IHK rät von Steuererhöhungen in Brüggen ab
Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein spricht sich gegen die von der Brüggener Verwaltung vorgeschlagene Erhöhung der Realsteuerhebesätze aus. Laut Ratsinformationsportal wird im Gemeinderat derzeit über eine Steigerung des Gewerbesteuerhebesatzes um 5 auf 421 Punkte sowie über verschiedene Szenarien zur Anhebung des Grundsteuer-B-Hebesatzes beraten. Aus Sicht der IHK wären solche Schritte – insbesondere in der aktuellen wirtschaftlichen Lage – problematisch. Unternehmensbefragungen der IHK zeigen regelmäßig, dass die Hebesätze für Betriebe zentrale Standortfaktoren darstellen. „Wir raten daher von einer Erhöhung des Gewerbesteuerhebesatzes sowie von einer deutlichen Anhebung des Grundsteuerhebesatzes ab“, betont IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz in einer Stellungnahme an Bürgermeister Marcel Johnen.
Die wirtschaftliche Lage vieler Betriebe im Kreis Viersen ist herausfordernd. Das zeigen der aktuelle IHK-Konjunkturbericht sowie das gemeinsam mit Creditreform veröffentlichte Risikobarometer. Letzteres weist für Brüggen eine gestiegene Ausfallrate der Unternehmen aus – über dem Wert der Vorjahre und über dem bundesweiten Durchschnitt. „Die Betriebe benötigen jetzt Entlastung und keine zusätzlichen Belastungen“, sagt Steinmetz.
Zudem weist die IHK darauf hin, dass der Gewerbesteuerhebesatz Brüggens nach der moderaten geplanten Anhebung weiterhin auf dem vom Land Nordrhein-Westfalen veröffentlichten fiktiven Hebesatzniveau liegt. Bundesweit liegt der durchschnittliche Gewerbesteuerhebesatz in Kommunen mit 10.000 bis 20.000 Einwohnern jedoch bei lediglich 370 Punkten. „Brüggen gehört bereits heute zu den überdurchschnittlich teuren Standorten“, betont Steinmetz.
Besorgt zeigt sich die IHK auch mit Blick auf die vorgeschlagene Erhöhung des Grundsteuerhebesatzes. Die Verwaltung hatte ein Szenario berechnet, das eine Verdopplung des bisherigen Hebesatzes vorsieht. Dies treffe Unternehmen und private Haushalte gleichermaßen – und in vielen Fällen massiv. „Eine derart deutliche Grundsteuererhöhung würde sowohl Betriebe als auch Bürgerinnen und Bürger überfordern“, warnt Steinmetz. Insbesondere der Einzelhandel wäre stark betroffen. Brüggen verfügt über einen funktionierenden Handel und einen attraktiven Ortskern – beides Standortstärken der Gemeinde. Da viele Händlerinnen und Händler ihre Geschäftsräume gemietet haben, werden höhere Grundsteuerbeträge in der Regel über die Miete an sie weitergegeben. „Eine höhere Grundsteuer trifft den Einzelhandel gleich doppelt, denn steigende Mieten erhöhen zusätzlich die gewerbesteuerliche Hinzurechnung“, erklärt Steinmetz.
Wie bereits im Vorjahr bekräftigt die IHK zudem ihre Ablehnung differenzierter Grundsteuerhebesätze für Wohn- und Nichtwohngebäude. Ein aktuelles Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen bestätigt die Rechtsauffassung der IHK, dass dies mit der Steuergerechtigkeit nicht vereinbar sei.
Grundsätzlich spricht sich die IHK dafür aus, eine fiskalische Konsolidierung vorrangig über die Aufwandsseite zu erzielen. Gleichzeitig sieht sie aber auch Potenzial auf der Ertragsseite – insbesondere durch eine vorausschauende Gewerbeflächenpolitik. In diesem Jahr wurde das verbindliche Baurecht für die noch freien Gewerbeflächen im Bereich Holtweg-Süd geschaffen. Damit stehen der Wirtschaft 9 Hektar bebaubare Flächen zur Verfügung. Allerdings unterliegen die Flächen zu einem großen Teil aufgrund der Nähe zur Wohnbebauung immissionsschutzrechtlichen Einschränkungen. „Um auch die Flächennachfrage von emittierenden Unternehmen bedienen zu können, sollten weitere Potenzialflächen aus dem Regionalplan Düsseldorf im Anschluss an das Gewerbegebiet Christenfeld zeitnah in verbindliches Baurecht umgesetzt und Flächen perspektivisch angekauft werden“, rät Steinmetz. Dies sei eine gute Möglichkeit, um ansiedlungswilligen Unternehmen Angebote machen zu können. Steuerstarke Betriebe könnten so langfristig einen positiven Beitrag zum Gemeindehaushalt leisten.
Die schwierige finanzielle Lage der Kommunen ist der IHK bewusst. Steigende Personal-, Sach- und Sozialaufwendungen sowie höhere Zinslasten belasten die Haushalte. Um auf die angespannte Situation aufmerksam zu machen, haben die nordrhein-westfälischen Industrie- und Handelskammern eine gemeinsame Kampagne gestartet. „Finanziell handlungsfähige Kommunen sind für eine starke regionale Wirtschaft unverzichtbar“, betont Steinmetz. „Deswegen setzen wir uns gegenüber Bund und Land für eine zukunftsfähige Kommunalfinanzierung ein.“
Die IHK appelliert daher an die politischen Entscheidungsträgerinnen und -träger in Brüggen, die vorgeschlagenen Steueranpassungen kritisch zu hinterfragen und die wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Unternehmen zu berücksichtigen. „Wir würden uns freuen, wenn unsere Argumente in den Beratungen Berücksichtigung finden“, erklärt Steinmetz.
Ansprechpartner zum Thema
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Bereichsleiter Öffentlichkeitsarbeit
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