IHK analysiert Industrieumsätze
Während die Industrieumsätze in Krefeld leicht steigen, haben sie sich in der Region Mittlerer Niederrhein insgesamt im zweiten Quartal 2025 nur schwach entwickelt. Das zeigt eine aktuelle Auswertung der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein auf Basis von Daten von IT.NRW. „Die Kraftanstrengungen für eine Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit müssen intensiviert werden“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz. Ambivalent bewertet die IHK vor diesem Hintergrund die ersten 100 Tage der neuen Bundesregierung. Steinmetz erwartet deutlich mehr Engagement für den Wirtschaftsstandort.
In Krefeld sind die Industrieumsätze im zweiten Quartal um 2,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gestiegen. „Dabei handelt es sich um nominale Zahlen – inflationsbereinigt fällt das Ergebnis schwächer aus“, erläutert Steinmetz. Zudem liegt das Niveau noch immer 16 Prozent unter dem des zweiten Quartals 2022, als nach dem Ausbruch des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine die Industrie unter Druck geriet. „So erfreulich die leichte Aufholbewegung in Krefeld ist, die Daten machen zugleich deutlich: Bis die Industrie wieder einen nachhaltigen Wachstumspfad einschlagen kann, liegt noch ein langer Weg vor uns.“
In der Gesamtregion Mittlerer Niederrhein waren die Industrieumsätze um 0,3 Prozent geringer als im Vorjahresquartal. „Nach den letzten Quartalen, in denen der Umsatz gestiegen ist, enttäuscht mich das sehr“, sagt Steinmetz. Immerhin ist dies ein besseres Ergebnis als im Landesdurchschnitt: Nordrhein-Westfalen verzeichnete ein Umsatzminus von 2,6 Prozent. Positiv entwickelte sich am Mittleren Niederrhein der Auslandsumsatz: Die exportierenden Unternehmen der Region melden ein Plus von 2,6 Prozent – in Krefeld sogar von 8,1 Prozent. Demgegenüber steht ein Rückgang beim Inlandsumsatz: Der sank in der Region um 3,7 Prozent, in Krefeld sogar um 5,4 Prozent.
Bei der Betrachtung einzelner Branchen zeigen sich deutliche Unterschiede: Die Papier- und Pappe-Industrie, das Druckgewerbe, die Hersteller von Metallerzeugnissen und das Textilgewerbe verzeichnen in der Region spürbare Umsatzsteigerungen. Leicht gestiegen sind die Umsätze der Ernährungsindustrie. Dagegen melden die Chemische Industrie, die Metallerzeuger und -verarbeiter sowie der Maschinenbau und die Elektroindustrie ein Umsatzminus. „Wichtige energieintensive Industriebranchen sind nach einigen Quartalen mit leichten Steigerungen jetzt wieder hinter dem Wert des Vorjahresquartals zurückgefallen. Der Aufholprozess stockt, und das bereitet mir Sorgen“, so Steinmetz.
Vor diesem Hintergrund ist aus Sicht der IHK entschiedenes politisches Handeln gefragt. Deswegen bewertet der IHK-Hauptgeschäftsführer die 100-Tages-Bilanz der Bundesregierung ambivalent. „Natürlich ist die Verbesserung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit ein Dauerlauf und kein Sprint. Dennoch hätte ich zum Start der neuen Regierung angesichts der Ankündigungen im Wahlkampf eine stärkere Priorität auf wirtschaftspolitische Reformen erwartet“, berichtet Steinmetz.
Positiv sei, dass die Stromsteuer für die Industrie gesenkt wurde – dies müsse nach Ansicht der IHK jedoch auch für andere Branchen gelten. Ebenso begrüßt die IHK den geplanten Wegfall der Gasspeicherumlage. Mit den degressiven Abschreibungen von bis zu 30 Prozent pro Jahr für Ausrüstungsinvestitionen bis Ende 2027 würden Unternehmen, die investieren, steuerlich belohnt. „Das begrüßen wir ausdrücklich“, betont der Hauptgeschäftsführer. „Damit die Maßnahme zu einem nachhaltigen Erfolg wird, muss insbesondere der investitionsstarken Industrie eine langfristige Perspektive am Standort signalisiert werden.“ Dazu brauche es einen klaren Plan der Bundesregierung, wie eine sichere Energieversorgung zu wettbewerbsfähigen Preisen mittel- und langfristig gewährleistet werden soll.
Auch das Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaneutralität bewertet die IHK grundsätzlich positiv. Kritisch sieht Steinmetz allerdings, dass teilweise Mittel aus dem Kernhaushalt in das Sondervermögen überführt werden, um mehr Spielraum für konsumtive Ausgaben zu schaffen. Das betrifft zum Beispiel die Energieversorgungsinfrastruktur. „Das Sondervermögen führt in den kommenden Jahrzehnten zu deutlich höheren Schulden und steigenden Zinslasten. Wir können uns das nur einmalig leisten – diese Chance muss zielgerichtet und wirkungsvoll genutzt werden.“
Beim Bürokratieabbau sieht die IHK ebenfalls Nachholbedarf. Zwar gebe es erste begrüßenswerte Ansätze. Demgegenüber stehen aber neue Gesetzesvorhaben, wie der Entwurf des Bundestariftreuegesetzes, die zusätzliche Bürokratie für Unternehmen bedeuten. „Die ersten 100 Tage zeigen: Es gibt zwar richtige Ansätze – doch für mehr Wettbewerbsfähigkeit braucht es jetzt Tempo, Klarheit und Verlässlichkeit“, bilanziert Steinmetz.
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