Mit der zunehmenden Internationalisierung stehen viele Unternehmen vor der Aufgabe, Mitarbeitende für Projekte, Montagen oder Beratungen ins Ausland zu entsenden. Dabei gelten je nach Zielland unterschiedliche rechtliche Vorgaben – von Meldepflichten über Sozialversicherungsnachweise bis hin zu Visabestimmungen.
Gerade außerhalb der EU ist eine frühzeitige Planung entscheidend, um bürokratische Hürden zu vermeiden. Unternehmen sollten sich daher rechtzeitig mit den Anforderungen der jeweiligen Länder vertraut machen.
Eine Mitarbeiter- bzw. Arbeitnehmerentsendung liegt grundsätzlich dann vor, wenn ein Arbeitnehmer – mit Wohnsitz im Inland – auf Weisung seines inländischen Arbeitgebers (entsendendes Unternehmen) im Ausland eine Beschäftigung für ihn ausübt. Ebenso ist eine Entsendung anzunehmen, wenn der Arbeitnehmer zuvor im Inland für die Ausübung einer Tätigkeit im Ausland eingestellt wird.
Ist der Arbeitnehmer jedoch bereits im Zielland beschäftigt oder hat dort seinen Wohnsitz und übt nunmehr eine Tätigkeit für einen inländischen Arbeitgeber aus, so handelt es sich um eine Ortskraft und eine Entsendung wäre letztendlich zu verneinen.
Eine Entsendung setzt weiterhin voraus, dass die Ausübung der Tätigkeit im Ausland von vornherein zeitlich begrenzt ist. Diese zeitliche Begrenzung kann sich aus der Art der Beschäftigung, aber auch aus einer vertraglichen Vereinbarung ergeben. Dabei ist die Dauer der Entsendung nicht begrenzt, wobei der Zeitraum allerdings „überschaubar“ sein muss.
Bei einer Entsendung sind eine Vielzahl arbeitsrechtlicher Aspekte und insbesondere auch steuer- und sozialversicherungsrechtliche Besonderheiten zu berücksichtigen. Einige ausgesuchte Aspekte schildern wir im Folgenden.
In arbeitsrechtlicher Hinsicht bedarf es häufig einer Anpassung des Arbeitsvertrags des/der zu entsendenden Mitarbeiters/Mitarbeiterin. Außerdem muss er seine Zustimmung zur Entsendung geben. Sofern ein Betriebsrat existiert, muss er über die im Zusammenhang mit der Entsendung stehenden Maßnahmen (z.B. Umgruppierung des/der zu entsendenden Mitarbeiters/Mitarbeiterin) informiert werden. Mit der (vorzeitigen) Beendigung einer Entsendung, z.B. kraft Direktionsrechts oder anlässlich einer Krise im Zielland, sind bestimmte rechtliche und tatsächliche Folgen verknüpft, die es zu regeln gilt. Zu klären ist vorab auch, welches Recht – deutsches Recht oder das Recht des Ziellandes – anzuwenden ist.
Mit Blick auf das Steuerrecht ist zu fragen, ob ein/e Arbeitnehmer/in, der/die für seinen Arbeitgeber im Ausland tätig wird, sein/ihr Einkommen weiterhin im Inland oder aber im jeweiligen Zielland zu versteuern hat. Nach § 1 des Einkommensteuergesetzes sind natürliche Personen in Deutschland unbeschränkt einkommensteuerpflichtig, wenn sie im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. In Deutschland sind sowohl die inländischen als auch ausländischen Einkünfte zu versteuern. Darüber hinaus ist im Fall einer Auslandstätigkeit auch das Zielland einkommensteuerberechtigt. Um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden, hat Deutschland mit einer Vielzahl von Staaten sogenannte Doppelbesteuerungsabkommen geschlossen, welche verschiedene Anrechnungsmöglichkeiten vorsehen. Dabei wird in Bezug auf die Arbeitnehmereinkünfte das Besteuerungsrecht in der Regel dem Staat zugewiesen, in dem der Arbeitnehmer seine Tätigkeit ausübt.
In sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht unterliegt der/die zu entsendende Mitarbeiter/in der Sozialversicherungspflicht in Deutschland, wenn ein Beschäftigungsverhältnis im Inland besteht und die Entsendung zeitlich begrenzt ist. Untersteht der/die Arbeitnehmer/in danach nicht der Sozialversicherungspflicht in Deutschland, bestehen bestimmte Möglichkeiten, den Versicherungsschutz in Deutschland aufrechtzuerhalten (Pflichtversicherung auf Antrag). Darüber hinaus hat Deutschland mit einigen Ländern Sozialversicherungsabkommen geschlossen. Diese Abkommen sehen vor, dass aus Deutschland entsandte Arbeitnehmer/innen nicht der ausländischen, sondern nur der deutschen Sozialversicherung unterliegen. Bei einer Entsendung innerhalb der EU regelt eine EU-Verordnung, dass der/die entsandte Arbeitnehmer/in unter bestimmten Voraussetzungen allen Zweigen der deutschen Sozialversicherung unterliegt.
Keine Dienstreise ohne A1-Bescheinigung
Bisher hat sie kaum jemand ernst genommen, jetzt wird verschärft kontrolliert – vier Fragen und Antworten zur A1-Bescheinigung.
Die A1-Bescheinigung kommt zum Einsatz, wenn ein/e Arbeitnehmer/in von seinem/ihrem Arbeitgeber in ein anderes EU-Land, EWR-Land (Island, Liechtenstein, Norwegen) oder die Schweiz entsendet wird, um dort für ihn eine Arbeit zu erledigen. Sie dient als Nachweis, dass der/die Arbeitnehmer/in weiterhin den Regelungen der Sozialversicherung im Herkunftsland unterliegt. Voraussetzung dafür ist, dass die Entsendung voraussichtlich nicht mehr als 24 Monate dauert und keine andere Person abgelöst wird. Diese Regelung gilt seit 2010.
Ob Angestellter oder Selbstständige – jeder, der aus beruflichen Gründen in ein anderes Land reist, gilt sozialversicherungsrechtlich als entsendet und braucht eine A1-Bescheinigung. Bereits für die Entsendung von nur einem Tag wird eine A1-Bescheinigung benötigt. Maximal kann sie für 24 Monate ausgestellt werden. Auch wer eine Weiterbildung, eine Konferenz oder eine Messe besucht oder als Berufskraftfahrer/in im Ausland unterwegs ist, muss eine A1-Bescheinigung mitführen. Auf der Webseite der Deutschen Verbindungsstelle Krankenversicherung Ausland, kurz DVKA, stehen Leitfäden zu diesem Thema für einzelne Länder zur Verfügung.
Je nach Versicherung des/der Mitarbeiters/Mitarbeiterin müssen die Arbeitgeber die Bescheinigung bei der Krankenkasse oder beim Rentenversicherungsträger beantragen. Die Bescheinigungen können nur elektronisch beantragt werden. Krankenkassen und Rentenversicherungsträger haben drei Arbeitstage Zeit, die Bescheinigungen zu übermitteln. Bei sehr kurzfristigen Dienstreisen wird oftmals auch eine Kopie des Antrags anerkannt.
Vor allem in Österreich und Frankreich wird verstärkt kontrolliert. Dort werden Bußgelder in Höhe von bis zu 10.000 Euro verhängt. Darüber hinaus können die Behörden den Zutritt zu Werks- oder Messegeländen verbieten. Auch in anderen Ländern ist mit verstärkten Kontrollen zu rechnen.
Ausgesuchte Informationsportale rund um das Thema Entsendung
Auf den folgenden Webseiten finden Sie ausführliche Informationen zu den Melde- und Nachweisvorschriften in den EU-Ländern sowie in Norwegen und der Schweiz.
Außenwirtschaftsportal NRW – Dienstleistungen im Ausland Das Portal hält umfangreiche Informationen über die Entsendung von Mitarbeitenden in fast alle EU-Länder sowie die Nicht-EU-Länder Norwegen und Schweiz bereit. Die Informationen sind in die Bereiche „Grundlagen“ und „Länder“ aufgeteilt. Die „Grundlagen“ umfassen allgemeine Themen wie z.B. die Definition einer Auslandsentsendung sowie vertragliche und sozialversicherungsrechtliche Aspekte. Im Bereich „Länder“ werden die jeweiligen nationalen Entsendevorschriften ausführlich beleuchtet. Dazu gehören die Rechtsgrundlagen, Meldepflichten, Besonderheiten für Bau/Montage, Arbeitsrecht und –sicherheit sowie die vor Ort benötigten Unterlagen.
Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz der Republik Österreich – Entsendeplattform Auf dieser offiziellen österreichischen Webseite sind alle Informationen und Rechtsgrundlagen zum Thema Mitarbeiterentsendung nach Österreich zu finden. Neben Hinweisen zu den Formalitäten der Meldepflichten gibt es Informationen zu den Themen Arbeitsrecht, Mindestlohn, Kollektivverträge und Besonderheiten im Baubereich. Zusätzlich wird bei wichtigen Themen auf weiterführende Webseiten und auf Ansprechpartner verwiesen.
Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO), Schweiz – Informationsplattform entsendung.admin.ch Die Schweizer Behörden haben auf dieser Seite alle wichtigen Informationen für eine Entsendung in die Schweiz ausführlich zusammengefasst. Dazu gehört eine Beschreibung der Abläufe, Regelungen und Begriffe, die sich teilweise von den europäischen Vorgehensweisen unterscheiden. Die Webseite informiert über die Pflichten gegenüber Arbeitnehmerinnen und Arbeiternehmern, den Schweizer Behörden und weist auf die Regelungen für Selbstständige hin.
IHK Südlicher Oberrhein – Das Wichtigste zu Schweiz & Frankreich Die IHK Südlicher Oberrhein mit Sitz in Freiburg ist aufgrund ihrer geografischen Lage Anlaufstelle für viele Unternehmen, die in der Schweiz und Frankreich Geschäfte machen und Dienstleistungen erbringen wollen. Auf der Webseite finden sich umfangreiche Informationen über die Mitarbeiterentsendung in diese beiden Länder. Für Frankreich finden sich noch zusätzlich Informationen zur Entsendung im Gütertransport und bei Personenbeförderung sowie zur Carte BTP für den Baubereich.
Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung – Ausland (dvka): Merkblätter „Arbeiten in…“ zum Thema Sozialversicherung Auf dieser Webseite werden die Besonderheiten bei einer Entsendung von Mitarbeitenden ins Ausland aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht beleuchtet. In den Merkblättern „Arbeiten in...“ werden die Besonderheiten der Sozialversicherung bei der Entsendung in einzelne Länder der EU, der EWR-Staaten, der Schweiz, in Drittstaaten mit Sozialversicherungsabkommen und in vertragslose Staaten dargestellt. Zusätzlich enthält die Webseite noch ergänzende Informationen.
Bundesministerium der Finanzen – Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) Bei einer Entsendung sind auch die steuerlichen Besonderheiten zu beachten. Mit vielen Länder weltweit hat die Bundesrepublik Deutschland Doppelbesteuerungsabkommen getroffen, um eine doppelte Besteuerung möglichst zu vermeiden. Dabei hat die Besteuerung von Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit eine besondere Bedeutung. Die jeweiligen Regelungen finden sich in den Abkommen.