Verjährung zivilrechtlicher Forderungen

Verjährung zivilrechtlicher Forderungen
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Allgemeines

Im täglichen Geschäftsverkehr werden eine Vielzahl von Verträgen zwischen Privatpersonen und Unternehmern, aber auch zwischen Unternehmern untereinander abgeschlossen, beispielsweise Kaufverträge, Werkverträge, Mietverträge und andere. Aus diesen Verträgen entstehen Verpflichtungen, wie z. B. die Bezahlung des Kaufpreises. Der Geltendmachung solcher Ansprüche ist zeitlich eine gesetzliche Grenze gesetzt. Das bedeutet, dass nach Ablauf einer gesetzlich festgelegten Frist der Schuldner sich auf die Verjährung seiner Schuld berufen und die Erfüllung des Anspruches verweigern kann. Der Gläubiger kann seinen Anspruch nicht mehr gerichtlich durchsetzen, obwohl der Anspruch rechtlich gesehen weiter bestehen bleibt und man mit ihm z.B. unter bestimmten Voraussetzungen aufrechnen kann.

Ansprüche verjähren grundsätzlich in drei Jahren (regelmäßige Verjährung). Für Mängel an einem Bauwerk und verwandte Konstellationen ist die Verjährung auf fünf Jahre ausgedehnt. Dreißig Jahre beträgt sie u.a. für Herausgabeansprüche aus sog. dinglichen Rechten, wie Eigentum oder einem Pfandrecht, Ansprüchen, die rechtskräftig festgestellt sind, sowie bestimmten weiteren Fällen, wie vollstreckbaren Vergleichen und Urkunden. Forderungen aus Ersatzansprüchen des Vermieters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Mietsache verjähren in sechs Monaten.

Auch familien- und erbrechtliche Ansprüche verjähren grundsätzlich nach drei Jahren.

Beginn der Verjährungsfristen und Verjährungshöchstfristen

Von entscheidender Bedeutung ist bei jeder Verjährungsfrist, wann die Frist zu laufen beginnt.

  • Die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren beginnt grundsätzlich mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und von der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat (Jahresendverjährung).
    Der Kenntnis des Schuldners wird die grob fahrlässige Unkenntnis des Schuldners gleichgesetzt.
  • Abweichend von der gesetzlichen Regelung können vertraglich auch andere Verjährungsfristen und ein anderer Verjährungsbeginn vereinbart werden. Ausgenommen sind jedoch besondere, zwingende Verjährungsfristen, wie sie insbesondere für Gewährleistungsansprüche von Verbrauchern gelten. 

Zur Erzielung von Rechtssicherheit bestimmt das Gesetz für die regelmäßige Verjährung Verjährungshöchstfristen, sog. Maximalfristen, nach denen Ansprüche ohne Rücksicht auf Kenntnis oder grob-fahrlässige Unkenntnis verjähren. Die allgemeine Maximalfrist beträgt zehn Jahre von der Entstehung des Anspruchs an.

Besondere Regeln gelten hierbei für Schadenersatzansprüche. Es verjähren:

  • Schadensersatzansprüche wegen Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit und Freiheit ohne Rücksicht auf Entstehung des Anspruchs, Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis des schadensauslösenden Ereignisses und der Person des Schuldners 30 Jahre nach Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis
  • andere Schadensersatzansprüche (z.B. wegen eines Vermögensschadens oder einer Eigentumsverletzung) kenntnisunabhängig entweder in 10 Jahren von ihrer Entstehung an oder ohne Rücksicht auf die Anspruchsentstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an; maßgeblich ist hier die jeweils kürzere Frist.

Sonderregeln gelten auch für erbrechtliche Ansprüche.

Die Verjährungshöchstfristen begründen keine Jahresendverjährung. Hier ist der Verjährungsbeginn auf den Tag genau zu bestimmen.

Bei Ansprüchen, die nicht der regelmäßigen Verjährung unterliegen, gelten besondere Regeln.

Verjährung von Gewährleistungsansprüchen

Kaufvertragliche Gewährleistungsansprüche bei beweglichen Sachen, werk- und reisevertragliche Gewährleistungsansprüche verjähren grundsätzlich in zwei Jahren ab Ablieferung der Sache/Abnahme/vertraglich vereinbartem Reiseende (keine Jahresendverjährung). Einzelheiten zu kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüchen finden Sie in unserem Merkblatt Gewährleistung und Garantie unter Dok.-Nr. 25417

Gewährleistungsansprüche bei Baumängeln (gleichgültig, ob ein Kaufvertrag oder ein Werkvertrag geschlossen wurde) und mangelhaften eingebauten Baumaterialien (Baustoffe und –teile) verjähren in fünf Jahren. Hinzu treten weitere Fristen, z.B. bei verschwiegenen Mängeln.

Hemmung und Neubeginn der Verjährung

Die Verjährung kann durch bestimmte Ereignisse gehemmt sein oder neu beginnen.

Der Zeitraum, in dem die Verjährung gehemmt ist, wird in die Verjährungsfrist nicht einberechnet. Insbesondere schwebende (ernsthafte) Verhandlungen hemmen die Verjährung. Bei Verhandlungen über das Bestehen eines Anspruchs müssen daher nicht sofort gerichtliche Schritte zur Abwendung der Verjährung eingeleitet werden. Die Verjährung ist solange gehemmt, bis eine Partei die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert. Die Verjährung tritt dann frühestens drei Monate nach dem Ende der Hemmung ein.

Weitere wichtige Hemmungstatbestände nennt § 204 BGB (Hemmung durch Rechtsverfolgung), u.a.:

  • Klageerhebung oder lediglich Einreichung der Klage, falls die Klageschrift in Kürze zugestellt wird
  • Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren
  • Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens
  • Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren.  

In diesen Fällen endet die Hemmung sechs Monate nach Beendigung des Verfahrens oder, bei Stillstand, weil das Verfahren nicht weiter betrieben wird, sechs Monate nach Ende der letzten Verfahrenshandlung.

Der Neubeginn der Verjährung, § 212 BGB, bewirkt, dass die bereits angelaufene Verjährungsfrist in voller Länge erneut zu laufen beginnt. Der Neubeginn der Verjährung erfolgt, wenn

  • der Schuldner den Anspruch anerkennt, z.B. durch Abschlagszahlung oder Sicherheitsleistung
    oder
  • gerichtliche oder behördliche Vollstreckungsmaßnahmen vorgenommen oder beantragt werden, es sei denn, diese werden später wieder aufgehoben oder dem Vollstreckungsantrag wird nicht stattgegeben oder dieser wird zurückgenommen. 

Ob Mängelbeseitigungsmaßnahmen oder -versuche des Verkäufers zu einer Hemmung oder zum Neubeginn der Verjährung der Mängelansprüche des Käufers führen, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.