeitnehmerseitigen Verhaltens. Bezogen auf den Aufhebungsvertrag bedeutet das, dass weder eine Sperrzeit noch eine Anspruchskürzung vorgenommen werden, wenn ein wichtiger Grund für den Abschluss eines solchen Vertrags bestanden hat, ein anderes Verhalten als die Vertragsbeendigung dem Arbeitnehmer also unter Berücksichtigung aller Einzelfallumstände und unter Abwägung der Arbeitnehmerinteressen mit denen der Versichertengemeinschaft nicht zugemutet werden konnte.
Wie die Bundesagentur für Arbeit mit dem unbestimmten Rechtsbegriff „wichtiger Grund“ umgeht, ist in Form einer – öffentlich einsehbaren - Geschäftsanweisung niedergelegt. Zwar ist diese nur für die Mitarbeitenden der Bundesagentur für Arbeit und insbesondere nicht für die Gerichte bindend, da es aber zu keiner gerichtlichen Überprüfung kommt, wenn gar keine Sperrzeit verhängt wurde, enthalten sie wichtige Hinweise darüber, wann und wie ein Aufhebungsvertrag abgeschlossen werden kann, ohne dass der Arbeitnehmer diesen Nachteil befürchten muss. Besonders wichtig ist dabei die Konstellation, dass
- eine Kündigung durch den Arbeitgeber mit Bestimmtheit in Aussicht gestellt wurde,
- diese auf betriebliche oder personenbezogene (nicht aber verhaltensbedingte) Gründe gestützt würde,
- die (fiktive) Kündigungsfrist eingehalten wird,
- der Arbeitnehmer nicht unkündbar war und eine Abfindung von bis zu 0,5 Monatsgehältern für jedes Jahr des Arbeitsverhältnisses an den Arbeitnehmer gezahlt wird (in Anlehnung an § 1a KSchG).