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Pauschalreiserichtlinie – Für Gastgeber

Das „neue“ Reiserecht ist seit dem 1. Juli 2018 in Deutschland anzuwenden. Die Vorschriften zum Pauschalreiserecht sind in den §§ 651 a-y BGB und Art. 250 ff. EGBGB geregelt. Hier werden die Rechte und Pflichten der Vertragspartner, angefangen von dem Vertragsschluss über Haftung und Gewährleistung, Leistungs- und Preisänderungen, Insolvenzschutz und Informationspflichten geregelt. Das Reiserecht soll insgesamt, z.B. durch erweiterte Informationspflichten, den Verbraucherschutz stärken und dient der „Vollharmonisierung“. Es sorgt also für einheitliche Regelungen in den EU-Mitgliedstaaten. 

Wer ist betroffen?

Die Regelungen des Reiserechts betreffen die Anbieter von Pauschalreisen, Reisevermittler sowie Vermittler von touristischen Einzelbausteinen als verbundene Reiseleistung (z.B. Flug, Hotel etc.). Beherbergungsbetriebe können zum Reiseveranstalter werden, wenn sie mehrere Leistungsbestandteile kombinieren und als „Paket“ anbieten, sie können aber auch Vermittler verbundener Reiseleistungen sein, wenn sie neben der Übernachtung zugleich Reiseleistungen anderer Anbieter vermitteln (z.B. Stadtführungen, Eintrittskarten etc.). Die gewerbliche Vermarktung von Ferienwohnungen oder Ferienhäusern als Einzelleistung unterliegt nicht mehr dem Pauschalreiserecht.

Grundbegriffe: Pauschalreise, Reiseleitung, Reisender

Die Vorschriften des Pauschalreiserechts finden Anwendung, wenn mindestens zwei verschiedenen Arten von Reiseleistungen für den Zweck derselben Reise gebündelt werden. Gemäß § 651 a III 1 BGB gibt es folgende Reiseleistungen: 

  1. Beförderung von Personen (Flug, Schiff, Bus, Bahn) – Ausnahme: Durch den Unternehmer angebotene kürzere Transfers im Rahmen einer Hotelübernachtung fallen nicht darunter, da es sich hierbei um eine unbedeutende Nebenleistung handelt.
  2. Beherbergung unabhängig von der Unterkunftsart (Hotel, Pension, Ferienwohnung, Hostel, Campingplatz etc.)
  3. Vermietung von bestimmten Kraftfahrzeugen und Krafträdern
  4. Jede sonstige touristische Leistung, die nicht unter 1. bis 3. erfasst ist und die kein Bestandteil einer anderen Reiseleistung ist. Dazu gehören z.B. Stadtführungen, Skipässe, Eintrittskarten in Theater oder Wellnessbehandlungen.

Ausnahmeregelung: Es handelt sich nicht um eine Pauschalreise, wenn nur eine der Reiseleistungen der Nummern 1 bis 3 (also Personenbeförderung, Beherbergung, Vermietung von Kraftfahrzeugen bzw. Krafträdern) mit einer oder mehreren touristischen Leistungen unter 4. zusammengestellt wird und die touristischen Leistungen keinen erheblichen Anteil am Gesamtwert der Zusammenstellung (weniger als 25 Prozent) ausmachen und auch kein wesentliches Merkmal der Zusammenstellung darstellen oder als solches beworben werden. Werden Begriffe wie z.B. „Musicalreise“ oder Wellnessarrangement“ in der werblichen Kommunikation mit dem Kunden verwendet, wird das Angebot automatisch zur Pauschalreise und auch so behandelt, da die touristische Leistung als wesentliches Merkmal beworben wurde.

Bucht der Gast die touristische Leistung erst nachdem die Reiseleistung erbracht wird (z.B. Buchung einer Wellnessbehandlung nach Ankunft im Hotel) führt dies nicht zur Anwendung des Reiserechts (§ 651 a IV 1 Nr. 2 BGB).

Der Reisende ist der Vertragspartner des Reiseveranstalters. Er kann die Reiseleistungen selbst in Anspruch nehmen, er kann den Vertrag aber auch für andere Teilnehmer abschließen. Der Reisende muss keine Privatperson sein, vielmehr ist nach den neuen Regelungen auch der Unternehmer im Sinne des § 14 BGB vom Anwendungsbereich des Reiserechts erfasst (Geschäftsreisen), sofern er nicht über einen Rahmenvertrag bucht.

Vom Reisevertragsrecht nicht erfasst sind Verträge, die der Gastgeber mit einem anderen Reiseunternehmen zum Zwecke des Weiterverkaufs abschließt. Wenn zum Beispiel ein Hotel ein Reisepaket an einen Busreiseveranstalter verkauft und der wiederum die Pauschalreise an seine Endkunden verkauft,  ist allein der Busreiseveranstalter im Verhältnis zu seinen Kunden als Reiseveranstalter zu betrachten.

§ 651 w I BGB stellt klar, wann ein Unternehmer zum Vermittler verbundener Reiseleistungen wird. Entscheidend ist, dass der Kunde mindestens zwei verschiedene Arten von Reiseleistungen für den Zweck derselben Reise bucht.

Beispiel: Ein Hotel wird zum Vermittler verbundener Reiseleistungen, wenn es gezielt im Zusammenhang mit der Zimmerbuchung (Eigenleistung) zusätzlich Eintrittskarten für ein Konzert oder einen Mietwagen vermittelt und dieser weitere Vertrag spätestens 24 Stunden später nach Bestätigung der Buchung über die Hotelleistung zustande kommt. Es handelt sich zwar dann nicht um eine Pauschalreise, dennoch hat der Vermittler verbundener Reiseleistungen neue Pflichten zu erfüllen.

Wenn der Gastgeber die Zusatzleistung, wie etwa die Konzertkarten nach der Ankunft vermittelt, so führt dies nicht zur Pauschalreise und ist auch keine verbundene Reiseleistung.

Beispiele: Was ist eine Pauschalreise und was nicht?

Der Beherbergungsbetrieb wird zum Reiseveranstalter, wenn er die Übernachtung mit einem weiteren eigenständigen Leistungsbestandteil kombiniert und als Paket anbietet und auch so nennt. Folgendes Angebot wäre also als Pauschalreise zu definieren: „Wellnessarrangement: 2 Übernachtungen mit Frühstück, 1 Tagesaufenthalt in der Therme, 1 mal 60 min. Wellness, z.B. Massage zum Preis von xx Euro pro Person im Doppelzimmer.“

Keine eigenständigen touristischen Leistungen sind: Mahlzeiten und Getränke, die Reinigung des Hotelzimmers oder ein inbegriffener Zugang zu hoteleigenen Einrichtungen wie Schwimmbad, Sauna, Wellnessbereich oder Fitnessraum. Folgendes Angebot wäre keine Pauschalreise: „Übernachtung im Einzel- oder Doppelzimmer pro Person: xx Euro, in dem Preis enthalten ist unser abwechslungsreiches Frühstücksbüffet sowie die Nutzung unseres hoteleigenen Schwimmbades."

Konsequenzen: Was bedeutet es in der Praxis für Gastgeber, wenn er zum Reiseveranstalter wird?

  • Der Veranstalter von Pauschalreisen ist verpflichtet, einen Versicherungsvertrag mit einer Versicherung oder einem Kreditinstitut abzuschließen, wenn er Zahlungen des Gastes auf den Reisepreis vor Beendigung der Pauschalreise annimmt. In diesem Fall muss er dem Reisenden auch den sog. „Sicherungsschein“ übergeben. Andernfalls darf er Zahlungen erst bei Abreise des Gastes fordern und annehmen.
  • Als Reiseveranstalter haftet man dem Reisenden gegenüber auch für das Verschulden der externen Leistungsträger. Dazu zählen alle Beteiligten, die bei Erbringung der Reiseleistung mitwirken, angefangen vom Beförderer bis hin zum Thermalbad, wenn die entsprechenden Leistungen als Paket verkauft wurden. Denn diese sind die Erfüllungsgehilfen des Reiseveranstalters (§ 278 BGB). Das Risiko sollte jedem Anbieter von Pauschalreisen bewusst und versicherungsrechtlich abgesichert sein.
  • Die Informationspflichten für Reiseveranstalter ergeben sich aus § 651 d I 1 BGB i.V.m. Art. 250 §§ 1 ff. EGBGB. Sie haben eine hohe Warnfunktion, der Reisende soll wissen, worauf er sich einlässt. So muss z.B. über die Sprache, in der die Leistungen erbracht werden, informiert werden, sofern deren Nutzung durch den Reisenden von einer wirksamen mündlichen Kommunikation abhängt. Die Angabe, ob eine Pauschalreise im Allgemeinen für Personen mit eingeschränkter Mobilität geeignet ist, darf nicht fehlen.
  • Außerdem muss dem Reisenden – bevor dieser seine Vertragserklärung abgibt – ein Musterformblatt (Art. 250 § 2 I EGBG, Anlage 11) übergeben werden, das ihn über seine Rechte als Pauschalreisender informiert.

In der Praxis: Schritte zur Umsetzung im Gastgewerbe

  1. Sind Sie mit Ihren Angeboten oder Teilen Ihrer Angebote als Pauschalreiseveranstalter oder Vermittler verbundener Reiseleistungen einzustufen?
  2. Wenn ja: Wird die Beschreibung der betroffenen Angebote den erweiterten Informationspflichten nach Art. 250 EGBGB gerecht?
  3. Wenn nötig: Überarbeiten Sie Ihre Angebotsbeschreibung in sämtlichen Medien (Printmedien und Homepage). 
  4. Bei der Vermittlung verbundener Reiseleistungen sind die Informationspflichten nach § 651w Absatz 2 BGB, Artikel 251 EGBGB zu berücksichtigen.
  5. Informieren Sie sich, welche Formblätter Sie bei der Buchung eines Pauschalpaketes bzw. der Vermittlung von verbundenen Reiseleistungen dem Vertragsschluss zu Grunde legen müssen.
  6. Sind Ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausreichend und entsprechen dem aktuellen Recht? Das Gleiche gilt für den Inhalt Ihrer Buchungsbestätigung. Sollten Sie z. B. mit Allgemeinen Beherbergungs- oder Gastaufnahmebedingungen arbeiten, sind diese nicht auf Reisepakete übertragbar.
  7. Überprüfen Sie den Buchungsprozess an der Rezeption, am Telefon, auf Ihrer Homepage, also überall dort, wo Verträge abgeschlossen werden.
  8. Bei der Vermittlung verbundener Reiseleistungen: Trennen Sie die Buchungsschritte so, dass dem Gast unmissverständlich klar ist, dass er mehrere Verträge mit verschiedenen Leistungsträgern abschließt oder vermitteln Sie die Reiseleistungen erst nach der Anreise.
  9. Dokumentieren Sie die Buchungsverläufe. Sie haben später die Nachweispflicht, dass Sie dem Vertragsschluss sowohl Ihre AGB als auch die entsprechenden Formblätter wirksam zu Grunde gelegt haben.
  10. Prüfen Sie, ob Ihre Versicherungen Ihre Angebote ausreichend absichern, vor allem, ob Ihre Haftpflichtversicherung auch für Reisearrangements (Ausfall von Leistungen Dritter) gilt.
  11. Schließen Sie eine Insolvenzversicherung ab, falls Sie Pauschalreisen verkaufen und vor der Beendigung der Reise Zahlungen vom Gast fordern oder entgegennehmen. Eine Insolvenzversicherung ist auch notwendig, wenn Sie Vermittler verbundener Reiseleistungen sind und Zahlungen für die vermittelten Leistungsträger entgegennehmen.

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