Ernüchternde Bilanz des Jahres 2025
Die Hoffnungen auf eine wirtschaftliche Trendwende am Mittleren Niederrhein haben sich im Verlauf des Jahres 2025 zerschlagen. Statt einer Erholung manifestiert sich eine tiefgreifende Strukturkrise, die die Unternehmen in der Region spürbar belastet. „Dauerkrise statt Trendwende“ – unter dem Titel des vergangenen IHK-Konjunkturberichts lässt sich die wirtschaftliche Entwicklung des Jahres 2025 zusammenfassen. „Wir sehen kein kurzfristiges Konjunkturproblem mehr, sondern haben es mit großen Problemen zu tun, die die Wettbewerbsfähigkeit unseres Standorts gefährden“, analysiert Jürgen Steinmetz, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein, das Wirtschaftsjahr 2025.
Die Zahlen der IHK-Konjunkturumfrage vom Herbst untermauern diese Einschätzung. Der Geschäftslageindikator, das zentrale Stimmungsbarometer der regionalen Wirtschaft, ist auf ein Fünf-Jahres-Tief von minus 12 Punkten gesunken. Auch in Krefeld war die Geschäftslage im Herbst negativ. Nur 16 Prozent der Unternehmen bewerteten die Lage gut, knapp 23 Prozent bewerteten sie schlecht. Die Unternehmerinnen und Unternehmer in der Region blicken auch zunehmend pessimistisch in die Zukunft: Die Geschäftserwartungen für die kommenden zwölf Monate haben sich weiter eingetrübt und liegen nun bei minus 8,3 Punkten, nach bereits negativen minus 2,7 Punkten vor einem Jahr. „Was uns besonders sorgt, ist die Verfestigung dieser negativen Stimmung“, so Steinmetz. „Die enttäuschten Erwartungen vom Jahresbeginn sind zu einer Art Dauerkrisenstimmung geworden. Viele Unternehmerinnen und Unternehmer haben die Hoffnung auf eine baldige Besserung aufgegeben und schalten in einen Krisenmodus.“
Diese negative Grundstimmung wird von konkreten Geschäftsrisiken genährt. Als größte Bedrohung für die eigene Entwicklung identifizieren die Unternehmen mit 57,6 Prozent die schwache Inlandsnachfrage, was sich in der ausgeprägten Kauf- und Investitionszurückhaltung in Deutschland zeigt. Es folgen die hohen Arbeitskosten (49,5 Prozent) und die weiterhin als hoch empfundenen Energiepreise (42,6 Prozent). „Diese Kombination aus schwacher Nachfrage, Kostendruck und teurer Energie erstickt Wachstumsimpulse“, erläutert Steinmetz. „Hinzu kommt, dass uns viele Unternehmen immer wieder Rückmeldung über die hohe Bürokratiebelastung geben.“
Die Folgen dieser Mischung zeigen sich immer deutlicher auch in der zunehmend mangelnden Stabilität der Unternehmen. Das aktuelle IHK-Risikobarometer, das gemeinsam mit der Creditreform erstellt wird, weist für die Region Mitte 2025 eine durchschnittliche Zahlungsausfallrate von 2,18 Prozent aus – ein Wert, der spürbar über dem Bundesdurchschnitt von 1,84 Prozent liegt. Alarmierend ist auch die branchenspezifische Entwicklung: Erstmals führt das Gastgewerbe mit einer Ausfallquote von 4,61 Prozent die Negativstatistik an – eine direkte Folge der Corona-Jahre in Kombination mit explodierenden Lebensmittel- und Energiekosten. „Aber auch der deutliche Anstieg der Ausfallrate in der Industrie von 1,53 auf 2,1 Prozent ist ein Warnsignal“, betont Steinmetz. „Besonders in Krefeld, wo die Dichte an energieintensiven Betrieben sehr hoch ist, liegt die Ausfallrate deutlich über dem regionalen Durchschnitt. Hier wird das strukturelle Problem besonders sichtbar und die Notwendigkeit eines wettbewerbsfähigen Industriestrompreises überdeutlich.“ Auch an den Industrieumsätzen zeigt sich die schwierige Situation: So sind die Umsätze in Krefeld im dritten Quartal um 5,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gesunken. In den ersten beiden Quartalen waren die Zahlen noch leicht im positiven Bereich. In der Summe bleibt im Zeitraum von Januar bis Oktober ein nominales Umsatzminus von 1,9 Prozent.
Die anhaltende Schwächephase schlägt inzwischen auch auf den lange Zeit noch robusten Arbeitsmarkt durch. Die Beschäftigungserwartungen der Unternehmen waren in der vergangenen Konjunkturumfrage deutlich im negativen Bereich, und die Stagnation auf hohem Niveau bei der Arbeitslosigkeit gibt Anlass zur Sorge. In Krefeld etwa verharrt die Quote im November bei 10,8 Prozent und damit nur marginal unter dem Vorjahreswert (10,9 Prozent). Parallel dazu ist die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Krefeld zuletzt gesunken. „Von Mai 2024 bis Mai 2025 sind knapp 200 Beschäftigungsverhältnisse in Krefeld verloren gegangen. Der Puffer, der unsere Region lange stabilisiert hat, schrumpft“, warnt Steinmetz. Hinzu kommt der Fachkräftemangel, der für 44 Prozent der Betriebe trotz der schwierigen Geschäftslage ein zentrales Geschäftsrisiko ist und die Wachstumsmöglichkeiten zusätzlich begrenzt.
Trotz der vergleichsweise düsteren Bilanz des Jahres 2025, gelte es, den Blick nach vorne zu richten. „Hoffnung für 2026 kann aus unserer Sicht nur durch mutige politische Entscheidungen entstehen“, sagt Steinmetz. Das Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaneutralität könne im Jahr 2026 zwar ein Impulsgeber sein, jedoch nur unter bestimmten Bedingungen. „Das Geld muss schnell und unbürokratisch in zusätzliche Vorhaben investiert werden. Dann wird es auch wieder private Folgeinvestitionen anreizen“, so Steinmetz. Das gelte auch für die Mittel, die den Kommunen zur Verfügung gestellt werden. Zudem hofft Steinmetz, dass im Jahr 2026 der versprochene entschlossene Bürokratierückbau erfolgt. „Unsere hiesigen Bundestagsabgeordneten gehen davon aus, dass die entsprechenden Gesetze im zweiten Quartal 2026 verabschiedet werden können. Daran werden wir sie messen“, sagt der IHK-Hauptgeschäftsführer. Bürokratische Entlastungen in Milliardenhöhe könnten aus Sicht der IHK für eine Belebung in der zweiten Jahreshälfte sorgen.
Als Herausforderung für das kommende Jahr bewertet er die kritische Finanzlage in vielen Kommunen, so auch in Krefeld. Angesichts einer Reihe von Diskussionen um Steuererhöhungen in der Region warnt Steinmetz eindringlich davor, zur Lösung der Finanzprobleme zuerst zum Instrument Steuererhöhungen zu greifen: „Die ohnehin stark belasteten Unternehmen über steigende Gewerbesteuer-Hebesätze weiter unter Druck zu setzen, wäre ein fatales Signal und würde die Nachteile des Wirtschaftsstandorts Deutschlands regional weiter verschärfen. Hier stehen auch das Land und der Bund in der Verantwortung, für eine auskömmliche Finanzierung ihrer Kommunen zu sorgen und diesen Teufelskreis zu durchbrechen“, so Steinmetz. Angesichts dieser Gemengelage bewertet die IHK die Absichtserklärung von CDU und SPD in Krefeld, den Gewerbesteuerhebesatz nicht zu erhöhen, positiv.
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